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Grippeimpfung
G-BA: FDP-Gesundheitsexperte Ullmann verkennt die Tatsachen
Vergangene Woche hatte der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann schwere Vorwürfe gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss erhoben. Der Infektiologe kritisierte den „trägen“ Umgang des Gremiums mit der aktualisierten Empfehlung zur Grippeimpfung und machte es für die aktuelle Grippewelle mitverantwortlich – allerdings unter Verkennung von Tatsachen, wie der G-BA findet. In einem Brief an Ullmann stellt der Vorsitzende Hecken nun seine Sicht der Dinge dar.
Die Vorwürfe, die Prof. Dr. med. Andrew Ullmann, FDP-Obmann im Gesundheitsausschuss des Bundestages und Infektiologe, vergangene Woche gegen den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) erhob, wiegen schwer. In einer Pressemitteilung machte er das Gremium mitverantwortlich für die Grippewelle, die in diesem Jahr besonders heftig ausfällt. Hintergrund ist der Umgang des G-BA mit der aktualisierten Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für die Grippeimpfung. Diese hatte auf ihrer Sitzung im November beschlossen, die Impfung gegen saisonale Influenza mit einem quadrivalenten Influenzaimpfstoff zu empfehlen. Die Entscheidung des G-BA darüber steht allerdings noch aus.
Das veranlasste Ullmann unter anderem zu folgender Äußerung:
„Es kann und darf nicht sein, dass der G-BA zunächst im November nicht auf die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) hört und dann, wenn es schon fast zu spät ist, nicht in der Lage dazu ist, flexibel und unbürokratisch zu handeln. Fakt ist, dass die meisten Patientinnen und Patienten darauf vertrauen, dass die Pflichtleistungen der Krankenversicherungen einen guten Schutz bieten. Das ist im Fall des Dreifachimpfstoffs in diesem Jahr wieder einmal nicht so.“
Das lässt der G-BA nicht auf sich sitzen. Der Vorsitzende Josef Hecken „informiert“ Ullmann in einem Brief, der der Redaktion vorliegt, „der guten Ordnung halber über einige Fakten“. Im ersten Punkt widerspricht er der Aussage Ullmanns, der G-BA habe wiederholt nicht auf die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) gehört. So sei man den Empfehlungen der STIKO nicht nur in Bezug auf Grippe-Schutzimpfungen regelmäßig gefolgt und habe diese unter Berücksichtigung der Vorgaben im SGB V umgesetzt – und zwar immer innerhalb der vorgegeben Beratungs- und Umsetzungsfrist.
Hätte eine sofortige Umsetzung der Empfehlung geholfen?
Zu der oben zitierten Aussage, merkt der G-BA an, dass es nicht das RKI sei, das die bisherige Impfempfehlung präzisiert habe, sondern die STIKO, und sich deren Empfehlung in die Zukunft richte. Somit sei zukünftig – also für die Saison 2018/2019 – der Vierfach-Impfstoff für die Immunisierung gegen Grippe zu verwenden. Zudem stellt der G-BA klar, dass die Veröffentlichung der STIKO vom November, auf die Ullmann Bezug nimmt, rein der Information dienen solle. In dem Brief heißt es: „Mit diesen Ankündigungen wird jedoch ausdrücklich noch keine Empfehlung (inklusive wissenschaftlicher Begründung) ausgesprochen; STIKO-Empfehlungen werden erst mit deren offizieller Veröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin wirksam.“ Und die erfolgte am 11. Januar 2018.
Weiter erklärt der G-BA, unmittelbar danach mit der Umsetzung begonnen zu haben. Und nicht nur das – Hecken schreibt: „Der G-BA schöpft dabei die ihm nach dem Gesetz eingeräumten Möglichkeiten zur Verkürzung des Verfahrens, auch der Verkürzung der Frist auf drei Wochen für das gesetzlich vorgeschriebene und noch bis zum 15. März 2018 laufende Stellungnahmeverfahren zur Sachverständigeneinbeziehung, aus“
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Dann erklärt er noch einmal, dass die Empfehlung der STIKO sich auf die kommende Saison beziehe. Sie stehe in keinem Zusammenhang mit der aktuellen Grippewelle – eine Tatsache, die Ullmann nach Ansicht des G-BA verkennt. Und selbst eine sofortige Rechtsgültigkeit der STIKO-Empfehlung vom 11. Januar wäre für die laufende Grippe-Saison nicht rechtzeitig gewesen, weil sich die Ärzte in der Regel im Herbst mit Impfstoffen bevorraten und auch die Impfung allgemein für Oktober oder November empfohlen wird. Vielmehr soll der Zeitplan der STIKO-Empfehlung und das nachgelagerte Verfahren den Herstellern ausreichend Zeit bieten, den Impfstoff rechtzeitig zur Verfügung zu stellen.
Zeitplan für die Umsetzung der STIKO-Empfehlung
Mit Bezug auf die Aussage Ullmanns, die meisten Patienten vertrauten darauf, dass die Pflichtleistungen der Krankenversicherungen einen guten Schutz bieten und dies im Fall des Dreifachimpfstoffs in diesem Jahr wieder einmal nicht so sei, erläutert Hecken, dass die Vorhersage zu zirkulierenden Virus-Stämmen immer mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sei. Zudem könne sich die Schutzwirkung des Impfstoffs im Laufe einer Grippesaison – unabhängig vom verwendeten Drei- oder Vierfachimpfstoff – verändern.
Zum Schluss weist der G-BA noch darauf hin, dass durchaus auch für Kassenpatienten die Möglichkeit besteht, sich mit dem Vierfachimpfstoff nachimpfen zu lassen – auch jetzt noch. Die Entscheidung zur Kostenübernahme liegt bei den Krankenkassen.
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„Im Lichte dieser Fakten erscheinen Ihre Aussagen fachlich wenig tragfähig.“ schließt der Hecken den Brief. Um eine weitere von falschen Fakten auf der Basis von Ullmanns Erklärung ausgehende Berichterstattung zu vermeiden, habe er diesen Brief unter anderem den Mitgliedern des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages nachrichtlich zugeleitet.
Und wie sieht es mit der Umsetzung der Empfehlung aus? Derzeit läuft noch das Stellungnahmeverfahren – nach Verkürzung der Frist bis 15. März. Der ins Stellungnahmeverfahren gegebene Beschlussentwurf sieht eine Übernahme der STiKO-Empfehlung zum Vierfachimpfstoff vor. Der Beschluss ist – unter Berücksichtigung der für den 20. März 2018 geplanten mündlichen Anhörung im Unterausschuss Arzneimittel – für die Sitzung des G-BA am 5. April 2018 geplant. Wenn der Beschluss nicht durch das Bundesministerium für Gesundheit beanstandet wird, kann er innerhalb von zwei weiteren Monaten in Kraft treten.
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