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Kommentar zum EU-Versandhandel
Schwieriges Heimspiel
Feuerlöscher Rx-Versandverbot
Ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel würde in Folge des EuGH-Urteils dafür sorgen, dass im deutschen Gesundheitssystem nach wie vor die Arzneimittelpreisbindung gilt. Feste Arzneimittelpreise sollen Patienten, Leistungserbringer und Kostenträger gleichermaßen vor willkürlicher oder marktdynamischer Preisgestaltung schützen.
Mit dem Rx-Versandverbot könnte der Gesetzgeber wenigstens einen der Spieße zwischen Versendern und Apotheken wieder gleichlang machen. Das Verbot wäre also ein juristischer Feuerlöscher bevor der Funke zum Flächenbrand wird. Denn auch viele weitere Aspekte bleiben im Hinblick auf die Arzneimittelversender ungeklärt: Außerhalb des Geltungsbereiches deutscher Gesetze dürfen Arzneimittel zu ganz anderen Konditionen eingekauft werden. Darüber hinaus fallen keine Gemeinwohlpflichten an und die ausländischen Behörden überwachen die Betriebe offenbar weniger streng. Prof. Harald Schweim zeigt in seinem aktuellen DAZ-Artikel auf, dass der niederländische Gesetzgeber die Aufsicht über die Versender mittlerweile in die Verantwortung desjenigen EU-Staates gelegt hat, in den die Waren verschickt werden.
Behörden in Deutschland müssten demnach DocMorris und Co. bescheinigen, dass sie den Anforderungen des Arzneimittel- und Apothekenrechts entsprechen und Patienten hierzulande beliefern dürfen. Liegt der Ball nun etwa in der eigenen Hälfte?
Nach der Abwehr folgt der Konter
Was deutschen Politikern und Apothekern klar sein muss: Ein Allheilmittel mit Ewigkeitsgarantie ist das Rx-Versandverbot nicht. Umso wichtiger ist es, dass im Berufsstand die Bereitschaft besteht, auf grundlegende Veränderung nicht nur zu reagieren, sondern sie aktiv mitzugestalten.
Die Äußerungen der Standesvertretung in den letzten Wochen lassen jedoch Zweifel aufkommen. Als Mitte Mai der Deutsche Ärztetag mehrheitlich beschloss, die Musterberufsordnung der Mediziner dahingehend zu ändern, dass Ärzte ihre Patienten künftig auch fernbehandeln dürfen, erklärte BAK-Präsident Dr. Andreas Kiefer, dass diese Entscheidung keinerlei Auswirkungen auf die Apotheker haben werde. Doch der Vorstand der Bundesärztekammer prüft derzeit tatsächlich, inwiefern Online-Rezepte eingesetzt werden sollen. Und im Gesundheitsministerium tagen derweil die Akteure im Gesundheitswesen, um über die Zukunft der Telemedizin zu sprechen – ohne einen Vertreter aus der Apothekerschaft.
Ein niederländischer Sturm aus Politikern und Unternehmern nähert sich dem deutschen Strafraum. Die monatelange Defensivtaktik beim Versandhandelskonflikt muss endlich vorbei sein und die Zukunft der Arzneimittelversorgung in Deutschland auf ein solides Fundament gestellt werden.
3 Kommentare
Im Grund
von Karl Friedrich Müller am 15.06.2018 um 15:35 Uhr
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AW: Im Grund
von Karl Friedrich Müller am 15.06.2018 um 16:22 Uhr
Das große Schweigen
von Ulrich Ströh am 15.06.2018 um 9:53 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
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