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Tropfen richtig tropfen

Schladming - 18.01.2018, 14:40 Uhr

Wie tropfen Patienten ihre Arzneitropfen richtig? Ob senkrecht oder schräg, hängt vom Tropfsystem ab. (Foto: womue / stock.adobe.com)

Wie tropfen Patienten ihre Arzneitropfen richtig? Ob senkrecht oder schräg, hängt vom Tropfsystem ab. (Foto: womue / stock.adobe.com)


Tropfer falsch gehalten – Dosierung weicht um 25 Prozent ab

Ist das überhaupt therapierelevant, wie Patienten ihre Flasche beim Tropfen halten? Hat das tatsächlich Auswirkungen auf die Dosierung? In der Tat, denn durch eine falsche Schrägstellung eines eigentlichen Zentraltropfers beim Abtropfen verringert sich die Tropfenmasse. In der Konsequenz bedeutet das: Der Patient unterdosiert sein Arzneimittel.

Aber wie relevant ist diese „Feldosierung“, in welchem Bereich der Unterdosierung bewegt man sich? Die Höhe der Abweichungen mögen so manchen Apotheker initial stutzen lassen: „Man kann sich als grobe Regel merken: Eine Neigung von 45 Grad verringert die Masse des abfallenden Tropfens um 20 bis 25 Prozent“, erklärt Kircher. Das sei zwar bei einigen Arzneimitteln mit einer großen therapeutischen Toleranz – beispielhaft nennt der Apotheker Baldriantropfen – weniger relevant oder klinisch bemerkbar. Bei neuropsychiatrischen Patienten, die vielleicht mit dem Wirkstoff Haloperidol behandelt werden, wertet Kircher derartige Fehldosierungen jedoch durchaus als „therapieentscheidend“.

Warum verringert eine Schrägstellung die Tropfenmasse?

Halten Patienten die Flasche nicht ordnungsgemäß senkrecht, sondern schräg, verringert sich die Masse der abfallenden Tropfen. Warum ist das so? Die physikalisch Erklärung liefert die Formel nach Tate – sie verknüpft die Tropfenmasse mit der projizierten Abtropffläche, also derjenigen, die man bei Betrachtung von unten auf den fallenden Tropfen sieht. Bei einer Schrägstellung verringert sich diese Fläche vom Kreis zur Ellipse, und in der Folge verringert sich die Tropfenmasse.

Die bevorzugte Flaschenstellung der Patienten beim Dosieren ihrer Arzneitropfen ist offenbar die schräge. Auch dafür muss es wohl einen Grund geben. „Warum halten so viele Patienten das 'Flascherl' schräg?“, fragt der oberbayerische Apotheker. Laut Kircher dosieren 9 von 10 Patienten ihre Tropfen aus einer schrägen Position. Physikalische Überlegungen dürften die wenigsten Patienten anstellen, schätzt Kircher. Eher sei es die pure Erfahrung. Denn: „Die Schrägstellung der Tropfflasche verringert nicht nur die Dosierung, sie reduziert auch die Tropfgeschwindigkeit".

Patienten können beim schrägen Tropfen besser zählen

„Die Patienten merken ganz einfach, wenn sie das 'Flascherl' schräg halten, dann tropft es langsamer“, schildert Kircher seine Praxiserfahrung mit diesen Patienten aus der Apotheke. Und manche Arzneimittel tropfen mit rasanter Geschwindigkeit aus der Flasche – drei bis vier Tropfen pro Sekunde. Zu schnell für manche Patienten. Gerade Senioren, geriatrische Patienten oder Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson können mit diesem flotten Tempo beim Zählen nicht Schritt halten. Sie helfen sich dann auf ihre Art: Die Flasche wird schräg gehalten, es tropft langsamer, sie können besser zählen – und dosieren das Arzneimittel falsch.

Warum sich die Tropfgeschwindigkeit durch die Flaschenposition ändert, auch hierfür liefert Kircher die Erklärung: So ist ein Parameter, der die Tropfgeschwindigkeit wesentlich beeinflusst, der hydrostatische Druck, sprich die Höhe der Flüssigkeitssäule, die auf der Tropfermontur lastet. Halten Patienten die Flasche schräg, verringert sich die Höhe der Flüssigkeitssäule und der Druck wird geringer, und die Arzneimittel tropfen langsamer ab.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Tropfen richtig tropfen

von Gregor Huesmann am 19.01.2018 um 9:49 Uhr

"Kräftig in die Tropfermontur blasen“: Das ist ja wohl ein Witz. Unhygienischer geht es ja wohl nicht. Absichtliche Kontamination!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Tropfen richtig tropfen

von Dr. Wolfgang Kircher am 23.01.2018 um 8:20 Uhr

Sehr geehrter Herr Huesmann,
natürlich verstößt ein Pusten des Patienten (keinesfalls der Pflegeperson) in den Tropfer grundsätzlich gegen hygienische Grundregeln der Arzneimittelanwendung. Andererseits kennen Sie sicher auch die Fälle, in denen es dem betroffenen Patienten in einer vertretbaren Zeit nicht möglich ist, den Tropfer durch korrektes, sehr vorsichtiges Klopfen auf den Fläschchenboden zum "Laufen zu bringen". Aus den dann häufig praktizierten Vorgehensweisen, wie etwa heftiges, stoßartiges Schlagen oder Schleudern des Fläschchens, können therapierelevante Fehldosierungen resultieren.

Hier ist die problemlösende Apotheke aufgefordert, aus verschiedenen (im Seminar aufgezeigten) Vorgehensweisen die jeweils passendste auszuwählen. In bestimmten Fällen erscheint mir das kurze und kräftige Blasen in die Tropfermontur als (suboptimale) Problemlösung durchaus vertretbar.
Freundliche Grüße
Wolfgang Kircher

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