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Wenn Arzneimittel Sonnenbrand verursachen

Stuttgart - 12.04.2018, 15:00 Uhr

 Was kann die Apotheke bei fototoxischen Arzneimitteln raten? (Foto: John Smith / stock.adobe.com)

 Was kann die Apotheke bei fototoxischen Arzneimitteln raten? (Foto: John Smith / stock.adobe.com)


Nicht jedes Arzneimittel ist mit der Sonne kompatibel: Johanniskraut, HCT, Fluorchinolone können unter UV-Einwirkung fototoxische oder fotoallergische Reaktionen auslösen – und das sind bei weitem nicht die einzigen Arzneimittel. Bei welchen Arzneimitteln gehören diese sommerlichen Hinweise der Apotheke noch dazu? Und wie vermeidet der Patient diese arzneimittelinduzierten Lichtdermatosen?

Arzneimittel, die in den Wintermonaten gut vertragen werden, können bei den ersten frühlingshaften Sonnenstrahlen plötzlich Probleme bereiten: Sie lösen fototoxische – häufig – und/oder fotoallergische – selten – Reaktionen aus. Das Fiese bei arzneimittelinduzierten Lichtdermatosen: Sie treten auch nach Sonnendosen auf, die der jeweilige Hauttyp normalerweise komplikationslos ohne Rötung, Erythem und Brand toleriert.

UV-bedingte Reaktionen der Haut auf bestimmte Arzneimittel äußern sich vielschichtig. Sie können sich sowohl bei topisch applizierten Arzneistoffen manifestieren, als auch durch systemisch eingenommene. Topische Arzneimittel mit fotosensibilisierendem Potenzial schädigen vornehmlich die oberen Hautschichten, während Schäden der tieferen Hautschichten eher bei systemischen Arzneimitteln zu beobachten sind. Die Symptome ähneln denen eines Sonnenbrandes mit Brennen, Stechen, Erythemen und ausgedehnter Blasenbildung und Juckreiz. Der akuten Phase, die Stunden bis Tage nach Sonnenexposition einsetzt, kann eine monatelange Überempfindlichkeit gegenüber UV-Licht folgen sowie ausgeprägte Hyperpigmentierungen der betroffenen Hautstellen.

Prävention einer fototoxischen Reaktion auf Arzneimittel

Nimmt man es genau, unterscheidet man bei fotosensitiven Reaktionen die fototoxische von den fotoallergischen. Nicht immer lassen sich diese beiden Effekte sauber voneinander abgrenzen. Manche Wirkstoffe, wie Hydrochlorothiazid, verursachen sowohl fotoallergische als auch -toxische Reaktionen, so dass sich ein gemeinsamer Oberbegriff „Fotosensibilisierung“ eingebürgert hat. Für den Apotheker ist diese Differenzierung zweitrangig. Die pharmazeutische Beratung, wie Patienten fototoxische oder fotoallergische Arzneimittelreaktionen vermeiden können, ist gleich. Welche Tipps zum richtigen Verhalten unter fotosensibilisierender Arzneimitteltherapie kann der Apotheker geben?

Tipps zum Verhalten unter fototoxischen/ -allergischen Arzneimitteln

Mit dem Hinweis der Apotheke, dass bestimmte Arzneimittel die Haut lichtempfindlicher machen können, sollte der Patient auch Tipps bekommen, wie er sich vor der unerwünschten Arzneimittelwirkung schützen kann:

Tipps zum Verhalten unter fototoxischen/ -allergischen Arzneimitteln

  • Der Patient sollte die intensive Mittagssonne (11 Uhr bis 15 Uhr) meiden,
  • Aktivitäten im Freien in die Morgen- und Abendstunden legen,
  • geeignete Kleidung tragen (textiler Lichtschutz), Kopfbedeckung, Sonnenbrille,
  • Anwendung von Sonnenschutzmitteln:
    • Adäquaten Schutzfaktor (mindestens 30), vor allem auf ausreichenden UV-A-Schutz achten,
    • Ausreichend viel Sonnenschutzcreme auftragen: 2 mg/cm2,
    • Nachcremen nach zwei Stunden,
    • An leicht übersehbare Stellen denken: Nacken, Ohren, Hals, Fußrücken bei Flipflops/Sandalen, Handrücken.

UV-A durchdringt Fenster und dünne Kleidung

Wichtig ist: UV-A ist das Hauptübel fotosensibilisierender Hautreaktionen. Glas und dünne Kleidung schirmen diese nicht ab und bieten keinen Schutz vor UV-A-Strahlen. Die Konsequenz für den Patienten: Autofenster oder dünne Shirts und Hosen verhindern keine lichtbedingten Reaktionen. Die Patienten benötigen folglich dennoch Sonnencreme oder spezielle UV-undurchlässige Folien für die Autofenster. Die Frontscheibe schützt noch weitestgehend vor UV-A- und UV-B-Strahlen, die Seitenfenster nicht.
Zusätzlichen Sonnenschutz kann auch spezielle UV-Kleidung bieten. Wer nicht in Spezialkleidung investieren möchte, sollte zumindest auf dicht gewebte und dunkle Stoffe bei der morgendlichen Auswahl vor dem Kleiderschrank achten.

Bei Sonnenschutzprodukten gilt die Empfehlung hin zu duftstoff- und emulgatorfreien Produkten (zum Beispiel Ladival® Allergische Haut, Eucerin® Sonnencreme für Allergiker)

Was können Patienten bei einer fototoxischen Reaktion tun?

Treten bei Patienten fototoxische Reaktionen auf, wäre es das einfachste, das Arzneimittel abzusetzen. Ist dies komplikationslos möglich, oder kann das Arzneimittel durch weniger fototoxische Alternativen ersetzt werden, ist dies nach Rücksprache mit dem verordnenden Arzt durchaus eine Option. Manchmal hilft es auch, die Dosis – so möglich – zu senken. Absetzen, umstellen, Dosis senken werden in der Praxis jedoch wohl eher der seltenere Fall sein.

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Die akuten Lichtschädigungen der Haut werden symptomatisch behandelt – mit topischen Glucocorticoiden in Cremes oder Lotionen, teilweise in Kombination mit Antiseptika. Bei größeren Blasen und stärkeren Verbrennungen zweiten Grades kommt die Selbstmedikation an ihre Grenzen. Hier sollte der Patient einen Arzt aufsuchen, der gegebenenfalls die Blasen abträgt. Um Hyperpigmentierungen der geschädigten, sonnenexponierten Haut vorzubeugen, kann die Cortisontherapie auch über die akute Phase hinaus beibehalten werden. Auch empfiehlt sich die regelmäßige Anwendung eines Lichtschutzmittels mit hohem UV-A- und UV-B-Schutz für mehrere Monate.

Bei der Behandlung von Lichtdermatosen kommen auch orale sowie topische Antihistamine zum Einsatz. Deren Effekt darf jedoch nicht überschätzt werden – urteilt das Ärzteblatt zum Einsatz der Substanzgruppe, allerdings bei idiopathischen, polymorphen Lichtdermatosen.

Welche Arzneimittel wirken fototoxisch oder fotoallergisch?

Tab. 1: Aktuell in Deutschland verfügbare Wirkstoffe, von denen Berichte über Fotosensibilisierung vorliegen, modifiziert nach [1, 26]. Innerhalb einer Wirkstoffgruppe finden sich Arzneistoffe entsprechendder Häufigkeit von Berichten über Fotosensibilisierungen. Substanzen mit etwa gleich häufiger Erwähnung stehen in derselben Zeile.

Stoffgruppe
Wirkstoffe
Diuretika
Hydrochlorothiazid*, Furosemid Amilorid
Triamteren*, Spironolacton Xipamid*
nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAR)
Naproxen*, Ketoprofen
Tiaprofensäure
Piroxicam
Diclofenac
Phenylbutazon
Indometacin, Ibuprofen
antimikrobielle Substanzen
Sulfamethoxazol/Trimethoprim*, Sulfasalazin
Ciprofloxacin, Enoxacin
Ofloxacin, Norfloxacin
Oxytetracyclin, Tetracyclin
Doxycyclin, Minocyclin
Isoniazid
Gentamicin
Griseofulvin, Nitrofurantoin
Mittel gegen Malaria
Chloroquin,
Chinin*, Pyrimethamin
Mefloquin
Hydroxychloroquin
Antipsychotika
Thioridazin
Promethazin*
Chlorprothixen
Perazin, Fluphenazin, Promazin
Haloperidol
Antidepressiva
Amitriptylin*, Trimipramin
Nortriptylin
Imipramin, Doxepin
Clomipramin*
kardiovaskulär wirksame Substanzen
Amiodaron, Nifedipin
Chinidin*, Captopril*, Enalapril*
Fosinopril, Ramipril
Hydralazin Simvastatin
Antiepileptika
Carbamazepin*, Lamotrigin
Phenobarbital, Phenytoin
Topiramat, Valproinsäure*
Antihistaminika
Cyproheptadin
Diphenhydramin
Loratadin
zytotoxische Substanzen
Fluorouracil, Vinblastin
Dacarbazin*
Methotrexat
Azathioprin
fotodynamische Therapie
Verteporfin, Porfimer, Temoporfin
Hormone
Corticosteroide, Östrogene, Progesterone, Spironolacton
systemische Dermatika
Isotretinoin, Methoxsalen* (8-Methoxypsoralen*)
andere
Goldsalze, Hämatoporphyrin
*) Diese Wirkstoffe lösen auch fotoallergische Reaktionen aus.

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Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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