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BfArM-Dialog zu Arzneimittelfälschungen
Securpharm: Pharmaunternehmen sind gut vorbereitet, Apotheken auch?
Der Stichtag, ab dem rezeptpflichtige Arzneimittel in der EU nur noch mit einer Fälschungssicherung in den Verkehr gebracht werden dürfen, rückt unaufhaltsam näher. Die Pharmaunternehmen haben ihre Hausaufgaben im Rahmen des securPham-Systems offenbar weitgehend gemacht, aber sind die Apotheken schon ebenso gut aufgestellt? Bei einer BfArM im Dialog-Veranstaltung in Bonn zu dem Mammutprojekt gaben sich einige Experten diesbezüglich skeptisch.
Rund
200 Fachleute aus Behörden, Politik und der pharmazeutischen Industrie
diskutierten gestern bei einer Dialogveranstaltung des Bundesinstituts für
Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn über die letzten
Umsetzungsschritte der Fälschungsschutzrichtlinie. Allein in Deutschland sind
mehr als 700 Millionen Arzneimittelpackungen pro Jahr von den neuen
Sicherheitsmaßnahmen betroffen, die ab dem 9. Februar 2019 gelten. Europaweit
sollen es 10,5 Milliarden Packungen sein, berichtete Andreas Walter, Geschäftsführer
der European Medicines Verification Organisation (EMVO). Bei der EMVO
laufen alle Fäden zur Absicherung der legalen Lieferkette von Arzneimitteln in
Europa über den „EU Hub“ zusammen. Am Ende sollen rund 2.300 Hersteller und
viele Tausend Apotheken über 29 nationale Systeme an das European Medicines
Verification System (EMVS) angebunden
sein. Den deutschen Baustein securPharm lobte Walter dabei als „Klassenprimus“.
Nicht so trivial, wie es aussieht
Die Pharmaunternehmen haben sich nach den Schilderungen von Industrievertretern bereits recht gut für den Tag X präpariert. Sie haben im Vorgriff auf die Umsetzung der neuen Anforderungen teilweise Millionen in neue und modifizierte Produktionsvorrichtungen und aufwändige IT-Systeme investiert. Chargen, die den Unique Identifier nicht tragen, dürfen nach dem Stichtag nicht mehr für das Inverkehrbringen freigegeben werden. Außerdem müssen die Produktdaten rechtzeitig in die Hersteller-Datenbank hochgeladen werden, damit sie beim Auslesen in der Apotheke erkannt werden. Auch das ist nach den Erfahrungen der Firmen keineswegs so trivial, wie es zunächst scheinen mag. „Wir haben gelernt. Wir haben viele Erfahrungen gemacht, aber ich bin sicher, das sind nicht die letzten“, sagte Stephan Schwarze, der bei der Bayer AG verantwortlich in die Umsetzung der Prozesse involviert ist. „Wer als Hersteller sein System nicht im Griff hat, hat ein echtes Problem, denn die Ware ist nicht verkehrsfähig.“
Krankenhäuser europaweit das größte Problem
Das größere Problem liegt aber offenbar bei den Endusern. Wie die stellvertretende Leiterin der Generaldirektion Gesundheit bei der Europäischen Kommission Agnes Mathieu-Mendes berichtete, ist nicht nur die Anbindung der Hersteller, sondern auch der Apotheken inklusive der Krankenhausapotheken und anderer Abgabestellen europaweit immer noch eine große Herausforderung. Diese Einschätzung teilten auch viele andere Experten bei der BfArM-Tagung. Laut Walter sind die Krankenhäuser europaweit das größte Problem. „Viele Mitgliedstaaten stecken hierbei den Kopf in den Sand oder haben sogar eine Verweigerungshaltung“, meinte der EMVO-Chef.
Wie steht es mit der Umsetzung in den Apotheken?
Auch hinsichtlich der Vorbereitungen in den deutschen Offizinapotheken äußerten sich einige Experten skeptisch. Zum Hintergrund: Am 8. November 2017 hatte die ABDA die Landesapothekerkammern und -verbände bei einer Tagung in Berlin über die Funktionsweise von securPharm informiert (ABDA-Informationsveranstaltung zum Thema securPharm), damit diese ihre Mitglieder auf die Einführung vorbereiten können. Zwar haben seit 2013 bereits fast 400 Apotheken erfolgreich am Testbetrieb teilgenommen, aber die Umsetzung in der Fläche könnte noch dauern. In einer Pressemitteilung vom 9. Februar 2018, das heißt genau ein Jahr vor dem Stichtag hatte die ABDA angekündigt, dass die Apotheken ihren Zugang zum securPharm-System ab dem 1. April 2018 beantragen können.
Bis dahin sollten die mehr als 19.000 Apotheken in Deutschland von ihren Softwarehäusern über notwendige Hardware-Anpassungen und Software-Aktualisierungen informiert sein und den Zeitplan für die Umsetzung im laufenden Jahr festlegen, schreibt die Standesorganisation weiter. Damit securPharm im Pflichtbetrieb die Apotheken authentifizieren kann, wurde durch die Netzgesellschaft Deutscher Apotheker (NGDA) das N-Ident-Verfahren zur Ausstellung des N-ID-Zertifikats entwickelt.
Apotheken sollen Übungsphase einplanen
Am 03. April 2018 wurde das Anmeldeportal zum N-Ident-Verfahren für die Apotheken freigeschaltet. Wie auch immer der „Endspurt“ der deutschen Apotheken verlaufen mag, ab dem 9. Februar nächsten Jahres muss in der Offizin vor der Abgabe jede Packung eines rezeptpflichtigen Arzneimittels aus der Datenbank, in der die Seriennummern aller Produkte abgelegt sind, ausgelesen werden. Erscheint beim Scannen eine „rote Ampel“, so muss dies noch lange nicht bedeuten, dass die Packung gefälscht ist, aber sie darf zunächst einmal nicht abgegeben werden. Da die Experten von securPharm und aus der Industrie vor allem in der Anfangszeit noch mit Fehleranfälligkeiten rechnen, raten sie dringend dazu, in den Apotheken eine Übungsphase vor dem Stichtag mit einzuplanen.
BfArM und PEI haben Koordinierungsfunktion bei Verdachtsfällen
In Zukunft müssen die Apotheken dann auch bereits Verdachtsfälle von Arzneimittelfälschungen melden. Hier kommen die Bundesoberbehörden BfArM und Paul-Ehrlich-Institut (PEI) ins Spiel. Sie erhalten alle Verdachtsfälle zur Begutachtung und leiten diese für weitere Maßnahmen an die Landesbehörden weiter. „BfArM und PEI mischen sich jetzt ein, weil sie nachher die Koordinationsfunktion bei Verdachtsfällen auf Fälschungen haben“, erläuterte Michael Horn, Leiter der Abteilung 1 Zulassung im BfArM, der die Tagung moderierte. „Wir haben ein großes Interesse daran, die nicht relevanten Fälle vorher rauszumendeln.“
1 Kommentar
SecurPharm
von Heiko Barz am 10.05.2018 um 10:30 Uhr
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