Großbritannien

Urteil: Homöopathie bleibt von der Erstattung ausgeschlossen

Remagen - 13.06.2018, 11:40 Uhr

Nach einem Urteil des englischen High Court bleibt die Homöopathie in Großbritannien von der Erstattung ausgeschlossen. (Foto: Imago)

Nach einem Urteil des englischen High Court bleibt die Homöopathie in Großbritannien von der Erstattung ausgeschlossen. (Foto: Imago)


Homöopathische Arzneimittel sollen in England nicht mehr zu Lasten des National Health Service (NHS) verschrieben und abgegeben werden. So steht es in einer Leitlinie, die Ende vergangenen Jahres in die Welt gesetzt wurde. Der britische Homöopathie-Verband wollte das nicht hinnehmen und machte Mängel an dem Anhörungsverfahren zu der Leitlinie geltend. Die Anfechtung wurde jedoch jetzt vom Höchsten Gericht abgewiesen.

Im Dezember 2017 hatte der Nationale Gesundheitsdienst von England (NHS England) neue Leitlinien für die Allgemeinärzte und die Beschaffungsdienste des NHS (Clinical Commissioner Groups, CCPs) herausgegeben, wonach bestimmte Arzneimittel, die möglicherweise nicht wirksam oder von geringem klinischem Wert sind, nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zum erstattungsfähigen Repertoire des NHS gehören sollen. Von dieser Maßnahme erhofft sich der NHS Einsparungen von bis zu 141 Millionen Pfund pro Jahr. Zu den Leitlinien war im Frühjahr 2017 ein Anhörungsverfahren durchgeführt worden.

Begrenzter Spareffekt durch Homöopathika

Nach den neuen Vorgaben sollen unter anderem auch Homöopathika und pflanzliche Arzneimittel nicht mehr bezahlt werden. Für diese gebe es keine klare oder robuste Evidenz, so die Begründung. Die NHS-Beschaffungsdienste sollen den Ärzten in der Primärversorgung dazu raten, neuen Patienten keine homöopathischen Arzneimittel mehr zu verschreiben und Patienten, die diese derzeit bekommen, auf andere Therapien umzustellen. „Die Homöopathie beruht bestenfalls auf dem Placebo-Prinzip und führt zu einem falschen Einsatz von Steuergeldern“, hatte NHS-Chef Simon Stevens dazu in einer Pressemitteilung erklärt. Der Spareffekt könnte in diesem Bereich allerdings sehr begrenzt sein. Laut NHS-Daten gab der Gesundheitsdienst im vergangenen Jahr nur etwas mehr als 92.000 Pfund für Homöopathika aus.

Homöopathie-Verband forderte rechtliche Überprüfung

Der Britische Homöopathie-Verband wollte sich mit der Entwicklung nicht zufriedengeben und beantragte bereits im Oktober 2017 eine rechtliche Überprüfung des Ausschlussverfahrens. Er vertrat die Auffassung, dass das Anhörungsverfahren dazu „von Anfang an grundfalsch“ war. Für den Vorschlag seien keine Homöopathie-Experten und Praktiker hinzugezogen worden. Auch sei die Öffentlichkeit nicht einbezogen und mit ausreichenden Informationen dazu versorgt worden, um hierzu fundiert Stellung nehmen zu können, so der Vorwurf. In einem Blog-Post auf seiner Webseite hatte sich der BHA Anfang Mai nach viertägiger Verhandlung noch zuversichtlich gegeben, dass die gerichtliche Anfechtung des Verfahrens zu seinen Gunsten ausgehen würde.

Richter weisen Antrag der Homöopathie-Unterstützer zurück

Es kam jedoch anders. Die Argumente der Homöopathie-Anhänger fanden vor dem Höchsten Gericht von England und Wales (High Court of England and Wales) kein Gehör, meldet das Apotheker-Nachrichtenportal „chemstanddruggist.co.uk“. Der Richter Sir Michael Alan Supperstone kam in seinem Urteil vielmehr zu dem Schluss, dass es keine Beweise für eine Verzerrung oder Vorbestimmung des Ergebnisses von Seiten des NHS England gegeben habe. Die von der BHA vorgebrachten Gründe für die Anfechtung seien allenfalls „diskutabel“. Deswegen werde die Anfechtung zurückgewiesen.

Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert?

Während der Chef von NHS England Simon Stevens die „klare Entscheidung“ des Hohen Gerichts „nachdrücklich“ begrüßt, herrscht beim Britischen Homöopathie-Verband große „Enttäuschung“ über das Urteil: Auf der Webseite des BHA wird noch einmal tüchtig nachgetreten: „Es ist wichtig zu bedenken, dass die wahren Verlierer bei diesem Fall die Patienten sind“, betont die BHA-Vorsitzende Margaret Wyllie. „Ihnen wird jetzt eine Behandlung verweigert, auf die sie angewiesen sind.“ Der Fall mache deutlich, wie Gesundheits-Bosse unfair den Konsultationsprozess manipulierten und Entscheidungen über Gesundheitsleistungen träfen, ohne echte Einbindung der Patienten. Die einzige Information, die NHS der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt habe, sei ein veralteter Report mit einer kritischen Einstellung zur Homöopathie, der zudem sehr komplex sei und 275 Seiten umfasse, nach Meinung des BHA keine adäquate Grundlage für eine informierte Meinungsbildung der Öffentlichkeit.

Homöopathie gezielt „auf dem Kieker“?

Weiters wird bemängelt, dass NHS England in seiner Pressemitteilung zur Förderung der öffentlichen Konsultation nur eine einzige negative Aussage gemacht habe, und diese habe sich auf die Homöopathie bezogen. Dabei hätten bei dem Ausschlussverfahren insgesamt 18 Behandlungen zur Diskussion gestanden. „Die Feststellung war so abträglich und wurde in den Medien so breit berichtet wurde, dass die Entscheidung, Patienten homöopathische Arzneimittel zu verweigern, bereits getroffen war“, führt Wyllie ins Feld und äußert ihr Erstaunen darüber, dass der Richter, diesen „bewussten Versuch von NHS England, die Öffentlichkeit damit nachteilig zu beeinflussen“, nicht erkannt habe.

Dennoch wolle sich der Verband dadurch bei seinen Bemühungen um die Förderung der Homöopathie nicht entmutigen lassen, verspricht die Verbandsvorsitzende. Immer mehr Menschen seien auf der Suche nach einem eher ganzheitlichen Ansatz für ihre Gesundheitsversorgung, und der BHA werde weiter darum kämpfen, ihnen das zu ermöglichen.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Toll!

von Thomas Börner am 14.06.2018 um 21:07 Uhr

92.000 Pfund, das bringt ja richtig was!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Toll!

von RPGNo1 am 15.06.2018 um 11:09 Uhr

a) Kleinvieh macht auch Mist.
b) Es hat eine Signalwirkung, dass pseudomedizinische Behandlungsmethoden ohne nachgewiese Evidenz nicht länger auch noch finanziell unterstützt werden.
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/internationales/england-aus-fuer-homoeopathie-auf-rezept/?tx_aponews_newsdetail%5B%40widget_4%5D%5BcurrentPage%5D=2&tx_aponews_newsdetail%5B%40widget_4%5D%5BitemsPerPage%5D=1&cHash=aec82eeffd80385116db9c2fd22ea2fe
Unsere eigenen gesetzlichen Krankenkassen können sich leider noch nicht zu dem Schritt durchringen, die Erstattung von Homöopathika einzustellen.

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