Schweres Hyponatriämierisiko

Ärzte unterschätzen das Risiko hypotoner Infusionslösungen

Stuttgart - 08.06.2018, 14:00 Uhr

Die Natrium-Konzentration einer Infusionslösung entscheidet darüber, wie sich die Flüssigkeit
zwischen Extrazellularraum und Intrazellularraum verteilt. (Foto: contrastwerkstatt / stock.adobe.com)

Die Natrium-Konzentration einer Infusionslösung entscheidet darüber, wie sich die Flüssigkeit zwischen Extrazellularraum und Intrazellularraum verteilt. (Foto: contrastwerkstatt / stock.adobe.com)


Symptome falsch interpretiert oder ignoriert

Laut Rote-Hand-Brief interpretierten Ärzte die Symptome einer Hyponatriämie häufig falsch – oder ignorierten sie sogar. Eine Hyponatriämie äußert sich mit eher unspezifischen Symptomen, wie dem Akuten Atemnotsyndrom, Übelkeit und Kopfschmerzen. Bildet sich die Hyponatriämie schnell aus, und ist die Kompensationsmöglichkeit des Gehirns gestört, kann es besonders zu zentral nervösen Symptomen kommen: Hirnödem, Krampfanfälle, Verwirrtheit und Koma, bis hin zum Tod. Sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen können schwere Formen zu hyponatriämischer Enzephalopathie führen.

Für weitere Informationen wird auf die europäische Leitlinie zur Diagnose und Behandlung der Hypotnatriämie verwiesen.  

Bei welchen Patienten zu besonderer Vorsicht geraten wird

  • Patienten mit erhöhter ADH-Ausschüttung
  • Kinder
  • Frauen während der Entbindung
  • Patienten in postoperativer Phase
  • Patienten mit Leberversagen

Bei  Patienten  mit  erhöhter  ADH-Ausschüttung (Vasopressin), besonders bei Störung der Druck-Volumen-Beziehung im Gehirn, sei die Gabe entsprechender Infusionslösungen mit einem besonders hohen Risiko für das Entstehen einer progressiven Hyponatriämie (HAH, hospital-acquired hyponatremia) verbunden. Durch eine pathologisch erhöhte Sekretion des antidiuretischen Hormons kommt es zur Wasserretention und Verdünnungshyponatriämie. Durch seine periphere Wirkung dient das antidiuretische Hormon nämlich hauptsächlich der Rückresorption von Wasser aus dem Primärharn. Durch ihr höheres Hirn-Schädel-Verhältnis seien auch Kinder einem erhöhten Risiko ausgesetzt.

Was es zu beachten gilt

  • Nach Verabreichung der betreffenden Infusionen beziehungsweise als Folge der Metabolisierung und dem schnellen aktiven Transport von Glucose in die Zellen kann der Effekt der Zufuhr von freiem Wasser hervorgerufen werden (sogenannte physiologisch hypotone Lösungen).
  • Eine intravenöse Gabe glucosehaltier Flüssigkeiten kann zu Elektrolytungleichgewichten führen, insbesondere in Abhängigkeit vom Natriumgehalt, dem Volumen und der Infusionsrate der Lösung – sowie in Abhängigkeit des klinischen Zustands des Patienten und seiner Fähigkeit Glucose zu verstoffwechseln. Es ist also auf die korrekte Indikationsstellung zu achten.
  • Definitionsgemäß liegt eine schwere Hyponatriämie bei Serumnatrium <130 mmol/l vor. Daraus kann eine akute hyponatriämische Enzephalopathie entstehen und zu irreversiblen Hirnschäden, sowie zum Tod führen.
  • Das Flüssigkeitsgleichgewicht muss im Bedarfsfall vor und während der Gabe von Elektrolyt- und/oder kohlenhydrathaltigen intravenösen Flüssigkeiten überwacht werden – also Serumglucose, Serumnatrium und andere Elektrolyte. Das gilt vor allem bei Patienten mit dem Syndrom der inadäquaten Sekretion des antidiuretischen Hormons (SIADH). Sowie bei Patienten, die gleichzeitig mit Vasopressin-Agonisten behandelt werden z.B. Desmopressin und Terlipressin (selektiver V-Rezeptor-Agonist zur Behandlung blutender Ösophagusvarizen). 



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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