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Pharmacon Schladming
Cannabis – ein weiteres Arzneimittel mit Suchpotenzial?
4 bis 5 Prozent aller in Deutschland verordneten Arzneimittel haben ein Suchtpotenzial. Benzodiazepine, Opioide und Pregabalin gehören beispielsweise dazu. Noch ist es zu früh, zu sagen, ob die Möglichkeit der Verschreibung von Medizinalcannabis zusätzliche Medikamentenabhängige generieren wird, meint Professor Anil Batra aus Tübingen. Aber die Möglichkeit einer iatrogen verursachten Sucht ist seiner Meinung nach im Auge zu behalten.
Eines wird relativ schnell klar – Suchtmediziner Professor Anil Batra hat einiges daran auszusetzen, dass Cannabis für medizinische Zwecke seit März 2017 auf Rezept verordnet werden kann. Das machte er beim Pharmacon in Schladming mehr als deutlich. Seine Kritikpunkte sind zunächst die fehlenden Indikationsfelder, so sei Cannabis für jede Indikation zugelassen, die „Schwerkranken“ müssten nicht zwingend austherapiert sein. Weiter bemängelt er, dass es keinerlei Zulassungsstudien gibt. Für viele Indikationen vermisst er Evidenz für die Wirksamkeit und dass jeder Arzt, „der einen BtM-Block besitzt“, ohne Nachweis einer besonderen Qualifikation Medizinalcannabis verschreiben kann, heißt er auch nicht gut. Er sieht nämlich in den Medizinal-Cannbinoiden ein neues potenzielles Feld für iatrogen verursachte Suchterkrankungen, also Suchterkrankungen die durch ärztliche verordnete Arzneimittel entstehen. Als potenzielle Verursacher gelten zum Beispiel Benzodiazepine und Opioide.
Beobachtungen aus anderen Ländern, insbesondere den USA, hätten gezeigt, dass die Möglichkeit Cannabis als Arzneimittel zu verschreiben, Einfluss auf die Prävalenz und Abhängigkeitsentwicklung in der Bevölkerung habe, so Batra. Dass Cannabis grundsätzlich psychische Abhängigkeit erzeugen könne, sehe er auf seiner Station. Daher sei auf eine mögliche, iatrogen verursachte Sucht zu achten.
Abstinenz oder Reduktion?
Was aber tut man, wenn man den Verdacht hat, jemand sei tatsächlich medikamentenabhängig, weil etwa regelmäßig Verordnungen über Benzodiazepine in der Apotheke eingelöst werden? „Der Beginn ist immer ein motivierendes Gespräch“, sagt Batra. Man müsse Ziele definieren, zum Beispiel Verbesserung der psychomotorischen oder kognitiven Leistungsfähigkeit. Ein abruptes Absetzen empfiehlt sich laut dem Suchtmediziner beispielweise bei Benzodiazepinen nur im stationären Umfeld, um Komplikationen vorzubeugen.
Bei Benzodiazepinen treten nämlich Entzugssymptome ähnlich denen eines Alkoholentzugs auf. Zudem gelänge eine schrittweise Reduktion in der Regel leichter und sei im ambulanten Umfeld besser zu bewerkstelligen, so Batra. Eine Behandlung dauere dabei mindestens drei Monate. Ein weit größeres Problem als die körperliche Gewöhnung, die es bei manchen Suchtstoffen gar nicht gibt, stelle die psychische Abhängigkeit da. Das erfordere eine erfolgreiche Behandlung einen parallele psychotherapeutische orientierte Unterstützung. Man müsse sich aber auch bewusst machen, dass eine absolute Abstinenz in manchen Fällen nicht machbar sei. Vor allem bei Älteren sei dann eine Reduktion der Dosis auf ein vertretbares Minimum ein geeignetes Ziel.
Arbeit an S3-Leitline beginnt
Batra kündigte zudem an, dass ab Januar 2018 verschiedenen Fachgesellschaften an einer S3-Leitlinie „Medikamentenabhängigkeit“ arbeiteten. Ein Punkt darin soll die Prophylaxe einer iatrogen begünstigten Abhängigkeit sein. Zudem gelte es zu prüfen ,welche Daten bezüglich eines schädlichen Konsums oder einer Abhängigkeit von Medizinalcannabis in Blütenform sowie den schon länger verfügbaren Cannabinoid-haltigen Arzneimitteln vorliegen.
2 Kommentare
Unqualifiziert bis zum geht nicht mehr
von Sachkritiker am 26.01.2018 um 7:58 Uhr
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Sucht? Lächerlich!
von Nachdenker am 20.01.2018 um 10:28 Uhr
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