Nicht jeder Retax-Versuch der Krankenkassen klappt. Nun hat
sich erneut eine Apothekerin erfolgreich gegen Rückforderungsansprüche einer
Ersatzkasse gewehrt.
Worum ging es?
Die Apothekerin hatte zwischen Oktober
2009 bis September 2010 insgesamt zehnmal das von einem Kinderarzt
verordnete Arzneimittel Oxybutynin® 0,1% à 10 ml zur Injektion abgegeben. Es
handelte sich um Fertigspritzeninstillationssets, die eine andere Apotheke hergestellt
hatte. Diese Instillationssets waren
nach damaligem Arzneimittelrecht als Rezepturarzneimittel bereits am 5. September 2005 im Verkehr gewesen. Am 26. August 2008 war für sie
beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein Zulassungsantrag gestellt worden, der allerdings erst 2013 abschlägig beschieden wurde – die vorgelegten
Unterlagen waren aus konzeptionellen Gründen als nicht geeignet eingestuft worden.
Doch schon in den Jahren 2009 und 2010 erhielt die Apotheke diverse
Retaxierungsschreiben. Die Krankenkasse wollte
die Fertigspritzensets, die eine ihrer Versicherten erhalten hatte, nicht
bezahlen. Sie verwies dazu auf den Arzneilieferungsvertrag (ALV) zwischen dem Deutschen
Apothekerverband (DAV) und dem Verband der Angestelltenkrankenkassen sowie dem Rahmenvertrag nach § 129 SGB V. Die Rechnungskürzungen
summierten sich auf 9254,30 Euro.
Die Apothekerin widersprach: Bei dem Präparat handele es
sich um ein gelistetes, verschreibungspflichtiges Fertigarzneimittel einer
bestimmten Apotheke, die über die Herstellerlaubnis nach § 13
Arzneimittelgesetz (AMG) verfüge. Das Präparat könne ausschließlich über diesen
Hersteller bezogen werden. Seit März 2007 sei das Fertigarzneimittel in der
Lauer-Taxe als ordentliches Arzneimittel mit der offiziellen PZN 1915747 und
dem Status verschreibungspflichtig gelistet. Die Kasse entgegnete, das Arzneimittel
sei nicht zugelassen – damit sei es auch nicht vom GKV-Leistungskatalog erfasst und werde nicht bezahlt.
Erste Instanz geht von Rezepturarzneimittel aus
Die Apothekerin zog daraufhin vor das Sozialgericht. Dieses
entschied zu ihren Gunsten: Die Krankenkasse müsse die zehn Fertigspritzensets
vergüten – zuzüglich Zinsen. Zur Begründung verwies das
Gericht unter anderem auf den Wortlaut des § 4 Abs. 5 ALV, wonach die
Voraussetzungen des Anspruches auf Retaxierungen nicht erfüllt seien. Zudem
habe das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung die Schlüsselfunktion
des Vertragsarztes im Bereich der Versorgung der Arzneimittel betont. Es
gebe zwar einen Grundsatz, dass nicht zugelassene Arzneimittel nicht verordnet
werden dürften – doch dieser erfasse nur Fertigarzneimittel, nicht aber Rezepturarzneimittel. Und bei den hier
streitgegenständlichen Oxybutynin-Lösungen handele es sich um
Rezepturarzneimittel, denn sie seien in einer Apotheke hergestellt.
Unabhängig von dem Streit um die Zulassung als
Fertigarzneimittel sei die Herstellung der Fertigspritzen auch keine industrielle
Fertigung, so das Gericht weiter. Das Arzneimittelgesetz ermögliche es dem
Apotheker, im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebes Arzneimittel im Sinne
einer Defektur herzustellen, wenn es hierzu einen Bedarf gebe (§ 21 Abs. 2 Nr.
1 AMG). Dies schließe jedoch nicht aus, Rezepturarzneimittel auch für andere
Apotheken herzustellen.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.