DAZ.online: Karin Maag, die gesundheitspolitische Sprecherin
der Union, hat uns Im Interview gesagt, dass die Apotheker mit Blick auf
weitere Honorar-Forderungen nicht übersteuern sollten. Meinen Sie, dass die
Apotheker durch das Fixieren aufs Rx-Versandverbot auch Nachteile haben?
Dittmar: Ich befürchte, dass wir mit dem Fixieren auf ein Rx-Versandhandelsverbot
wertvolle Zeit verlieren, um uns um die wirklich drängenden strukturellen
Fragen der Apotheker zu kümmern. Wichtiger ist doch die Frage, wie wir die
heilberufliche Arbeit der Apotheker stärker in die Versorgung einbinden können,
wie wir den niedrigschwelligen Zugang nutzen beispielsweise bei Präventionsleistungen
und dem Medikationsmanagement.
DAZ.online: Welche Themen würden Sie also anstelle des
Verbotes aufgreifen und anpacken?
Dittmar: Ich glaube, dass wir dringend die offenen Fragen
zur Apothekenstruktur beantworten müssen und uns mit dem Apothekenhonorar auseinandersetzen
sollten. Laut Honorar-Gutachten hat es schon 2015 rund 700 Apotheken gegeben,
die kurz vor dem Aus standen. Die rückgängige Apothekenzahl war also
vorhersehbar. Wir müssen uns daher fragen: Wie können wir die
Arzneimittelversorgung sicherstellen? Woran liegt es, dass eine Apotheke nicht
mehr lukrativ zu sein scheint? Außerdem meine ich weiterhin, dass wir das
Apothekenhonorar differenzierter ausgestalten sollten.
DAZ.online: Apropos Honorar Gutachten: Meinen Sie als
fachkundige Gesundheitspolitikerin wirklich, dass man all die Empfehlungen der
Gutachter umsetzen sollte? Würde das die Arzneimittelversorgung nicht sogar
gefährden?
Dittmar: Auch ich gehe mit so mancher Schlussfolgerungen im
Gutachten nicht konform. Allerdings liegt uns jetzt eine wertvolle
Datengrundlage vor. Es wäre schade, wenn wir diese nicht nutzen würden. Das
Gutachten liegt jetzt allerdings in den Händen von Hr. Altmaier und somit
bleibt abzuwarten, ob es im BMWi in einer Schublade verschwindet.
„Beim Thema Cannabis bewegt sich was in der SPD"
DAZ.online: Zurück zum Koalitionsvertrag. Der wichtigste
sozialdemokratische Punkt, die Bürgerversicherung, ist dort nicht erwähnt.
Vielmehr soll sich eine Kommission mit der Angleichung der Ärztehonorare
beschäftigen. Ist das nicht eine Alibi-Formulierung. Ist das Thema nicht schon
längst tot?
Dittmar: Nein, das denke ich nicht. Schließlich ist die
Bürgerversicherung kein Projekt, das sich so einfach mal in einer Wahlperiode
umsetzen lässt. Dazu sind mehrere Einzelschritte notwendig. Die einheitliche
Honorarordnung ist einer davon, ein besonders anspruchsvoller, der auch Zeit
und Sorgfalt braucht. Deswegen ist die Kommission genau der richtige Weg. Der
wichtige erste Schritt zur Bürgerversicherung ist für mich die Wiedereinführung
der paritätischen Finanzierung der Versicherungsbeiträge von Arbeitnehmern und
Arbeitgebern. Und als zweiten wichtigen Schritt konnten wir im
Koalitionsvertrag vereinbaren, dass die Bemessungsgrenze für Selbstständige fast
um die Hälfte absenkt wird. Das macht die GKV für Selbständige wieder
interessant.
DAZ.online: Welche weiteren Themen haben Sie auf Ihrer
Agenda?
Dittmar: Neben den im Koalitionsvertrag vereinbarten Verbesserungen
im Bereich der Pflege und der sektorenübergreifenden Versorgung liegt mir die
Sucht- und Drogenpolitik sehr am Herzen, dort insbesondere die
Cannabis-Prohibition. Ich stelle fest, dass sich in der SPD da zurzeit viel
bewegt. Wir sollten überlegen, ob wir es den Bundesländern ermöglichen,
regionale Modellprojekte durchzuführen, bei denen eine regulierte Abgabe von
Cannabis an Erwachsene getestet und evaluiert wird. Dafür spricht viel: Wir
würden den gesamten Verwaltungs- und Justizapparat extrem entlasten, Steuergelder
einsparen, den Schwarzmarkt eindämmen und hätten vor allem einen effizienteren Zugang
zu Präventionsmaßnahmen.
6 Kommentare
Frau Dittmar, ich klage Sie an!
von Christiane Patzelt am 08.03.2018 um 16:30 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Ist der Deutsche Apotheker im Siegel der europäischen Gesundheitspolitik überhaupt noch erkennbar?
von Heiko Barz am 08.03.2018 um 12:56 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Hic Rhodos hic salta !
von Ratatosk am 08.03.2018 um 10:05 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Im Gegenteil..
von Hubert Kaps am 07.03.2018 um 10:42 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Sabine Dittmar SPD
von Peter Kaiser am 07.03.2018 um 10:03 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Frage
von Anita Peter am 07.03.2018 um 8:39 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.