Andauernder Engpass

Publikumspresse wird auf Ibuprofen-Knappheit aufmerksam

Stuttgart - 22.06.2018, 17:30 Uhr

Die Wirtschaftswoche berichtet über den Ibuprofen-Engpass. (Abbild: wiwo.de)

Die Wirtschaftswoche berichtet über den Ibuprofen-Engpass. (Abbild: wiwo.de)


Die Apotheker klagen schon seit längerem: Ibuprofen 600 ist kaum zu bekommen. Insbesondere die 20er und die 50er Packung scheinen echte Mangelware zu sein. In ihrer Not behelfen die Apotheker sich mit auseinzeln aus der 100er. Nun hat es das Thema weider in die Publikumsmedien geschafft. Die Wirtschaftswoche berichtete am gestrigen Donnerstag online über den Engpass. 

Wenn Publikumsmedien in der Vergangenheit über Engpässe berichtet haben, ging es zumeist um onkologische Arzneimittel, zum Beispiel Melphalan oder lebenswichtige Antibiotika. Doch die immer wiederkehrenden Ibuprofen-Engpässe erregen offenbar ebenfalls das Interesse der Medien über die Fachpresse hinaus. So war es im März der Ibuprofen-Kindersaft, über dessen Knappheit unter anderem rtl.de berichtete. Nun sind es die Tabletten mit 600 mg, über die zum Beispiel die Wirtschaftswoche berichtet. Bereits vor knapp zehn Tagen hatten die Hessische Allgemeine das Thema aufgegriffen. 

In der WiWo wird beschrieben, wie die Apotheker sich derzeit behelfen, weil vor allem die 50er und die 20er Packung knapp sind. Nämlich damit, „aus einer großen Packung mit zum Beispiel 100 Tabletten die einzelnen Blister zu nehmen, die Packungsbeilage zu kopieren und Kunden einzelne Blister zu verkaufen“, wie es heißt. Ein Branchenportal hatte das vor Kurzem berichtet. 

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Ibuprofen 600 noch immer knapp

Auch auf die Gründe geht die WiWo ein: Rohstoffknappheit. Denn produziert werde der Wirkstoff von nur wenigen Unternehmen weltweit, heißt es. Nämlich von Xinhua Pharmaceutical, Granulat Biocause und Hisoaraus in China, Shasun und IOLCP in Indien, von Xinhua-Perrigo Pharmaceutical mit Produktionsstätten in USA und China, sowie der SI Group aus den USA. Die deutsche BASF betreibe in Texas ebenfalls eine Produktionsstätte – und die ist seit Anfang Juni außer Betrieb. DAZ.online berichtete im vergangenen Jahr, dass diese ausgebaut werden sollte, um bereits bestehende Lieferengpässe auf dem Markt zu beseitigen. Die zusätzlichen Kapazitäten sollten 2018 in Betrieb gehen, heiß es. Weiter plant die BASF eine neue Produktionsstätte in Ludwigshafen, die erste in Europa. Doch die soll erst 2021 in Betrieb gehen. 

„Ibuprofen anbieten zu können, ist inzwischen ein Alleinstellungsmerkmal"

Die Apotheker ärgern sich seit Monaten über die schlechte Verfügbarkeit von Ibuprofen 600. Im März waren bereits zahlreiche Hersteller nicht lieferfähig, damals erklärten Ratiopharm und abz: „Wir erhalten im April neue Ware, sobald der neue Rohstoff bei uns eintrifft, wird unsere Pharmafertigung mit Hochdruck produzieren. Wir gehen deshalb auch heute davon aus, dass der Lieferengpass nur temporär sein wird.“

Ende April war das verschreibungspflichtige Schmerzmittel immer noch knapp. Der Engpass zog Kreise. Die Nachfrage bei anderen Anbietern stieg – auch bei der Sanofi-Tocher Zentiva. Ende Mai gab es dann auch hier Engpässe bei der 50 Stück-Packung in der Stärke 600 mg. Durch Lieferverzögerungen und gestiegenen Bedarf, insbesondere im Klinikgeschäft, der durch Engpässe bei Wettbewerbern entstanden ist, ergäben sich kurzzeitige Lieferengpässe, erklärt eine Sprecherin der Zentiva-Mutter Sanofi damals auf Nachfrage von DAZ.online. 

Und jetzt gibt es wieder Ärger. Großhändler bestätigen, dass die 50er Packung momentan über mehrere Lieferanten nicht lieferbar sei und man Defekte verzeichne. Kollegen erklären auf Nachfrage, hier und da gebe es beim ein oder anderen Großhandel etwas, aber dann eher 10 oder 100 Stück, 20 und 50 Stück seien fast nicht zu bekommen. Bei Ibuflam könne man zumindest die 50er Packung direkt beziehen. Das bestätigt die Sprecherin von Sanofi gegenüber DAZ.online. Man gebe derzeit alles, was verfügbar sei, direkt in den Markt. Die gesteigerte Nachfrage spüre man, irgendwann sei aber die Kapazität, Engpässe bei anderen auszugleichen, erschöpft. Auch Versender haben Probleme. DocMorris bietet derzeit Ibuprofen 600 in 10er und 100er Packungen an, 20er und 50er fehlen. Auch bei Mycare sind beispielsweise Ibuhexal 600 mg und Ibu 1a Pharma in der 50er-Packung nicht zu haben. Wann sich die Situation entspannt, weiß keiner. Und so ist es inzwischen fast ein Alleinstellungsmerkmal geworden, wenn man Ibuprofen anbieten kann, wie ein Kollege die Lage zusammenfasst.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Ibuprofen-Knappheit

von Gregor Huesmann am 25.06.2018 um 14:37 Uhr

Ich kann es nicht mehr hören! Schlimmer als Kaffee- und Bananenknappheit in der DDR. So wenig Hersteller für Ibuprofen sind das doch gar nicht. Können die nicht Sonderschichten einlegen? Es ist total unverständlich. Wollen die kein Geld mehr verdienen? Und was machen wir Apotheker? Abwarten und vertrösten. Alle Firmen, die Lieferengpässe haben müssten von uns boykottiert werden. Nur so wird es eine Reaktion geben.

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