Vergütung von Apotheken und Großhändlern

VdPP: Reformideen der Monopolkommission verschärfen soziale Schieflage

Berlin - 12.07.2018, 13:15 Uhr

Der VdPP befürchtet eine verschärfte soziale Schieflage, würden die Ideen der Monopolkommission für die Arzneimittelvergütung umgesetzt. ( j / Michael Müller / stock.adobe.com)

Der VdPP befürchtet eine verschärfte soziale Schieflage, würden die Ideen der Monopolkommission für die Arzneimittelvergütung umgesetzt. ( j / Michael Müller / stock.adobe.com)


Das jüngste Gutachten der Monopolkommission fordert eine umfassende schrittweise Reform des Vergütungssystems für Apotheken und pharmazeutische Großhändler. Bei den Betroffenen kommen die Vorschläge gar nicht gut an – auch nicht beim Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten, der von einem „Kniefall vor dem Altar des Marktes“ spricht.

In ihrem Anfang Juli vorgestellten Hauptgutachten hat die Monopolkommission ein besonderes Augenmerk auf das Vergütungssystem für die Versorgung mit Arzneimitteln durch Großhändler und Apotheken gelegt. Die Regierungsberater räumen zwar ein, dass „eine Regulierung gerade im pharmazeutischen Sektor aufgrund der enormen gesundheitlichen Gefahren einer Fehlmedikation grundsätzlich besonders berechtigt“ sei. Das bestehende System bringe aber die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele Sicherstellung und Wirtschaftlichkeit der Versorgung nicht in Einklang.

Die Kommission schlägt vielmehr eine Aufteilung des fixen Apothekenhonorars vor. Und zwar in eine heilberufliche Komponente, welche die Kassen vergütet, und ein Serviceentgelt, das von den Apotheken selbst festgelegt und von den Kunden bezahlt wird. Allerdings soll die Umgestaltung des Vergütungssystems schrittweise erfolgen: Zunächst soll Apotheken „gestattet“ werden, gesetzlich Versicherten Rabatte auf die Zuzahlung zu gewähren. Dabei sei zu erwarten, dass Apotheken in schlecht versorgten Regionen „allenfalls geringe Rabatte“ anbieten und dadurch profitabler arbeiten würden.

„Dinosaurier aus der Zeit totaler Marktgläubigkeit“

Kritik an dem Gutachten gab es schon von verschiedenen Seiten. Nun meldet sich auch der Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP) zu Wort: Immer wieder verbreite die Monopolkommission, „der Dinosaurier aus der Zeit der totalen Marktgläubigkeit“, das Credo „mehr Preiskampf, mehr Selektivverträge, weniger politische Gestaltung“. Der Wettbewerb soll es also richten. Die Erfahrung in der Vergangenheit lehre jedoch das Gegenteil, meint der VdPP: „Mehr Wettbewerb bringt mehr Konzentration, statt flächendeckende Versorgung. Lukrative Standorte mit kaufkräftigem Klientel und viel Laufkundschaft werden das Rennen machen, während Kiez- und Landapotheken das Nachsehen haben werden. Masse statt Klasse wird noch mehr als heute der Anreiz sein und die Versorgungsqualität wird darunter leiden“.

Finstere Zeiten für die flächendeckende Versorgung

Rabatte auf die Zuzahlung: Dahinter steckt für den VdPP, dass Patienten künftig für Beratungsleistungen zahlen sollen – oder sich eben für Rabatte und entsprechend schlechtere Beratungsleistungen „entscheiden“ können. „Es liegt auf der Hand, dass arme Menschen kaum eine Wahl haben und im Zweifel zu vermeidbaren Arzneimittelschäden wegen fehlerhafter Anwendung verurteilt sind“, so der VdPP. „Auch die zu beobachtende soziale Schieflage bei Arzneimittelmissbrauch von Nasensprays bis hin zu Schlafmitteln dürfte sich mit den vorgeschlagenen Regelungen verschärfen“. Wenn Landapotheken ohnehin wegen fehlender Ärzte zu kämpfen haben und nun auch noch mit der nächsten Centerapotheke und den Versandapotheken um Rx-Rabatte konkurrieren, sehe es für die flächendeckende Versorgung gerade in ohnehin strukturschwachen Regionen „sehr finster“ aus.

Aus Sicht des VdPP muss Gesundheitsversorgung dazu beitragen, die Folgen sozialer Unterschiede abzuschwächen. Der Zugang zu guter Versorgung dürfe nicht vom Geldbeutel abhängen. Marktmechanismen führten jedoch immer zu einem Anstieg und nicht zu einer Reduktion der sozialen Kluft. So schaffe die Monopolkommission genau die Probleme, die sie in kommenden Gutachten dann unter die Lupe nehmen könne.

Wie wird sich die Bundesregierung verhalten?

Bislang ist ohnehin unklar, wie die Politik mit den Vorschlägen der Kommission umgehen wird. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat das Gutachten zwar angenommen. Zu den Ideen für den Arzneimittelmarkt hat er sich allerdings noch nicht geäußert. Das wird sich aber noch ändern. Wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilt, wird die Bundesregierung nach Konsultation der Wirtschaft eine Stellungnahme zum Gutachten beschließen und diese dem Bundestag und Bundesrat vorlegen. Schon in der Vergangenheit hatte die Regierung für Vorstöße der Monopolkommission zur Deregulierung des Apothekenmarktes keine offenen Ohren. Und auch ein kürzlich vorgestelltes Sondergutachten der Monopolkommission, das – unter Bezugnahme auf das EUGH-Urteil zur Rx-Preisbindung – eine Abschaffung der Buchpreisbindung vorgeschlagen hatte, traf bei allen Bundestagsfraktionen im Kulturausschuss des Bundestages auf einhellige Ablehnung.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Jeder weiß wie es laufen wird

von Svenja Sell am 18.07.2018 um 6:10 Uhr

Was für ein blöder Vorschlag, Rabatte auf Zuzahlungen!!! Das verschärft weiter die Wettbewerbssituation und bringt den Apotheken kaum etwas. Von wem wird diese Kommission denn wieder geschmiert? Vernünftige Gegenvorschläge sollten kommen. Wieso lassen sich die Apotheker so viel gefallen?

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