Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht

Bundessozialgericht entlastet Industrieapotheker

Berlin - 22.03.2018, 17:00 Uhr

Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung möchten sich Apotheker gerne sparen, wenn sie Mitglied ihres Versorgungswerks sind. (Foto: nmann77 / stock.adobe.com)

Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung möchten sich Apotheker gerne sparen, wenn sie Mitglied ihres Versorgungswerks sind. (Foto: nmann77 / stock.adobe.com)


Industrieapotheker, die Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks sind, können aufatmen: Das Bundessozialgericht hat am heutigen Donnerstag entschieden, dass sie von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien sind – jedenfalls dann, wenn die ausgeübte Tätigkeit nicht ganz berufsfremd ist.

Viele Jahre kämpften Apotheker, die nicht in der öffentlichen Apotheke, sondern beispielsweise in der Industrie arbeiten, gegen die Deutsche Rentenversicherung  (DRV). Denn sie sind in ihrem Bundesland grundsätzlich Pflichtmitglied der Apothekerkammer und damit auch Mitglied des berufsständischen Versorgungswerkes, sollten aber zugleich in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Denn nur wer seinen Beruf ganz klassisch ausübt, wird problemlos von der Rentenversicherungspflicht freigestellt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).

Nun hat das Bundessozialgericht ein Urteil gesprochen, auf das viele Industrieapotheker gehofft haben dürften – und das sich in dieser Art auch schon abgezeichnet hat. Demnach ist ein Apotheker nicht nur dann von der Versicherungspflicht befreit, wenn er tatsächlich als approbierter Apotheker tätig ist; ausreichend ist auch eine andere, nicht berufsfremde Tätigkeit.

Geklagt hatte im jetzt entschiedenen Fall ein approbierter Apotheker aus Hessen, der seit 2009 als Verantwortlicher für Medizinprodukte, Arzneibuchfragen und Fachinformationen in einem Unternehmen beschäftigt ist. Dieses erarbeitet Konzepte für die Reinigungs- und Sterilisationsprozessüberwachung zur Aufbereitung von Medizinprodukten. Seinen im Jahr 2012 vorsorglich gestellten Antrag, ihn von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu befreien, hatte die beklagte DRV abgelehnt. Sie verwies darauf, dass ein Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit und der Pflichtmitgliedschaft bestehen müsse – und dass die Approbation als Apotheker ausweislich der Stellenbeschreibung gerade nicht unabdingbare Einstellungsvoraussetzung gewesen sei. Mit seiner Klage gegen die DRV hatte der Apotheker schon in den ersten beiden Instanzen Erfolg. Nun stand die letzte Instanz an.

Der 5. Senat des Bundessozialgerichts entschied allerdings nicht abschließend. Vielmehr hob er das Urteil des Landessozialgerichts auf und wies die Sache zur anderweitigen Verhandlung an dieses Gericht zurück. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor. Laut einer Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vermissten die Richter jedoch tatsächliche Feststellungen zu den einzelnen Tatbestandsmerkmalen der maßgeblichen Befreiungsnorm des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Das Bundessozialgericht ist demnach durchaus der Ansicht, dass der Kläger eine der Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegende Beschäftigung ausübt. „Ob es sich dabei um eine Tätigkeit handelt, die eine Approbation als Apotheker voraussetzt ist dabei nicht entscheidend“, heißt es in einer Pressemitteilung des Gerichts. 

§ 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit 

1. Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn 

a) am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat, 

b) für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und 

c) aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.  

Damit hat der Senat an ein bereits im vergangenen Dezember ergangene Entscheidung angeknüpft. Hier ging es um die Klage eines Tierarztes gegen die DRV. Dieser Tierarzt war als wissenschaftlicher Mitarbeiter im veterinärmedizinischen Außendienst tätig – für ein Unternehmen, das unter anderem Arzneimittel und Futtermittel für Tiere vertreibt. Die DRV hatte ihm die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht versagt, obwohl er Mitglied des Versorgungswerks der Tierärzte ist. Zu Unrecht, wie das Bundessozialgericht entschied. 

 Urteil des Bundessozialgerichts vom 22. März 2018, Az.: B 5 RE 5/16 R



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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