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Gastkommentar Max Willie Georgi (BPHD-Präsident)
Wenn ein Ministerium den Apothekern offen das Vertrauen versagt
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will HIV-Selbsttests der breiten Masse der Bevölkerung zur Verfügung stellen. Neben der HIV-PrEP werden diese Tests als effektivste Möglichkeit angesehen, um die stagnierenden Infektionsraten für HIV zu senken. Die ABDA hat sich eingeschaltet und hat die Apothekenpflicht für diese Tests gefordert. Nun hat das BMG jedoch bekanntgegeben, dass dies nicht vorgesehen ist, weil das Internet niedrigschwelliger sei als die Apotheke. Eine Entscheidung, die auch aus Sicht der Pharmaziestudenten sehr beunruhigend für die Zukunft der Apotheke ist, meint Max Willie Georgi, Präsident des Bundesverbandes der Pharmaziestudierenden.
Schon im Studium behandeln wir das Thema und haben dort auch die Erkenntnis erlangt: Diesem Test muss eine Beratung zugrunde liegen. Diese sollte in erster Linie durch Ärzte und nicht durch Apotheker erfolgen. Letztendlich kennen sie sich am besten damit aus, Diagnosen zu stellen und zu vermitteln. Damit ist durch die Entscheidung des Gesundheitsministers jedoch Schluss und eine neue Lösung muss her. Dieser Umstand bietet den Apothekern die Möglichkeit, sich zu beweisen und zu zeigen, welchen Beitrag sie auch in dieser Situation leisten können. Nachdem 2015 die Pille danach aus der Verschreibungspflicht entlassen wurde, haben die Apotheker schließlich auch die Verantwortung übernommen. Drei Jahre später hat sich gezeigt, dass dies eine gute Entscheidung gewesen ist.
Leider sieht das BMG jedoch nicht dieselben Parallelen, wie ich sie sehen möchte. Nein, das BMG sieht überhaupt nicht, dass Apotheker in dieser Sache etwas tun können. Stattdessen wünscht sich das Ministerium, dass man sich einen HIV-Selbsttest im Internet bestellen kann. Das hat ein BMG-Sprecher zum Verzicht auf die Apothekenpflicht wörtlich gesagt:
Das ausdrücklich gewünschte niedrigschwellige Angebot, das auch einen Bezug über das Internet ermöglicht, würde mit der Apothekenpflicht konterkarieren. Eine Apothekenpflicht ist mit der Freigabe für HIV-Selbsttests daher nicht vorgesehen"
Damit steht also fest: Der Verkauf der Tests soll ohne die Qualitätssicherung stattfinden, die eine Apotheke bieten könnte – und ohne die Beratung. Die sei nicht niedrigschwellig genug laut BMG. Genau darauf basiert die Beratung in der Apotheke doch, oder? Ist dies nicht genau die Funktion, die ein Apotheker im Gesundheitssystem erfüllt? Die Versorgung mit Arzneimitteln und deren niedrigschwellige Beratung nach einem Besuch beim Arzt, bei dem sich Patienten meist nicht trauen, Fragen zu stellen? Scheinbar nicht für das Bundesministerium für Gesundheit.
Spätestens dies sollte ein Weckruf für jeden
Apotheker in Deutschland sein, dass der Berufsstand und seine Fähigkeiten derzeit
noch nicht ausreichend anerkannt werden. Und ebenfalls sollte dies ein Weckruf
für die ABDA und die Standespolitik sein. Wieso sieht die Politik die Kompetenz
der Apotheker an dieser und an anderen Stellen nicht? Wieso denkt die Politik,
das Internet sei ein besserer Ort für hochsensible Medizinprodukte als eine
Apotheke? Das Ansehen der Apotheker in der Bevölkerung und vor allem in der
Politik scheint zu schwinden. Indem die ABDA jahrelang nur den
Versorgungsauftrag der Apotheken an oberste Stelle gestellt hat und nicht die
Beratung, hat sie indirekt auch dafür gesorgt, dass dieser keine Relevanz mehr
zugestanden wird. Wer keine alternativen Gedanken zu Honorierungsmodellen
anstelle von „Preis pro Packung“ zulässt, wird eben auch irgendwann nicht mehr
ernst genommen.
HIV-Selbsttests sind Teil des Pharmaziestudiums
Das Beispiel HIV-Tests zeigt dies ganz deutlich. Geht man von einem Ansatz aus, möglichst hohe Testzahlen in der Fläche zu erreichen und dadurch die Dunkelziffer an Infizierten zu senken, dann ist die logische Schlussfolgerung, sie durch das Internet und nicht durch Apotheken zu vertreiben. Auch wenn dies für viele Apotheker hart zu akzeptieren ist – das Internet spielt eine immer größere Rolle beim Kauf von Arzneimitteln und Medizinprodukten. Die Vorteile der „pharmazeutischen“ Lieferkette der Apotheken sehen die jüngeren Generationen nicht. Durch wen sollen sie auch davon erfahren haben? Gerade diese Generationen sind aber entscheidend, um die Zahlen von HIV-Infektionen zu senken.
Der einzige entscheidende Vorteil, den die Apotheken gegenüber dem Internet haben, ist die persönliche Beratung. Gerade diese würde bei HIV-Selbsttests einen riesigen Unterschied machen, durch den die mitunter schwerwiegenden psychosozialen Auswirkungen eines positiven Test-Ergebnisses direkt aufgefangen werden können, um an die entsprechenden Kompetenzstellen zu verweisen. Eine HIV-Diagnose zählt zu den schlimmsten Diagnosen, die ein Mensch erhalten kann. Diese persönliche Beratung würde den Schritt zu HIV-Selbsttests wesentlich sicherer machen. Allgemein könnten Apotheker einen großen Teil im Bereich der Aufklärung und Prävention beitragen – wenn sie wollen. Scheinbar hat das BMG nicht mehr das Vertrauen, Apotheker würden solch eine Arbeit leisten wollen. Das ist das Ergebnis, wenn man jahrelang nicht entscheidend für seine Kompetenzen einsteht.
Während des Pharmaziestudiums werden HIV-Tests behandelt. Ich als angehender Pharmazeut kann einem Kunden erklären, wie der Test funktioniert, worauf geachtet werden muss und wo seine Grenzen liegen. Ebenso kann ich vermitteln, was am besten bei einem positiven Testergebnis zu tun ist. Ich lerne im Studium hingegen nichts darüber, wie ich den Test beim Großhandel bestelle oder einlagere und das auch aus gutem Grund - dies ist nicht die Kernkompetenz eines Apothekers und ich möchte mich später auch nicht darüber definieren. Das sind Routine-Aufgaben, für die es keine vier Jahre Studium an einer Universität benötigt. Was passiert, wenn sich ein Berufsstand jahrelang eben doch darüber definiert, sehen wir jetzt. Ein Bundesministerium verliert das Vertrauen. Leiden werden darunter Diejenigen, die allein mit einem positiven HIV-Selbsttest umgehen müssen und niemanden haben, der sie auffängt.
8 Kommentare
So ein Test
von Peter Lahr am 03.09.2018 um 10:52 Uhr
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Beratung muss passen
von Wolfgang Müller am 02.09.2018 um 18:07 Uhr
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HIV-Tests
von Christian Köstlin am 02.09.2018 um 15:24 Uhr
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HIV Test via Internet
von Christian Lindinger am 01.09.2018 um 13:45 Uhr
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Ach nö ...
von Reinhard Herzog am 31.08.2018 um 19:52 Uhr
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AW: Ach n
von Volkmann am 01.09.2018 um 11:54 Uhr
Apothekenpflichtig für HIV-Selbsttests
von Frank Dörje am 31.08.2018 um 19:43 Uhr
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Apothekenpflicht für HIV-Selbsttests!
von Uwe Hüsgen am 31.08.2018 um 19:00 Uhr
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