Krankenversicherung schluckt PBM

Die nächste Milliarden-Übernahme im US-Arzneimittelmarkt

München - 09.03.2018, 13:30 Uhr

Der Pharmacy Benefit Manager Express Scripts soll vom Krankenversicherer Cigna geschluckt werden. (Foto: Imago)

Der Pharmacy Benefit Manager Express Scripts soll vom Krankenversicherer Cigna geschluckt werden. (Foto: Imago)


Die Konsolidierung im US-Gesundheitssektor setzt sich fort. Der Krankenversicherer Cigna will den auf Preisverhandlungen spezialisierten Dienstleister (Pharmacy Benefit Manager) Express Scripts für umgerechnet 53 Milliarden Euro übernehmen. Damit versuchen die Unternehmen, einen Ausweg aus den stetig steigenden Gesundheitskosten in den USA zu finden.

Mit der jetzt angekündigten Milliardenübernahme von Express Scripts dreht sich das Übernahmekarussell auf dem US-amerikanischen Gesundheitsmarkt weiter. Wie der Krankenversicherer Cigna mitteilte, wolle er den Express-Scripts-Aktionären 48,75 Dollar pro Aktie in bar zahlen. Zudem sollen die Anteilseigner 0,2434 Cigna-Anteile erhalten, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet. 

Während Cigna ein großer Versicherer mit einem jährlichen Umsatz von über 41 Milliarden Dollar, mehr als 40.000 Beschäftigten und weltweit 95 Millionen Kunden ist, handelt es sich bei Express Scripts um den landesweit größten „Pharmacy Benefit Manager“ (PBM) – das sind Vermittler, der mit Pharmafirmen und Apotheken für die Versicherer günstigere Preise aushandeln sollen. In den vergangenen Jahren sind die PBMs allerdings immer stärker in die Kritik geraten: Den zumeist börsennotierten Unternehmen wird vorgeworfen, ihren Profit ausschließlich in den Vordergrund zu stellen und somit die Gesundheitskosten in den USA weiter in die Höhe zu treiben.

Vor diesem Hintergrund war es im US-Gesundheitssektor in den vergangenen Monaten und Jahren bereits zu zahlreichen Übernahmen gekommen. So hatte Ende 2017 die Drogerie- und Apothekenkette CVS die Übernahme des Krankenversicherers Aetna für rund 77 Milliarden Dollar angekündigt. Der Einzelhändler Albertsons und die Apothekenkette Rite Aid haben erst im Februar 2018 ihre Fusion bekannt gegeben und wollen einen Konzern mit 4900 Supermärkten, 320 Apotheken und 320 Kliniken schaffen. Zudem spricht laut Medienberichten die Apothekenkette Walgreens Boots Alliance mit dem Pharma-Vertriebsriesen Amerisource Bergen über eine Übernahme. Und erst Anfang März hatte der US-Technologiekonzern Apple angekündigt, eigene Krankenhäuser für seine Mitarbeiter gründen zu wollen.

Konsolidierung geht weiter

Dem dpa-Bericht nach gilt das US-Gesundheitssystem als eines der teuersten und ineffizientesten weltweit. Die Versicherungsverträge aus dem Obamacare-Programm, die über die vom vorigen US-Präsident Barack Obama initiierten Online-Marktplätze vermittelt werden, hätten sich für viele Anbieter als Verlustbringer erwiesen. Der größte US-Krankenversicherer UnitedHealth habe sich deshalb aus diesem Geschäft zurückgezogen.

Aufgrund der hohen Versicherungs- und Gesundheitskosten in den USA hatten Anfang des Jahres der Online-Handelsriese Amazon, die US-Großbank JPMorgan Chase und Warren Buffetts Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway angekündigt, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Es soll eine günstigere Gesundheitsversorgung der eigenen Mitarbeiter ermöglichen und künftig unter Umständen auch anderen Bevölkerungsgruppen zugänglich gemacht werden. 

„Die steigenden Gesundheitskosten fressen sich wie ein Bandwurm durch die US-Wirtschaft“, sagte Starinvestor Buffett. Man habe zwar noch keine Lösung für dieses Problem, sei aber auch nicht bereit, es als unausweichlich hinzunehmen. JPMorgan-Chef Jamie Dimon nannte es das gemeinsame Ziel, „Lösungen zugunsten unserer US-Angestellten, ihrer Familien und - möglicherweise - aller Amerikaner zu finden“. Die Menschen wollten „Transparenz, Kenntnis und Kontrolle“.

Allerdings geht nicht jedes Fusionsvorhaben in den USA glatt durch. Mit der nun angekündigten Übernahme von Express Scripts übernimmt Cigna bereits den zweiten Anlauf für einen Zukauf, nachdem eine geplante Großfusion mit dem Rivalen Anthem an den Wettbewerbsbehörden gescheitert war. Außerdem hatten die US-Kartellbehörden Anfang 2017 Aetna die milliardenschwere Übernahme des Rivalen Humana untersagt.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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