Verhältnis Beiträge-Leistung

Kammer Nordrhein lehnt ABDA-Haushaltsentwurf ab

Berlin - 13.06.2018, 17:55 Uhr

Die Kammer Nordrhein von Präsident Lutz Engelen will den Haushaltsentwurf der ABDA ablehnen, einen Sitz im G-BA, einen Sicherstellungsauftrag und vergütete pharmazeutische Dienstleistungen erreichen. (Foto: Schelbert)

Die Kammer Nordrhein von Präsident Lutz Engelen will den Haushaltsentwurf der ABDA ablehnen, einen Sitz im G-BA, einen Sicherstellungsauftrag und vergütete pharmazeutische Dienstleistungen erreichen. (Foto: Schelbert)


Sicherstellungsauftrag für die Kammern, Sitz im G-BA

Es folgten die oben angesprochenen Diskussionen in den Themenbereichen Freier Heilberuf, Verhältnis zur Ärzteschaft, Sicherstellung der flächendeckenden Versorgung, Digitalisierung und Wirtschaftlichkeit. Im ersten Themenfeld diskutierten die Jungapotheker und Engelen mit einem Vertreter des Verbandes Freier Berufe in Nordrhein-Westfalen. Im Anschluss stellten die Delegierten eine Resolution auf die Beine, in der sie sich gegen die Industrialisierung und Ökonomisierung bei den freien Heilberufen aussprechen. Zweiter Diskussionspunkt: Die Zusammenarbeit mit den Ärzten. Als Gast war hier ein Vertreter der Ärztekammer Nordrhein geladen – gemeinsam sprach man darüber, wie man etwa im Bereich Fort- und Weiterbildung die interprofessionelle Zusammenarbeit stärken könnte. Die Delegierten verabschiedeten zudem einen Antrag zum Deutschen Apothekertag (DAT), der dieses Thema ansprechen soll.

Sicherstellungsauftrag: Apotheker bestimmen in der Arzneimittelversorgung

Drittens ging es um das Thema „Flächendeckende Versorgung“. Geladen war hier ein Landrat aus Euskirchen, der laut Teilnehmern darüber berichtete, welchen Stellenwert die Apotheke vor Ort und die Ärzte im Alltag der Landbevölkerung haben. Auch an dieser Stelle beschloss die Kammer einen weitreichenden DAT-Antrag: Die AKNR wird sich beim DAT dafür aussprechen, dass den Apothekerkammern ein gesetzlicher Sicherstellungsauftrag zukommt. Das würde bedeuten, dass die Kammern (ähnlich wie die Kassenärztlichen Vereinigungen) dafür verantwortlich sind, wer zur Versorgung zugelassen wird und wie die Versorgung gestaltet wird. AKNR-Präsident Engelen wirbt seit Monaten für einen solchen Vorschlag als Reaktion auf das EuGH-Urteil zur Preisbindung.

Digitalisierung: Neue AG soll gebildet werden

Und auch beim vierten Diskussionspunkt, der Digitalisierung, gab es einen wichtigen Beschluss der AKNR: Die Delegierten legten fest, dass es in der AKNR künftig eine eigene Arbeitsgemeinschaft zum Thema Digitalisierung geben wird. Bislang gab es eine solche AG nur im Landesapothekerverband Baden-Württemberg. Zudem erstellten die Kammerdelegierten einen DAT-Antrag, der vorsieht, dass die ABDATA-Arzneimitteldatenbank zum Modell anderer Datenbanken wird. Die Apotheker wollen vermeiden, dass im Markt verschiedene Datenbanken mit verschiedenen Informationsständen angeboten werden.

Festen Apotheker-Sitz im G-BA

Letztlich besprachen die Apotheker das Thema „Wirtschaftlichkeit“. Sie einigten sich gleich auf mehrere DAT-Anträge, in denen es unter anderem um die Bedeutung des Fixhonorars geht, weil es für Planbarkeit sorge. In einem anderen Antrag fordert die Kammer zudem, dass im SGB V endlich die Rechtsgrundlage für die Durchführung pharmazeutischer Dienstleistungen geschaffen wird. Bislang sieht das SGB V diese Leistungen nicht vor, weswegen einige Kassenbehörden der Vergütung der Leistungen widersprechen. Schließlich einigten sich die Delegierten auf einen Antrag, der schon mehrfach beim DAT diskutiert wurde, aber nie zu Konsequenzen führte: Die AKNR will, dass die Apotheker einen ständigen Sitz im Gemeinsamen Bundesausschuss erhalten, um die Versorgung und die Vergütung der Apotheker an entscheidender Stelle mitzugestalten.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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5 Kommentare

Haushalt 2019 ?

von Heiko Barz am 15.06.2018 um 12:12 Uhr

Unanständig abstruse Ignoranz der in der ABDA Entscheidenden. Jeder derer, die dort das Geld der Zwangsmitglieder "verprassen", weiß haargenau, wie es um die sehr differenzierten finanziellen Voraussetzungen der Deutschen Vor Ort - Apotheken steht. Die Basis, gezwungen durch ständige gesetzlich bestimmte Mehrbelastungen, teilweise durch ABDA eigene Zwangsmaßnahmen hervorgerufen, ist gezwungen den Rotstift an allen möglichen Ausgabeparametern anzusetzen, nur davon gibt es immer weniger, die zur Entspannung beitragen können.
Und nun, mit Wissen all dieser Depressionsparameter, wird schnell mal der Beitrag erhöht. Das neue "Palais" wird dann wohl doch teurer als vorgesehen und da muß vorgesorgt werden mit welcher fadenscheinigen Argumentation auch immer.
In der Kenntniss vergangener APO-Tage ist dennoch eine zukünftige Änderung dieser ABDA-Strategie durch die Deligierten nicht zu erwarten.
Wie haben sich denn die Deligierten an diesen Berufsverbandstagen entschieden, als es um das berufsvernichtende EUGH Urteil und 2hm Gutachten ging??
Markige Worttiraden des Vorsitzenden und beifallklatschende Deligierte, die dann auch zur Wiederwahl des Vorstandes ihre Stimme gaben. Und wie sagt man so schön: sie haben bis heute nichts geliefert.
Wir werden von allen Seiten ständig zur Flexibilität ermahnt und welche unserer Berufs-Funktionen bewegt sich am Wenigsten? Die ABDA
Wenn wir nur wüßten, was F. Sch. mit J. Sp. verhandelt und unter Verschluß gebracht hat, dann gäbe es vielleicht Erklärungen. J.Sp's Facebook Auftritte lassen da ja einiges offen.

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Gesetzlicher Sicherstellungsauftrag

von Gunnar Müller, Detmold am 14.06.2018 um 13:28 Uhr

Wer so etwas fordert, ohne der Politik gegenüber die Vollkostenrechnung für einen solchen Auftrag aufzumachen, der handelt fahrlässig!
Allen Befürwortern empfehle ich, einmal bei der entsprechenden KV nachzufragen, wie glücklich die gerade mit ihrem gesetzlichen Auftrag ist ...
Nein, DIESEN Auftrag sollten wir nicht übernehmen, vor allem nicht freiwillig. Und wenn, dann sollten wir ihn uns so teuer wie möglich entgelten lassen!!
An dieser Stelle möchte ich noch einmal an die unzulänglichen Regelungen unserer sog. Standesvertreter zur Dynamisierung des Packungsaufschlags erinnern ...

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Kammerversammlung Nordrhein

von Veit Eck am 13.06.2018 um 21:10 Uhr

Ein erster Teilerfolg - Wir haben 4 deutliche Fragen zur ABDA MV gestellt, und schon war das Tor auf. Die ABDA Führung hat an der Basis jeden Kredit verloren. Immer mehr Geld von den Kammern und Verbänden per MV Beschluss sich genehmigen lassen und dafür Null Erfolge abliefern, das geht nicht mehr. Wenn die Delegierten aus anderen Bereichen auf dem DAT im Oktober das genauso sehen, wird es diesmal richtig heiß.

Was wir brauchen sind Visionen, Konzepte für eine digitale Zukunft und eine machtvolle Lobbyarbeit für den Erhalt der öffentlichen Apotheke.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Kammerversammlung Nordrhein

von gerd reitler am 13.06.2018 um 21:49 Uhr

Sie schreiben: "Was wir brauchen sind Visionen, Konzepte für eine digitale Zukunft und eine machtvolle Lobbyarbeit für den Erhalt der öffentlichen Apotheke. "

--> und einen Montgommery, der uns eloquent und erfolgreich vertritt.

Wenn Staat und Kassen Mehrleistung erwarten, müssen diese auch bereit sein diese zu entlohnen.
Jede Mehrarbeit eines Handwerkers wird auf Stundenbasis um die 50,- € für einen Gesellen abgerechnet.


Als Info für alle Fremdleser (also für Nicht-Apotheker):
Studierte Apotheker stellen eine Rezeptur mit einem Zeitaufwand von einer Stunde für 13,-€ her. Das ist unter Mindestlohn! Das machen wir aus Gemeinwohlpflicht.
Jeder Handwerker und jeder BWLer würde eine derartige unwirtschaftliche Dienstleistung ablehnen.
Wir nicht, weil wir uns den Menschen und deren Gesundheit verpflichtet fühlen und auch nachts um 1 Uhr aufstehen, damit jeder kranke Mensch in Deutschland sein dringend benötigtes Medikament erhält.

AW: Kammerversammlung Nordrhein

von Wolfgang Müller am 14.06.2018 um 10:51 Uhr

Lieber Kollege Reiter,

wenn wir uns hier schon an "Fremdleser wenden", dann sollten wir diese nicht verkohlen:

Gerade die Kammer Nordrhein - aber auch etliche andere, und vor Allem auch der eine oder andere Verband - muss sich endlich mal die Frage stellen, ob diese uralte "Rezeptur und Labor muss DEFIZITÄR sein"-Doktrin wirklich zum Erhalt der Öffentlichen Apotheken taugt. Also aktuell gerade: Gegen den Versand.

Oder ob nicht genau die Beseitigung dieses Rezeptur-Defizits nötig wäre, um mit dem Versand dauerhaft flächendeckend konkurrieren zu können, ob mit oder ohne Rx-Versandverbot.

Zu fragen wäre auch mal, ob diese Doktrin nicht in Wirklichkeit schon lange eher zum Nachwuchsmangel durch Abschreckung und damit erst recht zum Verschwinden gerade der zur Flächendeckung benötigten kleineren bis durchschnittlichen Apotheken entscheidend beiträgt.

Ich höre von gerade in die Apothekerei eingestiegenen jungen Kollegen mit viel größerer Lust auf BERATUNG in höchster Qualität in letzter Zeit immer häufiger, dass sie keine Lust haben, sich in so einer Branche selbständig zu machen. In dem der Herstellungs-Bereich DEFIZITÄR ERZWUNGEN statt attraktiv honoriert wird. Und zu über 50 Prozent aus bewusst unbeherrschbaren oder obsoleten Vorschriften und als Folge dessen auf dauernden Lebenslügen basiert. Zu der sie selber auch verpflichtet wären, wenn Sie die Verantwortung für das revisionsfähige Überleben einer normalgroßen Apotheke übernehmen würden. Ohne das hier NOCH näher ausführen zu wollen.

Die von Ihnen angesetzten 13 Euro Stundenlohn zeigen sowieso schon, dass Rezeptur defizitär ist, denn die beteiligten Mitarbeiter kosten viel mehr. Aber es fehlt ja noch die Erwähnung der ausschließlich für die Rezeptur vorgeschrieben Wareneingangsprüfungen der Ausgangsstoffe im Labor. Sowie sämtliche sonstigen Kosten, um das Alles überhaupt erst zu ermöglichen!

Damit die von Ihnen so schön dargestellte Opfer-Leistung der Apotheken als "Gemeinwohl" zustande kommen kann, ist ein deutlich fünfstelliger Sockelbetrag für JEDE Apotheke vorzuhalten (Räume, Geräte, Wartung bis hin zu Revisions- und Revisionsfolgekosten). Das ist also schon mal für Kleinere wesentlich belastender. Dann kommt in vollkommen unterschiedlicher Höhe und damit vollkommen ungerecht verteilt das Defizit aus den laufenden Rezepturen und Prüfungen dazu. Eine rein schicksalhafte Verteilung, denn wer kann schon die Nähe mehrerer Hautärzte, oder ob diese eher nach Ersatz-Fertigpräparaten zu suchen bereit sind oder nicht, wirklich beeinflussen?

Niemand kann einem des betriebswirtschaftlichen Rechnens kundigen "Fremdleser" weismachen, dass diese unsäglich ungerecht unter den Apotheken verteilten und teils sogar vollkommen überflüssigen "Rezeptur- und Laborkosten" ein Geschenk der Apothekerschaft an die Gesellschaft wären. Zum großen Teil entstehen Sie ja für überflüssige Rezepturen, und sie werden ja außerdem zu Lasten der Versichertengemeinschaft auf die Packungshonorare umgelegt.

Das ist also nicht wohltätig, sondern nur ungerecht innerhalb der Apothekerschaft und betriebswirtschaftlich sehr unsauber und volkswirtschaftlich unehrlich. Sollte - aus welchen mir weiter nicht nachvollziehbaren Gründen auch immer - die Apothekerschaft an diesem Marketing-Instrument "Defizitäre Rezeptur und Labor" unbedingt weiter festhalten wollen, dann müsste das daraus offensichtlich resultierende Problem als gemeinschaftliche Aufgabe entweder durch interne Umlage unter den Apotheken gelöst werden, um die höher belasteten davor zu retten. Oder es müssten zentrale, spezialisierte Apotheken als Contract-Manufacturer wie in anderen Ländern erlaubt und eingerichtet werden, die Rezepturen dann eben für alle herstellen dürfen, die es selber wirtschaftlich nicht leisten können oder wollen.

Aber das ist immer noch DERMASSEN ein Außenseiter- und Tabu-Thema in der Beharrungs-starken verfassten Apothekerschaft. Die Notwendigkeit einer Diskussion hierüber wird ungefähr genauso verdrängt und ggf. auch in Gremien-Diskussionen abgekanzelt wie die Notwendigkeit einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion über die Unmöglichkeit der aktuellen Art der Massentierhaltung in einer sich zivilisiert nennenden Bürger-Gemeinschaft.

PS, um die härtesten Aufreger zu vermeiden: NATÜRLICH ist Massentierhaltung sehr viel schlimmer. Nur um die grundsätzliche Fähigkeit zur Verdrängung aus Bequemlichkeit geht es.

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