USA

Experten wollen Fentanyl in Todesspritzen verhindern

Berlin - 16.01.2018, 10:30 Uhr

In den USA wehren sich Mediziner und Juristen gegen die Verwendung von Fentanyl bei der Todesstrafe. (Foto: Picture Alliance)

In den USA wehren sich Mediziner und Juristen gegen die Verwendung von Fentanyl bei der Todesstrafe. (Foto: Picture Alliance)


Fentanyl einfach im Großhandel bestellt

In Nebraska und Nevada will man deshalb künftig auf Fentanyl setzen. Das als starkes Schmerz- und Narkosemittel verbreitete synthetische Opioid wirkt 120 mal so stark wie Morphium – und ist in großen Mengen tödlich. Fentanyl ist im Übermaß vorhanden. „Wir haben es einfach über unseren Pharma-Großhandel bestellt, wie jedes andere Medikament, das wir brauchen, und es wurde geliefert“, schrieb eine Sprecherin der Justizvollzugsbehörde Nevadas der „Washington Post“ in einer Email.

Doch Kritiker werfen ein, dass auch eine solche Hinrichtung mit Qualen verbunden sein könnte. Der 47-jährige Scott Dozier, der schon im November als erster mit dieser Methode hingerichtet werden sollte, sollte zunächst Valium (Diazepam), dann Fentanyl und schließlich ein Muskel-lähmendes Medikament erhalten. Doch ein Gericht stoppte seine Hinrichtung. „Wenn die ersten beiden Mittel nicht wirken wie geplant, oder wenn sie falsch gespritzt werden, was schon in so vielen Fällen passiert ist, dann ist man wach und bei Bewusstsein, versucht verzweifelt zu atmen, ist aber vollkommen unfähig, sich zu bewegen“, sagt Mark Heath, Anästhesist der Columbia University. Beobachter würden von diesem Todeskampf noch nicht einmal etwas mitbekommen.

Keine wissenschaftliche Basis

Ähnliche Befürchtungen gibt es für die geplante und ebenfalls verschobene Hinrichtung von Jose Sandoval in Nebraska. Hier dreht sich die Diskussion allerdings um die Verwendung von Kaliumchlorid. „Es gibt hier keinerlei medizinische oder wissenschaftliche Basis. Es ist nur eine Serie von Versuchen: Besorg Medikamente, teste sie an Gefangenen und schau, ob und wie sie sterben“, kritisiert der Anästhesist Joel Zivot (Emory University).

Wegen derartiger Komplikationen schaffen einige US-Bundesstaaten bereits wieder rechtliche Grundlagen für andere Methoden der Hinrichtung, etwa den Einsatz von Stickstoff als tödlichem Gas. Oder Erschießungen. Auch die Juristin Deborah Denno (Fordham University), die sich seit mehr als zwei Jahrzehnten mit der Todesstrafe befasst, hält das Erschießen letztlich für die Methode, bei der es die wenigsten grausamen Zwischenfälle gibt. Der Grund, warum dennoch nach chemischen Alternativen Ausschau gehalten werde, sei, dass es nicht wirklich um den Gefangenen gehe, sagt Denno. „Es geht ihnen um die Leute, die dabei zuschauen. Wir wollen nicht, dass Exekutionen aussehen wie das, was sie tatsächlich sind: Jemand anderen zu töten.“



bro / dpa
brohrer@daz.online


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