Bottroper Zyto-Skandal

Ermittlungen wegen neuer Küchenaustattung für Pharmareferenten

Karlsruhe - 04.06.2018, 10:55 Uhr

Gegen den angeklagten Zyto-Apotheker Peter S. und einen Pharmareferenten wird wegen Verdacht auf Bestechung ermittelt. (Foto: hfd)

Gegen den angeklagten Zyto-Apotheker Peter S. und einen Pharmareferenten wird wegen Verdacht auf Bestechung ermittelt. (Foto: hfd)


Die Verteidigung hatte im Verfahren um womöglich unterdosierte Krebsmittel einen früheren Hexal-Referenten befragt – dieser bestritt Schwarzmarktverkäufe, die den Apotheker entlastet hätten. Womöglich liefen jedoch andere krumme Geschäfte: Wie DAZ.online erfuhr, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Bestechung. Offenbar erhielt der von Hexal gefeuerte Referent eine Küchenausstattung. Welche Gegenleistung es womöglich gab, ist noch unklar.

Um Differenzen in der Menge an eingekaufter und verkaufter Zytostatika-Menge zu erklären, hatte die Verteidigung des angeklagten Apothekers Peter S. mögliche Schwarzmarkteinkäufe ins Spiel gebracht: Der Hexal-Referent Wilfried H. habe zu deutlich unter Marktpreisen liegenden Konditionen Wirkstoffe aus dem Kofferraum heraus verkauft, erklärte sie. Zur Aufklärung des Sachverhalts hatte das Landgereicht Essen im Februar den Mitte 50-Jährigen als Zeugen geladen, der S. seit gut sechs Jahren kennt. Anders als von den Verteidigern erhofft, trug seine Aussage nicht zur Entlastung des Apothekers bei.

Bottroper Zyto-Skandal

Unterdosierte Zytostatika

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Der Referent hatte den Apotheker vor Gericht als „Schlüsselkunden“ bezeichnet, der ein „extrem interessierter“ Apotheker gewesen sei, was Marktentwicklungen betrifft. Den Vorwurf von Schwarzeinkäufen bestritt H. „Es ist in der Form gar nicht möglich, diese Warenflüsse so zu bedienen“, sagte er – auch seien die Einkaufskonditionen so gut gewesen, dass es sich gar nicht gelohnt hätte. „Für den Preis stellt sich keiner ins Parkhaus“, sagte der Referent angesichts von Erklärungen, er habe S. an solchen Orten Zytostatika verkauft. Auch sei die nötige Menge utopisch gewesen. „Das ist ein Volumen, das kriegen sie nicht einmal in einen LKW rein“, erklärte H. Ein Nebenklagevertreter bezeichnet es daraufhin als „ziemlich krude Idee“ der Verteidigung, den Zeugen zu laden.

Doch auf die Frage eines Verteidigers, ob er Vorteile von S. erhalten habe, reagierte H. mit einer Aussageverweigerung – um sich nicht selbst zu belasten. Im Anschluss an seine Vernehmung erklärte die Verteidigung, S. habe ihm Geldgeschenke gemacht – und Möbel im Wert von mehr als 7.000 Euro bestellt. Damit bescherten sie H. eine fristlose Kündigung durch Hexal, und auch ihrem Mandanten neue staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.

Vorprüfung ergab ausreichend Verdachtsmomente

Nach längeren Untersuchungen hat die Staatsanwaltschaft Essen inzwischen ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen den Apotheker Peter S. und H. eingeleitet, erklärte die Sprecherin gegenüber DAZ.online. Es dreht sich um den Verdacht von Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Strafgesetzbuch. Demnach ist es verboten, Angestellten ohne Einwilligung ihres Unternehmens Gegenleistungen anzubieten, um beim Bezug von Waren bevorzugt zu werden. Es droht eine Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Haft – auch für Angestellte, die Vorteile fordern, sich versprechen lassen oder annehmen.

„Es geht dabei um den Erhalt einer Küchenausstattung“, erläutert die Sprecherin der Staatsanwaltschaft die Vorwürfe – das Verfahren sei vor einigen Wochen eingeleitet worden. Unklar ist, was der Apotheker sich von den möglichen Geschenken an den Referenten erhofft hat. „Die ‚Gegenleistung‘ oder ‚erhoffte Gegenleistung‘ ist Gegenstand der Ermittlungen“, sagt die Pressesprecherin.

Für die Verteidigung könnte der Fall zu einem Bumerang werden, denn Anhaltspunkte für Schwarzmarkgeschäfte sieht die Staatsanwaltschaft offenbar nicht. „Ich darf ausdrücklich darauf hinweisen, dass es dabei NICHT um sogenannte ‚Schwarzverkäufe‘ von Medikamenten geht“, betont die Pressesprecherin.

Hexal wollte sich zu den Vorgängen um ihren früheren Mitarbeiter nicht äußern – ein Sprecher ließ auch die Frage unbeantwortet, ob gegen die fristlose Kündigung arbeitsrechtliche Schritte eingeleitet wurden. Rechtsanwälte von S. und H. waren zunächst nicht für eine Stellungnahme erreichbar.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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