Derzeit erhöhte Gefahr

Was Apotheker über Vibrionen, die „fleischfressenden Ostseebakterien“, wissen müssen

Stuttgart - 23.07.2018, 16:45 Uhr

Vibrio vulnificus (hier eine colorierte elektronenmikroskopische Aufnahme) fühlt sich bei warmen Wassertemperaturen wohl. (c / Foto: imago)

Vibrio vulnificus (hier eine colorierte elektronenmikroskopische Aufnahme) fühlt sich bei warmen Wassertemperaturen wohl. (c / Foto: imago)


Wie behandelt man?

Wegen des raschen und schweren Krankheitsverlaufs ist eine frühestmögliche Einleitung der antibakteriellen Therapie entscheidend, auch wenn die mikrobiologische Bestätigung noch aussteht. Dazu ist primär eine Kombination aus einem Tetracyclin und einem Cephalosporin der dritten Generation zu empfehlen, alternativ können Fluorchinolone eingesetzt werden. Bei Kindern wird aufgrund der Kontraindikation von Tetracyclinen und Fluorchinolonen eine Kombination aus Cotrimoxazol mit einem Aminoglykosid eingesetzt. Häufig sind bei Wundinfektionen zusätzliche chirurgische Interventionen erforderlich. Bei zu spätem Therapiebeginn sind Amputationen oft nicht zu vermeiden.

In Sommermonaten muss bei verdächtigem Krankheitsbild somit an die Möglichkeit einer Infektion durch Vibrionen gedacht und bei Wundinfektionen nach dem Kontakt mit Meerwasser beziehungswseise nach dem Verzehr von Meerestieren gefragt werden.

Günstige Wachstumsbedingungen in der Ostsee

Bereits seit 1985 werden im Bereich der Ostsee-Anrainerstaaten steigende Fallzahlen registriert. So stiegen die Infektionen von absolut deutlich unter zehn Fällen auf etwa 20 bis 30 Fälle pro Jahr (2010) an. Im Jahre 2005 wurde der absolute Ausnahmewert mit etwas über 60 Fällen registriert. Für die Ostsee wird dabei eine weitere Zunahme der Fälle prognostiziert, da vor allem V. vulnificus hier mit dem relativ geringen Salzgehalt und den allgemein steigenden Wassertemperaturen der Meere günstige Wachstumsbedingungen vorfindet. In der Nordsee sind vor allem Bereiche mit Süßwasserzufluss gefährdet, da dort der Salzgehalt reduziert ist.

Neben V. vulnificus wurden im Ostseeraum auch noch andere Vibrio-Arten nachgewiesen. So erkrankten im Sommer 2006 mehrere Personen an Wundinfektionen durch nicht Toxin-produzierende V. cholerae. Die Toxin-produzierenden Serotypen von V. cholerae, die die klassische Cholera auslösen können, werden in deutschen Gewässern aber nicht gefunden.

Auch Blaualgen und Saugwürmer unterwegs

Neben der Gefahr durch Vibrionen weist das Landesamt zudem darauf hin, dass es örtlich zur Blaualgenblüte kommen kann und an seichten Uferstellen vermehrt Larven von Saugwürmern leben können. Diese lösten etwa juckende Stellen an der Haut aus. Ob eine Badestelle belastet ist, kann im Internet in Erfahrung gebracht werden.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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