Apotheke Adhoc-Herausgeber Bellartz vor Gericht

Das „Datenklau“-Verfahren zieht sich hin

Berlin - 08.05.2018, 17:50 Uhr

Vor dem Landgericht Berlin wird der „Datenklau“-Strafprozess immer komplizierter. (Foto: Külker)

Vor dem Landgericht Berlin wird der „Datenklau“-Strafprozess immer komplizierter. (Foto: Külker)


Im „Datenklau“-Strafprozess ist Geduld gefragt. Am heutigen Dienstag wurde nur kurz verhandelt. Die Verteidiger machten deutlich, dass für sie das Verfahren nur mit Freisprüchen enden kann. Über die am vergangenen Freitag beantragte Aussetzung des Verfahrens entschied das Gericht noch nicht. Jetzt wird erst am 29. Mai weiterverhandelt.  

Seit Jahresbeginn müssen sich der Apotheke-Adhoc-Herausgeber und frühere ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz sowie der Systemadministrator Christoph H. vor dem Berliner Landgericht verantworten. Sie sind angeklagt, zwischen Anfang 2009 und Ende 2012 Daten aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) ausgespäht zu haben. Nach § 202a StGB macht sich strafbar, wer sich oder einem anderen unbefugt Zugang zu Daten, „die nicht für ihn bestimmt und die gegen unberechtigten Zugang besonders gesichert sind, unter Überwindung der Zugangssicherung verschafft“. Bellartz soll laut Anklage in 40 Fällen für von H. aus dem BMG beschaffte Datenpakete – Mails aus dem Apotheken-Fachreferat und von Staatssekretären – jeweils Geldbeträge zwischen 400 und 1000 Euro gezahlt haben.

Am heutigen Dienstag waren erneut keine Zeugen geladen. Die Verteidiger der beiden Angeklagten hatten beim letzten Verhandlungstermin beantragt, das Verfahren auszusetzen, weil der leitende Ermittler bei der Polizei über 1000 E-Mails auf einer CD nachgereicht hatte, die noch zu sichten sind. Das Gericht hatte die Staatsanwaltschaft um eine „eingehende Stellungnahme“ hierzu gebeten. Doch diese konnte der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft heute noch nicht vorlegen.

Bellartz‘ Anwalt Carsten Wegner äußerte erneut Zweifel, ob nun wirklich alles Mails zum Verfahren vorliegen – auch die, die der Kriminaloberkommissar gelöscht hatte, weil er sie für nicht relevant hielt. Laut einer kurzfristig nachgereichten Aufstellung soll in der „heißen Ermittlungsphase“ Ende 2012 innerhalb von drei Monaten nur eine Mail zwischen Polizei und BMG ausgetauscht worden sein. Der Blick in die CD zeige, dass dies falsch sei, so Wegner. Er hielt dem Kriminaloberkommissar vor, er wolle ihn „für dumm verkaufen“.

Richter: Nicht auf Aussetzen spekulieren

Der Anwalt erhob zudem eine Gegenvorstellung gegen den am vergangenen Freitag ergangenen Beschluss des Gerichts, den PC des leitenden Ermittlers nicht sicherzustellen. „Warum hat das Gericht hier kein Misstrauen?“, fragte er. Wegner verspricht sich offenbar nur durch die Sicherstellung der Daten auf dem Rechner eine lückenlose Dokumentation. Nun muss das Gericht erneut eine Entscheidung treffen – dies geschah heute jedoch nicht.

Im Übrigen führten die Verteidiger beider Angeklagten aus, warum sie die vom Gericht angeregte und auch von der Staatsanwaltschaft beantragte Einstellung des Verfahrens nach § 154 Absatz Strafprozessordnung in 38 von 40 Anklagepunkten ablehnen. Sie bleiben überzeugt: Ihre Mandanten haben den Straftatbestand des Ausspähens von Daten gar nicht erfüllt. Die Vorwürfe beruhten lediglich auf einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Abhebungen von Bellartz‘ Konto und Zahlungseingängen auf H.´s Konto, erklärte H.‘ s Anwalt Nikolai Venn. Alle anderen Umstände blieben im Dunkeln – etwa um welche Daten es genau gegangen sein soll, welche Zugangssicherung überwunden sein soll. „Das kann nur zu einem Freispruch führen“, so Venn.

Bellartz-Prozess

„Datenklau“-Verfahren

Bellartz-Prozess

Wegner und Venn beantragten zwar weitere Zeugenvernehmungen – der Vorgesetzte des leitenden Ermittlers der Polizei und der ursprünglich zuständige Staatsanwalt. Doch sie sind eigentlich überzeugt, dass das Verfahren abschlussreif ist.

Der nächste Verhandlungstermin ist erst am 29. Mai. Der Vorsitzende Richter appellierte an die Verteidiger, nicht darauf zu spekulieren, dass dem Aussetzungsantrag stattgegeben wird. Sie sollten die Zeit schon jetzt nutzen, sich mit den E-Mails zu beschäftigen.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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