Prozess gegen Peter S.

Wie steht es um das Vermögen des Zyto-Apothekers?

Essen - 15.02.2018, 09:00 Uhr

Udo Lindenberg-Bilder, eine überdimensionale Modelleisenbahn und eine Pool-Rutsche aus dem Badezimmer heraus - vor dem Landgericht Essen ging es am gestrigen Mittwoch um die Vermögenswerte vom beschuldigten Zyto-Apotheker Peter S. (Foto: hfd)

Udo Lindenberg-Bilder, eine überdimensionale Modelleisenbahn und eine Pool-Rutsche aus dem Badezimmer heraus - vor dem Landgericht Essen ging es am gestrigen Mittwoch um die Vermögenswerte vom beschuldigten Zyto-Apotheker Peter S. (Foto: hfd)


Immobilien, Barvermögen, Gemälde und Modelleisenbahn: Vor dem Landgericht Essen ging es am gestrigen Mittwoch um die Eigentumswerte von Peter S. Die Anklage steht in der Kritik, da sie zunächst nur 2,6 Millionen Euro sichern lies, später wurde ein Schaden von mindestens 56 Millionen Euro geschätzt. Die Verteidiger gaben bekannt, den früheren Leiter des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker als Sachverständigen laden zu wollen. Weiterhin sieht das Gericht keine Anhaltspunkte für Morddelikte, was Patienten und Angehörige auf ihrer monatlichen Demonstration kritisierten.

Im Prozess gegen den Bottroper Zyto-Apotheker Peter S. hatte das Landgericht Essen am gestrigen Mittwoch den Polizeibeamten Olaf J. geladen, der die Finanzermittlungen geleitet hatte. In diesem Fall sei die Arbeit „nicht ganz so einfach“ gewesen, erklärte er. Sein Hauptauftrag sei gewesen, Vermögenswerte zu ermitteln, um anschließend die Vollstreckung möglicher Geldforderungen gegenüber S. sichern zu können.

Detailliert wurden in dem Prozess die Vermögenswerte von S. erörtert. Der Immobilienbesitz sei „umfänglich“, erklärte J. – schon zu seinem Privathaus sei „hinlänglich bekannt“, dass es einen siebenstelligen Wert hat. Der Polizist beschrieb auch die anderen Gebäude und Grundstücke des Angeklagten detailliert, von denen mehrere Immobilien keine Eintragungen im Grundbuch besaßen. „Das haben wir nicht so häufig“, sagte der Zeuge. Die Apotheke wurde nach der Razzia an die Eltern des Apotheker zurückübertragen, die Mutter betreibt sie nun wieder. Eine Prüfung habe ergeben, dass die Rückübertragung wohl nicht angefochten werden kann, erklärte der Finanzermittler.

2012-2016: 106 Millionen Euro abgerechnet

An die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) sei eine Übersichtsanfrage zu allen Konten abgeschickt worden, die S. besaß oder für die er verfügungsberechtigt war. „Die Antwort, die kam von der Bafin, war recht dick“, erklärte J. Den teils siebenstelligen Beträgen auf den Konten standen auch Verbindlichkeiten von mehreren Millionen Euro gegenüber. Über das Apothekenrechenzentrum seien zwischen den Jahren 2012 und 2016 insgesamt gut 106 Millionen Euro abgerechnet worden, erklärte der Ermittler. Die Staatsanwaltschaft hat als Schaden der Krankenkassen in Sachen Zytostatika einen Gesamtwert von rund 56 Millionen Euro geschätzt. Circa 3 Millionen Euro behielten die Kassen von November 2016 bis Januar 2017 ein.

Die Ermittler sicherten zunächst nur einen Wert von 2,55 Millionen Euro. Die Höhe sei „vorgegeben“ gewesen, erklärte J. – und habe auf den Zahlen basiert, die der Whistleblower genannt habe. Der frühere kaufmännische Leiter Martin Porwoll hatte für fünf Arzneimittel die Differenz zwischen eingekaufter und verkaufter Menge abgeschätzt. Die Ermittler nutzten das Privathaus, um die Summe zu sichern. „Dann haben wir mit einem Schlag unseren Part erledigt“, erklärte J.

Es sei jedoch im Laufe der Ermittlungen klargeworden, dass der Arrest „wohl zu niedrig angesetzt“ war, erklärte der Zeuge. Doch in einer teils hitzigen Befragung durch Nebenklagevertreter offenbarte er erhebliche Erinnerungslücken, wie auch die Diskussion mit der Staatsanwaltschaft um die richtige Höhe verlaufen ist. Präsent war im hingegen noch der Tag der Razzia im Privathaus von S., wie auch eine spätere Pfändung in Anwesenheit der Eltern und eines Verteidigers.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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