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Leserbrief an den Tagesspiegel
AMK verteidigt Apotheker im „Pille danach-Konflikt“
Eine Pressemitteilung des Berufsverbandes der Frauenärzte
sorgte in der vergangenen Woche für Aufruhr: Darin beschuldigte der Verband die
Apotheker wegen vermeintlich ungenügender Beratung zu Notfallkontrazeptiva für
die Zunahme von Abtreibungen in 2017 verantwortlich zu sein. Aus Sicht der ABDA
entbehrt dieser postulierte Zusammenhang
jeglicher Grundlage. Auch die AMK verteidigt vehement die Beratungsleistung der
Apotheker in einem Leserbrief an den Berliner Tagesspiegel.
Vor einigen Tagen stellte der Berufsverband der Frauenärzte (bvf) eine gewagte These auf: In einer Pressemeldung behauptete der Präsident des bvf, Christian Albring, dass der OTC-Switch der „Pille danach“ für den Anstieg der Schwangerschaftsabbrüche in 2017 mitverantwortlich sei. Zudem gab er den Apothekern eine Mitschuld an der Zunahme der Abtreibungen, weil sie aus Sicht der Frauenärzte mangelhaft zur Notfallkontrazeption beraten würden.
Die Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände (ABDA) hatte sich gegen die Behauptungen des bvf in einer Stellungnahme, die DAZ.online vorliegt, entschieden zur Wehr gesetzt. Zum einen ist aus Sicht der ABDA eine Korrelation zwischen der Entlassung der Notfallkontrazeptiva aus der Verschreibungspflicht 2015 und einem Anstieg der Schwangerschaftsabbrüche in 2017 „abenteuerlich“. Zum anderen entbehre aus Sicht der Standesvertretung der Vorwurf der unzuverlässigen Beratung jeglicher Grundlage.
Kurzsichtiger Blick auf die Statistik
Die
Debatte bewegt jedoch nicht nur die Fachwelt. Auch der „Tagesspiegel“ griff am
vergangenen Wochenende die Pressemeldung des bvf in dem Beitrag „Plötzlich mehr
Abtreibungen“ die Vorwürfe des bvf gegen die Apotheker auf. Der Vorsitzende der
Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK), Martin Schulz, kritisiert
in einem Leserbrief an den „Tagesspiegel“, der DAZ.online vorliegt, die Interpretation
der Abtreibungs-Statistik des bvf. Zur Erklärung: Die Zeitung hatte über das Thema zuvor berichtet.
Zum einen müsse man aus Sicht des AMK-Vorsitzenden die absolute Zahl der Abbrüche in Relation zu der Anzahl der Frauen im gebärfähigen Alter setzen. Blicke man in den Zeitraum vor dem OTC-Switch zurück, war der prozentuale Anteil der Abtreibungen außerdem auch nicht geringer als in 2017: „Im Jahr 2017 gab es 58 Schwangerschaftsabbrüche pro 10.000 Frauen. Zum Vergleich: Im Jahr 2012 - als die ,Pille danach' noch verschreibungspflichtig war - waren es 59 Abbrüche pro 10.000 Frauen“, beschreibt Schulz die Datenlage in dem Leserbrief.
Apotheker sind gründlich vorbereitet
Den Vorwurf der Gynäkologen bezüglich einer unzureichenden Beratung weist Schulz entschieden zurück: „Die pauschal-plakative Behauptung, dass Apotheker nicht zuverlässig zur ,Pille danach' beraten würden, entbehrt ebenfalls jeder Grundlage. In unzähligen Fortbildungsveranstaltungen wurden die Apothekerinnen und Apotheker qualitätsgesichert geschult.“
Als Basis für die Fortbildungen des pharmazeutischen Personals und als offizieller Leitfaden über die Beratung rund um die Notfallkontrazeption hat die Bundesapothekerkammer konkrete Handlungsempfehlungen verfasst, die vor wenigen Tagen aktualisiert wurden.
Schulz verweist dabei auf die interdisziplinäre Vorgehensweise: „An deren Erstellung und Aktualisierung waren unter anderem das Bundesgesundheitsministerium (BMG), pro familia und Gynäkologenverbände beteiligt. Auch der bvf war eingebunden. Das BMG hatte in Abstimmung mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu allen Aktualisierungswünschen, auch des bvf, abschließend Stellung genommen. Diese Fassung wurde aktuell von der BAK veröffentlicht.“
Spahn: Notfallkontrazeptiva sind keine Smarties
Damit möchte Schulz zeigen, dass die Apotheker auch im Hinblick einer möglichen Qualitätsüberprüfung durch das BMG für die Beratung über die „Pille danach“ bestens gewappnet sind. Denn das BMG hatte im Zuge des OTC-Switch eine Evaluierung angekündigt. „Wir gehen davon aus, dass der neue Gesundheitsminister diese Zusage einlösen und die Qualität der Apothekenberatung kritisch überprüfen wird", sagte Albring in der Pressemeldung der vergangenen Woche.
Bundesgesundheitsminister in spe Jens Spahn hatte sich bereits in der Vergangenheit ablehnend zu der Rezeptfreigabe der Notfallverhütung geäußert. So forderte der CDU-Politiker laut mehreren Medienberichten 2014: „Die Pille danach ist kein Smartie. Ihre Abgabe muss verschreibungspflichtig bleiben."
Dieses mehrere Jahre zurückliegende Statement bewegte anlässlich Spahns Nominierung in sozialen Netzwerken erneut die Gemüter. So schrieb ein Twitter-User am Tag der Nominierung: „Es wird kälter werden in Deutschland mit Jens Spahn als Gesundheitsminister. Keine Hüften für ältere Menschen und die Pille danach sind nur die ersten Beispiele. Armes Deutschland“.
„Ich fürchte, dass die Pille danach im Fall #spahn zu spät kommt“, ironisiert eine weitere Twitter-Nutzerin. „Wenn Jens Spahn Gesundheitsminister wird, führt er dann endlich endlich ein, dass es die Pille danach in verschiedenen Farben gibt? Da machen uns Mädels die Smartie-Parties gleich viel mehr Spass“, versucht es eine andere Userin mit Humor.
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