Berufsausübungsfreiheit

Versandapotheker: Rx-Versandverbot hat keine Chance

Berlin - 06.03.2018, 11:15 Uhr

Der BVDVA hat was das geplante Rx-Versandverbot betrifft, verfassungsrechtliche Bedenken. (Foto: BVDVA)

Der BVDVA hat was das geplante Rx-Versandverbot betrifft, verfassungsrechtliche Bedenken. (Foto: BVDVA)


Der Bundesverband Deutscher Versandapotheker (BVDVA) reagiert verärgert auf das im Koalitionsvertrag festgehaltene Rx-Versandverbot. Der Versand-Verband meint, dass sich das Verbot aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken nicht durchsetzen lasse. Schließlich werde damit die Berufsausübungsfreiheit der Versender eingeschränkt. Zu diesem Thema gibt es allerdings auch eine andere Meinung.

Erstaunlich ruhig war es um die Versandapotheker in den vergangenen Wochen geworden. Während der BVDVA und insbesondere DocMorris im vergangenen Jahr noch heftigen Widerstand gegen den Referentenentwurf zum Rx-Versandverbot leisteten, gab es zum Koalitionsvertrag, in dem das Verbot ebenfalls festgehalten ist, nur einen knappen Kommentar. Darin sprach sich der BVDVA erwartungsgemäß gegen das geplante Verbot aus und merkte an, dass die Formulierung im Vertrag nicht „absolut“ sei und „Spielraum“ lasse.

Offensichtlich hat der Verband, in dem sich die größten Versandapotheken Deutschlands sammeln, das Rx-Versandverbot nun aber nochmals juristisch überprüfen lassen. Denn in einer Mitteilung vom heutigen Dienstag erklären die Versender, warum das Verbot aus ihrer Sicht keine Überlebenschancen hat. Christian Buse, Chef des Versand-Verbandes und Apotheker aus Sachsen-Anhalt wird darin wie folgt zitiert: „Das Verbot des Rx-Versands dürfte sich aber nicht durchsetzen lassen, denn es kommt einem Berufsverbot gleich.“

Der BVDVA bezieht sich in seiner Argumentation auf Artikel 12 Absatz 1 im Grundgesetz der Bundesrepublik. Dieser lautet: „Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.“ Aus Sicht des BVDVA dürfe diese Freiheit nur mit „starken Gründen“ durch ein anderes Gesetz eingeschränkt werden.

Die Versandapotheker beziehen sich in ihrer Argumentation weiterhin auf einen konkreten Fall, der 2016 vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt wurde. In dem konkreten Fall wollten ein Rechtsanwalt und eine Ärztin und Apothekerin eine gemeinsame Partnergesellschaft gründen, was ihnen allerdings vom Amtsgericht und Oberlandesgericht untersagt wurde. Die Gerichte bezogen sich auf die Bundesrechtsanwaltsordnung, in der Kooperationen zwischen Anwälten und Apothekern nicht aufgeführt seien.

Gesundheitsschutz geht vor Berufsausübungsfreiheit

Nachdem der Bundesgerichtshof das Verfahren aussetzte und dem Verfassungsgericht vorlegte, urteilten die Karlsruher Richter, dass eine solche Einschränkung der Berufsfreiheit nicht zu rechtfertigen sei. Eine Kooperation zwischen Anwälten, Ärzten und Apothekern berge keine großen Risiken, so das Bundesverfassungsgericht. Die Richter forderten den Gesetzgeber daher auf, zu prüfen, ob es nicht ein anderes Mittel gebe, das die Berufsfreiheit nicht einschränke. Der BVDVA stützt sich nun auf dieses Urteil und bezeichnet das geplante Rx-Versandverbot als „unverhältnismäßig“.

Erneut verweist der Verband zudem auf seine Forderung, die er bereits im vergangenen Jahr immer wieder der Politik vorstellte: Die Versandapotheker favorisieren die teilweise Aufhebung der Rx-Preisbindung zu Gunsten eines Höchstpreismodells. Gleichzeitig soll ein Strukturfonds gebildet werden, in den alle Apotheker einen Teil ihrer Marge einzahlen und von dem insbesondere kleine Apotheken in ländlichen Regionen profitieren sollen.

Zu der Frage, ob ein Rx-Versandverbot verfassungsrechtlich einwandfrei wäre, gibt es allerdings verschiedene Meinungen. Der Stuttgarter Jurist Heinz-Uwe Dettling hatte in den vergangenen Monaten mehrfach erklärt, dass das Verbot einer Sicherung der Arzneimittelversorgung diene und somit eine Einschränkung der Berufsfreiheit gerechtfertigt sei. In einem Interview mit der DAZ sagte Dettling: „Wenn die EU von Deutschland das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ fordert, dient das Rx-Versandverbot der Sicherung der Infrastruktur für die ordnungsgemäße Vollversorgung mit Arzneimitteln und damit der Gesundheit der Bevölkerung als überragendem Gemeinwohlbelang. Dagegen ist die Versorgung im Wege des Versandes nur eine Frage der Berufsausübung, die aus vernünftigen Gründen des Gemeinwohls eingeschränkt werden kann. Bestandsschutzprobleme sehe ich nicht, zumal der Versand ohnehin nur zusätzlich zum Präsenzapothekenbetrieb erfolgen darf.“

Auf der Interpharm in Berlin will der Apotheken-Experte Dettling seine juristische Ansicht nochmals darstellen. In einer „verfassungsrechtlichen Analyse“ will Dettling am Freitag, den 16. März darüber referieren. Spannend dürfte in dieser Hinsicht sicherlich ein weitere Programmpunkt auf der Interpharm sein: Am gleichen Tag um 16 Uhr treffen sich DocMorris-Vorstandsmitglied Max Müller und Dettling zu einem juristischen Schlagabtausch zum Thema Rx-Versandverbot. In einem Streitgespräch wollen sich Müller und Dettling über die Machbarkeit eines Rx-Versandverbotes unterhalten.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Berufsverbot??

von Peter Bauer am 06.03.2018 um 14:29 Uhr

Der deutsche Versandapotheker hat doch ein niedergelassene Offizin.Die wird ihm ja nicht weggenommen.Ausserdem kann er ja noch OTC versenden.Ich als niedergelassener Apotheker darf auch
mit keinem Imbisswagen auf dem Wochenmarkt Apotheke spielen.Die Argumentation ist so hanebüchen und eigentlich nur darauf zurückzuführen ,dass da jemandem der A.... gehörig auf Grundeis geht.
Ich glaube übrigens auch noch nicht ,dass es ein RX-Versandverbot geben wird.Das hört sich doch im Koalitionsvetrag anscheinend alles ziemlich schwammig an.Da gibt es dann bestimmt wieder "weitreichende und tiefgründige Bedenken eines Ministeriums".Wetten wir?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.