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13. Juni 2018
Zum Glück gibt es sie noch, die tapferen Funktionärs-Apothekerinnen und -Apotheker die sich trauen, ihre Stimme kritisch in Richtung ABDA zu erheben. Die Vorsitzende der Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL), Heidrun Hoch, gehört dazu. Sie kann dem nach ihrer Ansicht passiven Verhalten der Standesvertretung nichts mehr abgewinnen. Während zahlreiche politische Unwägbarkeiten die Apothekerinnen und Apotheker an der Basis belasten, so Hoch, entzieht sich die ABDA dem Dialog. Hoch bringt es auf den Punkt: Die Hütte brennt und die ABDA schaut zu. Die TGL-Vorsitzende macht auch darauf aufmerksam, dass man nicht nicht kommunizieren kann und fragt, welche Botschaft die ABDA durch ihr Schweigen überbringen will. Die Politik fordere schon lange Vorschläge von den Apothekern ein, „aber warum liefert die ABDA nicht?“, so Hoch. Mein liebes Tagebuch, gute Frage!
Auch der brandenburgische Kammerpräsident Jens Dobbert gehört eher zu den Funktionären, die bei dem Wort ABDA nicht an Ja und Amen denken, sondern das Treiben bzw. Stillschweigen im Berliner Lindencorso kritisch hinterfragen. Für Dobbert stellt sich das Verhalten unserer Berufsvertretung so dar wie man es landauf, landab wahrnimmt: Seit sich die ABDA-Führung mit dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn getroffen habe, „könnte man glauben, sie existiert nicht mehr“. Und beim Thema Digitalisierung und Telematik hat Dobbert den Eindruck, die ABDA verschlafe die Entwicklungen. Mein liebes Tagebuch, prägnanter kann man es kaum ausdrücken. Und wenn solche Worte sogar von einem Kammerpräsidenten kommen, der doch eigentlich ganz nah am Informationsfluss des inneren ABDA-Zirkels steht, dann ist das besonders bemerkenswert: Unter der Schweigestrategie leidet nicht nur die Basis, sondern sogar die Mitgliedsorganisationen sind unmittelbar betroffen. Mein liebes Tagebuch, was ist das für ein Verband, der so wahrgenommen wird! Dobbert bringt seine Unzufriedenheit mit der ABDA-Arbeit in dem treffenden Bild auf den Punkt: „Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten“. An einem solchen Bahnhof sieht Dobbert die ABDA stehen. Die ABDA werde jedenfalls vergeblich an ihrem Bahnhof auf ein Schiff warten – eher werde ein ICE mit der Aufschrift „Digitalisierung“ mit enormer Schnelligkeit vorbeifahren. „Und wenn das Lindencorso aufwacht, ist es womöglich zu spät“, so Dobbert. Mein liebes Tagebuch, wie süß, dieses Bild. Und wie bitter die Wahrheit, die dahinter steckt. Wir dürfen gespannt sein, ob und wann sich endlich noch weitere kritische Stimmen zu Wort melden. Der nächste Apothekertag könnte ein Forum dafür sein…
Bemerkenswert der Vortrag von Peter Froese, Chef des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, auf der brandenburgischen Kammerversammlung. Er versucht mit seiner Botschaft Mut zu machen, bei der Digitalisierung nicht wegzusehen, sondern sie aktiv anzupacken. Einige seiner Thesen: Trotz Risiken sei es jetzt richtig und wichtig , auf die Telematik zu setzen. Denn: Was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert. Apotheken werden da nicht ausgenommen. Die Apotheken müssten auch akzeptieren: „Bequemlichkeit schlägt alles“ und „Digitalisierung geht nicht weg“. Mein liebes Tagebuch, wie wahr! Hört man in die Länder, z. B. in Richtung Bayern, und ins Berliner Headquarter hinein, scheint diese Botschaft nicht überall angekommen oder gar verstanden worden zu sein. Wann lernt man da umzudenken?
Entschlossen zeigten sich Apothekerinnen und Apotheker der Kammerversammlung Nordrhein. Sie stimmten spontan darüber ab und sprachen sich mit großer Mehrheit dafür aus: Einer von der ABDA geplanten Erhöhung des ABDA-Haushalts um rund 3,5 Prozent wird die Kammer Nordrhein nicht zustimmen. Grund: Das Verhältnis Beiträge zu Leistung stimme da nicht mehr. Mein liebes Tagebuch, das ist konsequent. Die Kammerversammlung verabschiedete außerdem einige Anträge, die beim kommenden Deutschen Apothekertag eingebracht werden. Beispielsweise ging es um einen Antrag, dass den Apothekerkammern ein gesetzlicher Sicherstellungsauftrag zukomme – es ist der Leib- und Magenantrag des Kammerpräsidenten Engelen. Die Kammern sollen nach seinem Verständnis dafür verantwortlich sein, wer zur Versorgung zugelassen und wie die Versorgung gestaltet wird. Mein liebes Tagebuch, fraglich, ob das überregional mehrheitsfähig ist. Weit interessanter ist allerdings der Antrag, mit dem sich die Kammerversammlung dafür ausspricht, dass die Apotheker einen ständigen Sitz im Gemeinsamen Bundesausschuss erhalten sollen, um entscheidend im Gesundheitswesen mitgestalten zu können. Der ABDA wird so ein Antrag, der nicht zum ersten Mal auf einem Apotag zur Sprache kommt, vermutlich nicht sonderlich gefallen.
14 Kommentare
„Bequemlichkeit schlägt alles“ ...
von Reinhard Rodiger am 18.06.2018 um 14:39 Uhr
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@Katja
von Gunnar Müller, Detmold am 17.06.2018 um 20:54 Uhr
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Heiko Maas
von Christian Redmann am 17.06.2018 um 19:56 Uhr
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AW: Leider, lieber Christian,
von gabriela aures am 17.06.2018 um 20:52 Uhr
AW: Nachtrag :
von gabriela aures am 17.06.2018 um 20:55 Uhr
Haushalt
von Dr.Diefenbach am 17.06.2018 um 15:47 Uhr
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Lex DocMorris?
von Uwe Hüsgen am 17.06.2018 um 15:10 Uhr
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Abdataucht
von Reinhard Rodiger am 17.06.2018 um 14:33 Uhr
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Klare Kante ABDA (2)
von Gunnar Müller, Detmold am 17.06.2018 um 13:18 Uhr
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Abda
von Conny am 17.06.2018 um 11:41 Uhr
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Schweigen. nix sagen, nix wagen!
von Christian Giese am 17.06.2018 um 9:17 Uhr
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Wer schweigt , ist mitverantwortlich
von Ulrich Ströh am 17.06.2018 um 8:44 Uhr
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AW: Wer schweigt , ist mitverantwortlich
von Katja Neueree am 17.06.2018 um 19:42 Uhr
AW: Wer schweigt , ist mitverantwortlich
von Ulrich Ströh am 17.06.2018 um 23:26 Uhr
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