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Bei der Mitgliederversammlung des Bayerischen Apothekerverbandes am gestrigen Mittwoch in München versuchte Dr. Hans-Peter Hubmann seine Kollegen zu beruhigen: Für die ABDA sei das Rx-Versandverbot nach wie vor „Plan A“. Einen Anlass, sich über Alternativen öffentlich zu unterhalten, gibt es laut Hubmann nicht. Wäre die politische Entwicklung rund um den Versandhandelskonflikt für die Apothekerschaft bedrohlich, „würden wir nicht ruhig bleiben“.
Mit rund 90 Anwesenden war die diesjährige Mitgliederversammlung des Bayerischen Apothekerverbandes (BAV) überdurchschnittlich gut besucht. Die restlichen knapp 2750 Mitglieder im Flächenland Bayern konnten die Berichte von Vorstand und Geschäftsführung via Livestream auf der Homepage verfolgen.
Für den Auftakt der Veranstaltung hatte der BAV-Vorsitzende Dr. Hans-Peter Hubmann den Soziologieprofessor Stefan Selke von der Hochschule Furtwangen eingeladen. Im Gastvortrag stellte Selke ethische und soziale Aspekte der Digitalisierung anhand der „Vermessung des Menschen“ vor. Seine Botschaft an die bayerischen Apothekeninhaber lautete unter anderem: „Je komplexer ein Sachverhalt ist, umso mehr wünscht man sich persönlichen Kontakt und menschliche Empathie.“ Computer und Maschinen alleine könnten nicht entscheiden, was in einer bestimmten Situation angemessen wäre. Im Silicon Valley würde man Programmierer daher mittlerweile in Ethik unterrichten.
200 Apotheken weniger als 2011
In seinem anschließenden Bericht skizzierte Dr. Hans-Peter Hubmann die aktuelle Situation auf dem Apotheken- und Arzneimittelmarkt in Deutschland. Seine Daten und Interpretationen stammten überwiegend vom Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), das vor drei Monaten in Potsdam stattgefunden hatte.
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Die Geschäftsführerin des BAV, Alexandra Schmidt, stellte die Apothekenzahl in Bayern vor. Ende 2017 gab es 3179 Apotheken, seit 2011 ist ein Rückgang von 200 Betriebsstätten verzeichnet worden. „Gleichzeitig steigt aber der Organisationsgrad des Verbandes, das heißt der Anteil der Apotheken, die Mitglied im BAV sind. Eine Mitgliedsapotheke besteht also eher im Markt als eine Apotheke, die nicht zu uns gehört“, fasste Schmidt zusammen.
Wo bleibt das Rx-Versandverbot?
Dr. Hans-Peter Hubmann machte noch einmal deutlich, welche Apothekenthemen im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung stehen: Die Umsetzung des Aktionsplans zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland, die Verbesserung der Fälschungssicherheit von Arzneimitteln im Projekt Securpharm sowie der Einsatz für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Beim Rx-Versandverbot sei es nicht verwunderlich, so Hubmann, dass die Einführung des Gesetzes länger dauere, „als es uns lieb ist“. Nach wie vor wäre die baldige Umsetzung das wichtigste Ziel der Verbandsarbeit. Als Grund für die Verzögerung nannte er einerseits die langwierige Regierungsbildung. Andererseits führten die aktuellen Debatten dazu, dass sich die Gespräche mit der Politik in einer schwierigen Phase befänden. Man hätte sich mit dem Bundesgesundheitsministerium auf Stillschweigen geeinigt und dies würde man auch einhalten. „Wäre die Entwicklung für die Apotheker bedrohlich, würden wir sicher nicht ruhigbleiben“, machte Hubmann deutlich und weiter: „Wir sind als Apothekeninhaber doch alle betroffen.“ An seine bayerischen Kollegen appellierte er, mehr Vertrauen in die Arbeit an der Verbandsspitze zu haben, auch wenn manche Spekulationen in der Presse immer wieder aufblühten. „Es besteht keine alarmistische Stimmung. Wir sind im Gespräch, und an der Spitze ist es ruhig.“
Das E-Rezept kommt im Sommer
Auf die Frage, ob man sich innerhalb der ABDA über mögliche Alternativen Gedanken gemacht hätte, wenn es kein Rx-Versandverbot geben sollte, fand Hubmann das folgende Beispiel: „Der Vorstand von BMW wird sich bei der Vorstellung des neuen 6ers doch auch nicht öffentlich zu Plan B äußern.“ Die Beschränkung des Versandhandels auf rezeptfreie Arzneimittel hätte nach wie vor in mehrfacher Hinsicht seine Berechtigung und Dringlichkeit. „Gleichpreisigkeit ist das oberste Ziel.“ so Hubmann.
Etwas konkreter wurde der BAV-Vorsitzende dagegen beim Thema elektronisches Rezept. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hatte bei der ABDA-Mitgliederversammlung in der vergangenen Woche überraschend verkündet, dass bis nach der politischen Sommerpause ein fertiges Konzept vorliegen werde. Seitens der Politik zeichne sich der klare Wille ab, so Hubmann, konkrete Modellprojekte nun zügig an den Start zu bringen. Beim standeseigenen E-Rezept würde man darauf achten, dass eine größtmögliche Datensicherheit und die freie Apothekenwahl garantiert werde. Einzelne Modellprojekte – wie aus Bayern oder Baden-Württemberg – müssten zusammengeführt werden, denn: „Wir brauchen technisch eine praktikable und einheitliche Lösung für ganz Deutschland, keinen Flickenteppich“.
1 Kommentar
Ruhe
von Florian Becker am 20.07.2018 um 11:01 Uhr
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