Honorardiskussion

Kammerpräsident Hanke bringt Streik ins Spiel

Stuttgart - 05.07.2018, 14:55 Uhr

Baden-Württembergs Kammerpräsident Dr. Günther Hanke hat kein Verständnis dafür, dass die ABDA zum Honorargutachten streikt. ( r / Foto: DAZ)

Baden-Württembergs Kammerpräsident Dr. Günther Hanke hat kein Verständnis dafür, dass die ABDA zum Honorargutachten streikt. ( r / Foto: DAZ)


Im Rahmen der 16. Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg äußerte ihr Präsident, Dr. Günther Hanke, wieder deutliche Kritik an der ABDA, ohne dabei nach eigenen Angaben ABDA-Bashing betreiben zu wollen. Das Schweigen zum 2hm-Gutachten ist für ihn absolut unverständlich. Schon vor Monaten hatte Hanke die ABDA aufgefordert: „Bitte gebt uns baldmöglichst eine Bewertung des Papiers. Mit einer Vogel-Strauß-Politik ist niemandem geholfen!“ Auf die offizielle Bewertung wartet Hanke noch immer.

Während die ABDA sich in Schweigen hüllt, wird das 2hm-Gutachten nicht nur auf breiter Ebene diskutiert. Gegner würden das Gutachten als „erstmals belastbare Datengrundlage“ nutzen, sagte Hanke in seiner Rede auf der Vertreterversammlung der LAK am gestrigen Mittwoch. „Dass diese falsch ist, wissen nur wir im stillen Kämmerlein!“ Zwar sei die Verankerung des Rx-Versandverbots im Koalitionsvertrag ein Signal der Politik, die Apotheken vor Ort zu stärken.

Doch Hanke nimmt auch zur Kenntnis, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kein Anhänger des Verbots ist und dass er das Honorar reformieren will. Zudem sei er davon überzeugt, dass ein Gesundheitsminister ein Gutachten, das aus dem Wirtschaftsministerium kommt, nicht vollständig ignorieren könne: „Ein Gesundheitsminister wird nicht sagen, dass das Gutachten schlecht ist!“

Auch vor diesem Hintergrund ist für den Kammerpräsidenten die Nichtbeachtung des Gutachtens durch die ABDA völlig unverständlich. Zudem unterstrich er noch einmal die wirtschaftlichen Folgen des von Boni und Rabatten begünstigten Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Man könne zwar behaupten, ein Anteil von 1 Prozent sei wenig, so Hanke: „Aber 1 Prozent von über 30 Milliarden Euro sind auch schon viel Geld, das dem Gesamtbudget der Apotheken vor Ort verloren geht!“ 

Hanke: Auch mal wieder streiken?

In Richtung Krankenkassen verwies Hanke darauf, dass 50 Prozent der Patienten ohne Rezept in die Apotheken vor Ort kämen, weil sie dort Rat suchten. Dieser Rat koste momentan nichts. Wenn er aber wegfalle, käme das die Kassen langfristig teuer zu stehen. Hanke kritisierte, dass Patienten derzeit beim Bezug von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über den Versandhandel mit Rabatten belohnt werden, die eigentlich der Solidargemeinschaft zustehen. Das hätten auch die Krankenkassen erkannt: Hanke sieht eine gefährliche Allianz zwischen der GKV und den Rx-Versendern in Sachen Abschluss von Selektivverträgen.

Würde es dazu kommen, dann gehöre der Rabatt wieder der Krankenkasse. Doch dabei werde es nicht bleiben. Denn: „Dann wird es in jedem Ort schlaue Apotheker geben, die zum Beispiel allen TK- oder AOK-Versicherten Rabatte auf den Gesamtkuchen gewähren. Die Großen werden größer werden, die Kleinen verschwinden!“ Die Folge: Light-Apotheken ohne Rezeptur und Notdienst, Kettenstrukturen mit mangelhafter Beratung, Shop-in-Shop-Apotheken in der hintersten Ecke eines Supermarkts. Mit dem Argument, dem zunehmenden Kundenbedürfnis nach kanalübergreifenden Einkaufsmöglichkeiten Rechnung zu tragen, würden so durch Krankenkassen und Versender wichtige Strukturen zerstört - letztlich immer alles zu Lasten der Patienten.

Der Kammerpräsident stellte klar, dass er sich nicht gegen eine vernünftige Weiterentwicklung der Arzneimittelpreisverordnung wehren werde. Sollte diese aber auf Kosten der Apotheker weiterentwickelt werden, dann so Hanke, „schaffen wir es vielleicht ja, mal wieder zu streiken“.



Dr. Doris Uhl (du), Apothekerin
Chefredaktion DAZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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