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Kommentar zum EU-Versandhandel
Schwieriges Heimspiel
Für Deutschland hat die Weltmeisterschaft noch nicht begonnen, aber es droht ein gefährlicher Rückstand. Im Spiel gegen die Niederlande geht es diesmal nicht um Fußball, sondern um den Arzneimittel-Versandhandel. Hochrangige Politiker auf deutscher Seite und Vertreter der Apothekerschaft scheinen bei diesem Konflikt jedoch nicht in Topform zu sein. Ein Kommentar von DAZ-Chefredakteur Dr. Armin Edalat.
Man kann es der niederländischen Regierung eigentlich nicht verübeln: In Zeiten, in denen transatlantische Handelsbeziehungen auf eher wackeligen Beinen stehen, sollte wenigstens der europäische Binnenmarkt einwandfrei laufen. Und so kam es zu einem Treffen zwischen Außenminister Stef Blok und seinem deutschen Amtskollegen Heiko Maas.
Doch bei ihren Gesprächen ging es nicht um Stahl, Aluminium oder Autos, sondern um den eher überschaubaren Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln für Patienten in Deutschland. Vor allem sind Unternehmen wie DocMorris in Heerlen oder Shop Apotheke Europe in Venlo an dem Geschäft beteiligt.
Sollte die Bundesregierung das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel umsetzen, wären anscheinend mehr als 1000 niederländische Arbeitsplätze gefährdet. Das versuchen die Niederländer nun mit allen politischen Mitteln zu verhindern und setzen sich für die Interessen ihrer Wirtschaft ein.
Beitrag von Prof. G. Schweim in der DAZ zum Thema EU-Versand
Rabattschlacht gefährdet Vor-Ort-Apotheken
Auf deutscher Seite geht es theoretisch um 160.000 Arbeitsplätze und weniger um Konzerninteressen. Der grenzüberschreitende Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln lässt das hiesige Apothekensystem ins Schlingern geraten, das eigentlich sorgsam austariert sein muss. Spätestens seit dem EuGH-Urteil vom Oktober 2016 fühlen sich die Versender bestätigt, auf Rezepte aus Deutschland hohe Preisnachlässe zu gewähren.
Zugegeben – im Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel war der Marktanteil der Versender 2017 mit 1,1 Prozent noch recht klein, doch seit dem Urteil beobachtet man eine signifikante Zunahme ihrer Umsatz- und Absatzzahlen. Es gibt Prognosen, die der Branche Marktanteile von mittelfristig zehn Prozent und langfristig 25 Prozent beim Handel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vorhersagen. Eine Rabattschlacht mit ausländischen Kapitalgesellschaften würden die Vor-Ort-Apotheken zweifellos verlieren. Die flächendeckende Arzneimittelversorgung mit persönlicher Beratung, Nacht- und Notdiensten, patientenindividuellen Rezepturen und Akutbelieferung in dringenden medizinischen Fällen könnten die Apotheken unter diesen Voraussetzungen nicht mehr erfüllen. Es steht also mehr auf dem Spiel als die vorgetragenen Schicksale von 1000 Arbeitnehmern und einigen Aktionären – zumal es durch Konsolidierung im Markt der Versender immer wieder zu rigorosen Stellenstreichungen und Entlassungen kommt.
3 Kommentare
Im Grund
von Karl Friedrich Müller am 15.06.2018 um 15:35 Uhr
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AW: Im Grund
von Karl Friedrich Müller am 15.06.2018 um 16:22 Uhr
Das große Schweigen
von Ulrich Ströh am 15.06.2018 um 9:53 Uhr
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