Barmer

Halbzeit für Polypharmazie-Projekt – ohne Pharmazeuten

Berlin - 06.07.2018, 09:00 Uhr

Professor Daniel Grandt (rechts) und Barmer-Chef Professor Christoph Straub (links) finden, dass ihr Polypharmazie-Projekt auch erst einmal ohne Apotheker gut funktioniert. (s / Foto: Imago)

Professor Daniel Grandt (rechts) und Barmer-Chef Professor Christoph Straub (links) finden, dass ihr Polypharmazie-Projekt auch erst einmal ohne Apotheker gut funktioniert. (s / Foto: Imago)


„Adam“ soll vor Arzneimittelrisiken warnen

Schuldzuweisungen seien bei den Ärzten an der falschen Stelle. „Mit 454.012 Wirkstoffkombinationen können Sie keine Studien machen“, so Grandt. Um die Ärzte bei ihrer Arbeit zu unterstützen, hat die Barmer das digitale Projekt Adam (Anwendung für digital unterstütztes Arzneimitteltherapie-Management) gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe entwickelt. Mit diesem Modellprojekt sollen vermeidbare Arzneimittelrisiken leichter erkannt werden.

Das Polypharmazie-Projekt, das auf drei Jahre ausgelegt ist und am 1. Januar 2017 begonnen hat, wird mit 16 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses finanziert. Bei dieser Anwendung, die mit der Telematikinfrastruktur kompatibel sein soll, sind mehr als 600 Hausärzte angemeldet. Die Allgemeinmediziner haben dabei Zugriff auf die Verordnungsdaten aller Ärzte. Im Gegensatz zu dem bundeseinheitlichen Medikationsplan ist Adam nicht patientenbezogen, sondern arzneimittelbezogen aufgebaut. Darin sieht die Ersatzkasse einen Vorteil, ohne diesen zu begründen.

Selbstauskunft und Algorithmus statt Apotheke

Im Gegensatz zu dem Projekt ARMIN in Sachsen und Thüringen, bei dem es ebenfalls um Arzneimitteltherapiesicherheit geht, sind bei Adam keine Apotheker involviert. „Die Apotheker leisten jetzt schon einen wichtigen Beitrag“, erklärte Grandt auf Nachfrage. Doch man habe sich dazu entschlossen, die Pharmazeuten, wie übrigens auch die Fachärzte, bei diesem Hausarztprojekt nicht einzubinden. Anstelle einer Apothekenbeteiligung werden die Patienten direkt befragt, welche OTC-Medikamente sie einnehmen.

Auf den Einwand hin, dass eine Selbstauskunft Lücken aufweisen könne, erläuterte Grandt, dass die Anwendung zu jeder Verschreibung alle Interaktionen zu jedem OTC-Produkt berechnen könne. Der Hausarzt könne im System anhand von Warnhinweisen erkennen, ob bei seiner Verschreibung Wechselwirkungen zu verschreibungsfreien Präparaten möglich seien.  



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

"Adam" als -nackte- Theorie

von Heiko Barz am 07.07.2018 um 9:33 Uhr

Es wirkt schon etwas tragisch-komisch, dass Pharmazeuten in ihrem berufsbedingten "Beritt" nicht einmal in Ausschüssen um eine fachliche Meinung konsultiert werden.
Aber wer möchte schon mit dem Wort "Ausschuß" qualitativ in Verbindung gebracht werden.

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