Gefapixant

Chronischer Husten – gibt es bald ein erstes Arzneimittel?

Meran - 31.05.2018, 11:00 Uhr

Professor Manfred Schubert-Zsilavecz stellt wie bei jedem Pharmacon die neuen Arzneimittel vor Zulassung vor, mit dabei: Gefapixant gegen chronsichen Husten. (Foto: cs/DAZ.online)

Professor Manfred Schubert-Zsilavecz stellt wie bei jedem Pharmacon die neuen Arzneimittel vor Zulassung vor, mit dabei: Gefapixant gegen chronsichen Husten. (Foto: cs/DAZ.online)


Vor allem die Onkologie dominiert den Bereich neuer Arzneimittel, doch auch andere, eher vernachlässigte Therapiegebiete warten mit Innovationen auf. Teilweise klingen die Indikationen wenig dramatisch, wie „chronischer Husten“ – die Patienten leiden dennoch. Und: Bislang gibt es kein zugelassenes Arzneimittel gegen chronischen Husten – das könnte sich mit Gefapixant jedoch bald ändern.

„Wir leben in spannenden Zeiten“, findet Professor Manfred Schubert-Zsilavecz – und meint damit die Entwicklungen im Bereich neuer Arzneimittel. Wie bei jedem Pharmacon stellt der Professor für Pharmazeutische Chemie aus Frankfurt am Main neue Arzneimittel vor der Zulassung vor – so auch am gestrigen Mittwoch in Meran. Schubert-Zsilavecz freut sich, dass die Zahl neu zugelassener Arzneimittel steigt. Anders und anschaulicher formuliert: „Unsere Eltern und Großeltern würden uns um unseren heutigen Schatz an Arzneimitteln beneiden“.

Kein Arzneimittel gegen chronischen Husten

Der Trend der letzten Jahre ist auch 2018 ungebrochen: Insbesondere der onkologische Bereich dominiert bei neuen Arzneimitteln. Aber auch in anderen Bereichen sind neue Therapieoptionen hinzugekommen – so in wenig beachteten medizinischen Problembereichen wie dem des chronischen Hustens. Jedoch: Ein neuer Arzneistoff könnte bald in dieses vernachlässigte Therapiegebiet eingreifen – was für die betroffenen Patienten tatsächlich wohl eine enorme Bereicherung wäre. Der aktuelle Status quo bei der Behandlung des chronischen Hustens ist nämlich, dass es in Deutschland kein zugelassenes Arzneimittel dagegen gibt.

Ursache für chronischen Husten

Was ist chronischer Husten? Extrem selten ist das Beschwerdebild offenbar nicht: Schubert-Zsilavecz spricht von einem „unterschätzten Problem“, man gehe von einer weltweiten Prävalenz von 10 Prozent aus. „Es gibt eine Reihe von Ursachen für chronischen Husten, die sollten auch abgeklärt werden“, sagt Schubert-Zsilavecz, beispielsweise Asthma oder COPD. Er erinnert auch an Arzneimittel, die einen Husten verursachen können, Paradebeispiele sind hier wohl die ACE-Hemmer. Wichtiger Kontext des chronischen Hustens sei die bronchiale Hyperreagibilität, genauso wie das Hustensyndrom der oberen Atemwege, und auch der Reflux sollte bedacht und gegebenenfalls probatorisch behandelt werden, mahnt Schubert-Zsilavecz. Oft sei es jedoch so, dass trotz umfassender Abklärung der Husten über Wochen oder gar Monate als chronischer, refraktärer Husten bestehen bleibt, der dann auch zu behandeln wäre. Neben diesen Ursachen gibt es auch „gefährliche Ursachen für den chronischen Husten“, erklärt der Professor für Pharmazeutische Chemie. So könnten sich hinter chronischem refraktärem Husten auch eine Linksherzinsuffizienz, rezidivierende Lungenembolien oder gar Neoplasien verbergen.

ATP spielt wichtige Rolle bei chronischem Husten

Derzeit gestaltet sich die Therapie dieser Patienten schwierig: So gibt es laut Schubert-Zsilavecz zwar kleine Studien, die eine gewisse Wirksamkeit und ein gewissen Potenzial für Gabapentin, Pregabalin und Amitriptylin oder auch Morphin zeigen – doch, eine Zulassung in dieser Indikation existiert für keines der Präparate. Für die Anwendung bedeutet dies ein klassischer Off-label-Use.  

Hingegen hätten Codein und Noscapin in der Indikation Husten zwar eine Verordnungsfähigkeit, allerdings gibt es für diese beiden Opioid-Abkömmlinge bislang keine Daten, die auch belegen, dass sie b ei chronischem Husten wirkten, erklärt Schubert-Zsilavecz. Und weiter: „Am Ende des Tages bleiben Patienten, die dennoch unter Husten leiden“.

Gefapixant: Antagonist am P2X3-Rezeptor

Begibt man sich auf molekularer Ebene auf die die Spur der Ursache von chronischem Husten, so stößt man auf ATP. Adenosintriphosphat kann zu einer Hypersensibilität der Atemwege führen und zu chronischem Husten führen. Wie wirkt dieses ATP „ATP spielt eine zentrale Rolle bei chronischem Husten“, sagt Schubert-Zsilavecz. Hier rückt ein Subtyp des ATP-Rezeptors immer stärker in den Mittelpunkt des Interesses, um den Hustenreflex zu blockieren: P2X-Rezeptor. Strukturell zeigt dieser eine große Ähnlichkeit mit nicotinischen Acetylcholin- und Glutamatrezeptoren.

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Ein erster Arzneistoff, bislang noch in der Phase-III-Pipeline, ist Gefapixant. Gefapixant wirkt als Antagonist am P2X3-Rezeptor. Die Daten seien vielversprechend und zeigten in Phase II unter Gefapixant (100 mg) eine Reduktion der Hustenanfälle um 75 Prozent gegenüber Placebo, so Schubert-Zsilavecz. Allerdings war Gefapixant auch nicht frei von unerwünschten Arneimittelwirkungen. Die Patienten entwickelten unter Therapie Geschmacksstörungen, die laut Schubert-Zsilavecz reversibel sind. Vielleicht aus diesem Grund lässt Merck die potenziell zulassungsrelevanten klinischen Studien mit geringeren Dosierungen, 15 mg und 45 mg Gefapixant, durchführen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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