ARD Kontraste

Gestohlene Krebsmedikamente und die Gefahr für Patienten

Stuttgart - 13.07.2018, 12:45 Uhr

In einer griechischen Klinik sollen jahrelang Krebsarzneimittel gestohlen und nach Deutschland verkauft worden sein. Das hat das ARD-Magazin Kontraste recherchiert. (m / Foto: Screenshot ARD) 

In einer griechischen Klinik sollen jahrelang Krebsarzneimittel gestohlen und nach Deutschland verkauft worden sein. Das hat das ARD-Magazin Kontraste recherchiert. (m / Foto: Screenshot ARD) 


Aufsichtsbehörde Brandenburg reagiert nicht

Ein Unternehmen mit dem Namen Lunapharm soll die illegal nach Deutschland importierten Arzneimittel weiter verteilt haben. Der Pharmahändler hat seinen Sitz in Brandenburg, somit ist das Gesundheitsministerium Brandenburg als dortige Überwachungsbehörde für den Pharmahändler zuständig. Allerdings, so schildert es Kontraste, hatten es die Brandenburger Kontrolleure nicht sonderlich eilig, Licht in die dunklen Machenschaften von Lunapharm zu bringen – trotz einer Bestätigung der griechischen Aufsichtsbehörden, dass ein gefährlicher Handel stattgefunden hat. Das zeigt ein Schriftverkehr der Behörde: „Der Fall ist, würden wir einen Rückruf aller Medikamente verhängen, könnte dies im Bankrott der Firma enden“.

Lunapharm handelt noch immer mit Arzneimitteln

Ein Rückruf der Arzneimittel erfolgte somit nicht, auch die Patienten oder Apotheken wurden nicht informiert. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), kommt im Kontraste-Beitrag zu Wort: „Ich finde es verantwortungslos“, erklärt der Mediziner. Die Behörden hätten sofort informieren und dafür sorgen müssen, dass diese Medikamente so rasch wie möglich aus dem deutschen Markt verschwinden. Das ist nicht geschehen, bis heute nicht. Denn eine simulierte „Probebestellung“ des Apothekers Stadler zeigt, dass Lunapharm noch immer Arzneimittel vertreibt.

Securpharm soll ab 2019 vor Fälschungen schützen

Die Hoffnung bleibt, dass das im Februar 2019 an den Start gehende Fälschungsschutzsystem Securpharm künftig solchen illegalen Arzneimitteltransporten den Riegel vorschiebt. Ab diesem Zeitpunkt muss jede neu in den Verkehr gebrachte Arzneimittelpackung zwei Sicherheitsmerkmale tragen (betroffen sind grundsätzlich alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel sowie Omeprazol-Hartkapseln als einziges rezeptfreies Arzneimittel). Die Sicherheitsmerkmale sind ein serialisierter Data Matrix Code und ein Erstöffnungsschutz an der Packung. Wurde also eine Arzneimittelpackung in einer Apotheke bereits als Eingang gebucht und anschließend gestohlen, fehlt die Ausbuchung und Deaktivierung des Codes, was bei einem erneuten Eingang in einer anderen Apotheke offenbar werden dürfte.

Korrektur: Der Eingang einer Packung wird von der Apotheke nicht bei Securpharm erfasst, sondern es wird nur bei der Abgabe verifiziert und ausgebucht. Nichtsdestotrotz hätte Securpharm die gestohlene Ware aufspüren können, allerdings nur theoretisch. Zum einen gelten in Griechenland längere Übergangsfristen, zum anderen müssen Kliniken die Ware beim Eingang sofort ausbuchen, damit gestohlene Ware später auch als solche identifiziert werden kann.

Mehr zum Thema



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

TV-Magazin Kontraste berichtet über Schmuggel aus Griechenland / Lagerung auf Fischmarkt

Neuer Skandal um Krebsarzneimittel

ARD-Magazin Kontraste veröffentlicht neue Enthüllungen zum Lunapharm-Skandal

Scheinfirmen und Intransparenz

War schon 2013 alles klar?

Lunapharm: Kontraste legt nach

Arzneischmuggel aus Griechenland / Aufsicht weist Vorwürfe zurück

Brandenburger Großhändler im Visier

7 Kommentare

gestohlene Krebsmedikamente

von Gunter Kowalski am 14.07.2018 um 14:34 Uhr

Ich bin der Anwalt eines in der Sache verdächtigten Deutschen Händlers aus Hessen. Die ganze Geschichte ist zweifelhaft und beruht auf einem anonymen Brief vom Oktober 2016 in dem behauptet wird, alle teuren Medikamente in Griechenland seien vom Handel ausgeschlossen und daher seien alle Packungen, die im Ausland auftauchten gestohlen. Die griechische Aufsicht tat erst gar nichts, weil der Inhalt falsch ist. Dann wurde im Februar 2017 die Polizei eingeschaltet, die in Deutschland eine Hausdurchsuchung beantragte. die Begründung war so wage und unschlüssig, dass die deutsche Polizei erst in Zusammenarbeit mit der Aufsicht in Brandenburg im November 2017 eine Durchsuchung durchführte.ohne Ergebnis. die griechische aufsicht beantwortete alle Fragen in der Zwischenzeit ausweichend oder falsch und sehr arrogant. Die brandenburgische Aufsicht untsersuchte die Sache von Anfang an sehr genau. Die Händlerin ist aber seit vielen Jahren als äusserst zuverlässig bekannt und lieferte alles, was zur Prüfung gebraucht wurde.Es ergab sich in Deutschland kein Hinweis auf gestohlene oder schadhafte Ware. Tatsächlich führt Kontraste aus, dass auch die griechischen Ermittler gar nicht wissen ob und wie etwas gestohlen sein soll. Es wird nach wie vor allein aus dem Auftauchen auf Diebstahl geschlossen. Es gibt keine Fehlmeldungen der Krankenhäuser. die Geschichte mit der Fischhandlng ist erfunden. Wenn dort etwas beobachtet sein soll, dann hätte man den Mandanten festnehmen oder wenigstens in die Kiste schauen können. Es waren Shrimps in der Kiste mit denen der Mandant unbehelligt nach Deutschland geflogen ist. Von der Kiste gibt es viele Fotos. Vom Inhalt leider nicht. Von den festgenommenen sind die meisten wieder auf freiem Fuss. die ganze Affäre dient nach der im Frühjahr aufgetretenen Novartis Affäre als Ablenkung von der Korruption und der massiven Misswirtschaft in der griechischen Krankenversicherung. Dort werden nur 6% Generika eingekauft aber massenhaft teuerste Originalpräparate, die man gar nicht braucht. All dass wusste der Redakteur Kooroshy von Kontraste, weswegen man durchaus den Bericht als Fälschung bezeichnen darf. Mein Mandant sitzt unschuldig in einem griechischen Loch von Untersuchungsgefänfnis. Aber wurde von Kontraste mit Bild und Namen an den Pranger gestellt.Nicht mal die Mitarbeiter des Fischladens wurden befragt, weil die angeblich aggressiv wären. Kein Wunder. Sehr übel ist, dass Kontraste ohne Anlass und wider besseres Wissen, die deutsch Krebstherapie als unsicher darstellt, die Aufsicht als wirkungslos, die Polizei als schlampig und die Patienten als gefährdet. Alles gelogen. Wenn ich sagen, der Redakteur Kooroshy hat viele Frauen vergewaltigt, aber ich weiss gar nicht wie und wann und keine Frau hat sich gemeldet, denke aber, er hat kein Kondom benutzt, weil sich Vergewaltiger nicht um so was kümmern und es gibt Fotos aus einem Fischladen, wäre er über die Berichterstattung sicher erstaunt. Das alles wird sicher ein Nachspiel haben.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Die Arzneimittelmafia hat Frau Schmidt wieder mal zu danken

von Ratatosk am 14.07.2018 um 9:07 Uhr

Die Arzneimittelmafia hat Frau Schmidt wieder mal zu danken !
diese hat diese Geschäftsmodell trotz Warnungen des BKA, die pharmazeutischen Einwände waren ihr ja schon immer völlig egal, für solche Dinge geöffnet.
Die meisten Menschen könnten mit dieser Schuld sicher nicht mehr schlafen, aber die SPD Ulla hat hier ja dickes Fell gezeigt und ist ja im Bundestag mit einem dicken Versorgungsposten belohnt worden. Die Folgen tragen andere

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Bankrott einer Schmuggel-Firma schlimmer als Tote?

von Norbert Veicht am 14.07.2018 um 8:56 Uhr

Habe ich das richtig verstanden? Man lässt lieber eine unbekannte Anzahl von Patienten sterben, bevor man eine unseriöse Firma in Konkurs gehen lässt? Ich dachte bisher, dass Schmuggel ein Verbrechen ist. Anscheinend ist das ein schutzwürdiges Geschäftsmodell.
Wenn hier keine Köpfe rollen, dann verliere ich noch das letzte Bisschen Vertrauen in unseren Rechtsstaat.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Securpharm Sicherheit

von FD am 13.07.2018 um 22:45 Uhr

Danke für diese korrekten Präzisierungen !
Schönes Wochenende!
FD

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Securpharm Sicherheit....

von AH am 13.07.2018 um 13:08 Uhr

Wenn "die Ausbuchung und Deaktivierung des Codes fehlt" bringt Securpharm auch nix und dies fällt dann auch in keiner anderen Apotheke beim Eingang auf. Es wurde ja gestohlen und kann weiter ausgebucht werden. Ausserdem ist die Umsetzung von Securpharm in Kliniken ja immer noch fraglich....

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Securpharm Sicherheit

von Fd am 13.07.2018 um 20:24 Uhr

Was hat dieser kriminelle Importarzneimittelfall Bitteschön mit Dt. Krankenhäusern zu tun!???
Wie kommen sie dazu, dass Dt Krankenhäuser die EU FMD Vorschriften nicht einhalten würden!?

AW: Securpharm Sicherheit

von AH am 13.07.2018 um 21:05 Uhr

Da habe ich mich wohl etwas unklar ausgedrückt, natürlich gehe ich davon aus, dass die deutschen Krankenhäuser die EU FMD Vorschriften einhalten werden. Wobei unstrittig ist, dass Securpharm Großabnehmer noch vor gewisse Probleme stellt.
Andere EU Länder sind bei dem Thema aber noch lange nicht soweit, die Umsetzung dort ist zum Teil erst in mehreren Jahren geplant. Diese verwenden aber natürlich nicht Securpharm sondern ihr eigenes nationales System.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.