Interview Christian Redmann

Petition für ein Rx-Versandverbot kurz vor dem Ziel

Stuttgart - 10.09.2018, 17:50 Uhr

Apotheker Christian Redmann steht mit seiner Petition zum Rx-Versandverbot kurz vor dem Ziel. (s / Foto: BVDVA)

Apotheker Christian Redmann steht mit seiner Petition zum Rx-Versandverbot kurz vor dem Ziel. (s / Foto: BVDVA)


Es wird immer deutlicher, dass man im Bundesgesundheitsministerium nicht gewillt ist, das im Koalitionsvertrag vereinbarte Rx-Versandverbot umzusetzen. Es werde, so heißt es, nach alternativen Lösungen gesucht. Aber der Bundestag wird sich wohl – zumindest im Petitionsausschuss – trotzdem mit dem Thema auseinandersetzen. Denn die von Apotheker Christian Redmann initiierte Petition für eine Durchsetzung des Rx-Versandverbotes steht kurz vor dem Ziel. Dennoch kritisiert der Initiator die Haltung einiger Kollegen. Unsere Kollegen von der PTAheute-Redaktion haben sich mit dem Apotheker unterhalten.

Christian Redmann, Apotheker aus Ebermannstadt, will sich nicht damit abfinden, abzuwarten und der Dinge zu harren. Er hat eine Petition für das Rx-Versandverbot an den Deutschen Bundestag gestartet. Die Forderungen: einerseits das klare Bekenntnis des amtierenden Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) zum Koalitionsvertrag und andererseits die zeitnahe Umsetzung des Verbots unter Ausschöpfung aller (europa-)rechtlichen Möglichkeiten.

PTAheute.de: Herr Redmann, Sie sind der Apotheker mit der Petition für eine Durchsetzung des Rx-Versandverbotes. Können Sie noch einmal kurz erklären, worum es bei der Petition geht und was Sie bewegt hat, die Petition ins Leben zu rufen?

Christian Redmann: Ich konnte, und vor allem wollte nicht mehr mit ansehen, wie sich engagierte Kolleginnen und Kollegen jeden Tag an steigender Bürokratie, wachsenden Zukunftsängsten, Nachwuchssorgen und immer neuen Hiobsbotschaften politischer Natur aufreiben – und niemand etwas effektiv dagegen zu tun scheint. Wir haben seit 2016 aus meiner Sicht eine absolut ungelöste – existenziell systembedrohende – Entwicklung, kurz vor Weihnachten 2017 dazu noch ein fehlerbehaftetes Gutachten (Anm. d. Red.: Nähere Informationen finden Sie hier) und seitdem eine gefühlte Strategie des Schweigens. Das war mir schlichtweg zu wenig. Auch wenn ich rational die Taktik dahinter verstehen kann, wollte ich mich nicht mehr hilflos fühlen, da es mein Beruf und meine Zukunft sind, die aktuell von anderen entschieden werden.

PTAheute.de: Sie sind sehr aktiv in den sozialen Netzwerken und man hat das Gefühl, es ist eine richtige Apotheker/PTA-Community gewachsen, die die Petition unterstützt. Wie viele neue „Freunde“ haben Sie seit dem Start der Petition bei Facebook und wie nutzen Sie die sozialen Netzwerke für Ihre Petition?

Christian Redmann: Man kann die genaue Zahl nicht beziffern, aber man erkennt, dass die Vernetzung sowohl mit PTA, PKA und Apothekerkollegen zugenommen hat. Ich war vorher bereits anscheinend aktiv und konnte aus einem bestehenden Pool an gut vernetzten und bekannteren Kollegen schöpfen. Die Nutzung der sozialen Plattformen besteht überwiegend aus der Information über die Petition, Werbung dafür und Information über Zwischenstände sowie mittlerweile gebetsmühlenartigen Aufrufen, sie zu zeichnen. Der Erfolg ist so schlecht nicht: Anfangs konnten 20 Prozent bis 25 Prozent der Unterzeichner durch Facebook generiert werden, eine Zahl die naturgemäß jetzt von den Unterschriftenbögen überholt wurde. Nicht zu vergessen ist, dass soziale Netzwerke eine bislang sehr direkte Kommunikation mit – nicht nur – Standespolitikern ermöglichen oder in manchen Fällen auch zu einem direkten Dialog mit Politikern führen können. Meine Hoffnung ist es deswegen, zukünftig durch die Vernetzung in sozialen Medien vielleicht häufiger Dinge anzusprechen und versuchen zu ändern – natürlich mit Blick darauf, was möglich ist und wie weit der eigene Einfluss reicht.

Besonders gut empfand und empfinde ich die Schützenhilfe der Apothekerkammern und -verbände – hier sieht man doch einen länderübergreifenden Schulterschluss zugunsten einer Sache. Damit hätte ich anfangs nicht gerade gerechnet, wurde aber mehr als positiv überrascht.

Warum haben PTA und PKA die Diskussion ums Rx-Versandverbot nicht richtig wahrgenommen?

PTAheute.de: Man hat das Gefühl, die ganze Thematik und auch die Petition sind bisher vor allem an PTA und PKA vorbeigegangen. Können Sie sich das erklären?

Christian Redmann: Ich denke, ein Grund ist, dass viele Apothekenleiter selbst die Petition nicht wahrnehmen beziehungsweise nicht die Brisanz unserer aktuellen Situation erkennen. Erkennt die Leitung nicht, wie wichtig der Kampf um den Beruf ist, wie sollen es dann die Angestellten erkennen? Manchmal kam mir auch zu Ohren, dass man als Apotheker ja unterschrieben habe – aber habe man dem Team, deren Familien oder den eigenen Verwandten das Thema erläutert oder gar die Petitionslisten ausgedruckt und den Kunden zur Unterschrift ausgelegt? Fehlanzeige. Solche Mitteilungen sind dann schon ernüchternd gewesen.

Sicherlich trägt mitunter aber auch die – noch(!) –  gute Jobsituation im pharmazeutischen Bereich dazu bei, dass man sich im Angestelltenverhältnis weniger Sorgen darüber machen muss, wie es weitergeht, wenn die eigene Apotheke aufgrund der beruflichen Umstände schließen muss. 

Christian Redmann (Foto: privat)

PTAheute.de: Warum ist die Durchsetzung des Rx-Versandverbotes aus Ihrer Sicht wichtig für die Zukunft der Apotheken und damit auch für die Apothekenberufe?

Christian Redmann: Das Rx-Versandverbot und die Gleichpreisigkeit sind unabdingbare Säulen zur Sicherung der Versorgung in Deutschland. Ohne die gesetzliche Absicherung dieser Rahmenbedingungen werden wir in eine gefährliche Schieflage geraten, sowohl zulasten der Patienten als natürlich auch zulasten der ortsansässigen Betriebe beziehungsweise der Arbeitsplätze. Entkernt man durch Wegnahme der gesicherten Rx-Vergütung unsere Existenzgrundlage, schließen in absehbarer Zeit die Mehrheit der Apotheken und fallen somit auch die Arbeitsplätze für Angestellte weg. Eigentlich recht einsichtig. Versandapotheken werden durch ihren Aufbau und ihre auf Gewinnmaximierung ausgelegte Firmenpolitik niemals genug Arbeitsplätze bereitstellen können und wollen, um diesen Raubbau und diese Vernichtung aufzufangen.

Redmann: PTA sollten Chefs ansprechen

PTAheute.de: Welche Argumente können Sie Kolleginnen und Kollegen an die Hand geben, um Kunden, Freunde und Bekannte davon zu überzeugen, die Petition mit Ihrer Unterschrift zu unterstützen und wie können Mitarbeiter in ihren Apotheken Unterschriften sammeln? Geht das auch anhand von Unterschriftenlisten?

Christian Redmann: Wie bereits genannt: Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes, vernetztes Denken über den eigenen Arbeitsplatz hinaus. Ebenso an die Apothekerkollegen: Will man die Apotheken, auch die eigene, erhalten, muss jeder die Chance nutzen, unter anderem durch diese Petition der Politik zu sagen: Ich will nicht untergehen, ich will meinen Beruf so ausüben, wie er vorgesehen ist. Nicht zuletzt argumentiert man am besten zu allererst aus Sicht des Patienten: Stellen Sie doch einmal die Frage, was es für einen geriatrischen Patienten bedeutet, wenn die Vor-Ort-Versorgung wegfällt, er auf Tabletten tagelang warten muss, keine Rezepturen für ihn angefertigt werden sollen, dringende Schmerzmittel nicht per Versand sofort geliefert werden können, eine spezialisierte Versorgung im Alter nicht ohne weiteres möglich sein wird....

PTA sollten ihre Chefs darauf ansprechen, ob sie die Listen auslegen dürfen – so etwas geht nicht ohne Erlaubnis beziehungsweise Einverständnis der Apothekenleitung. Leider ist man da als Angestellter auf den Goodwill des Chefs angewiesen, was in diesem Fall eigentlich kein Problem sein sollte. Die Listen findet man auf der Seite der Petition (Anm. d. Red.: Hier geht’s zu den Listen)

Vielleicht sollten die PTA auch nochmal an ihre Ausbildungsschulen schreiben – ich selbst habe dies mehrmals getan und bis auf eine(!) Schule weder eine Rückmeldung geschweige denn Unterschriftensammlungen erhalten. Das ist schon bedenklich, wenn es bereits kein Interesse an dieser Stelle zu geben scheint. Die Fachschaften an den Universitäten hingegen waren mitunter recht eifrig und umtriebig.

PTAheute.de: Es fehlen noch knapp 1.800 Unterschriften, die bis zum 7. November 2018 gesammelt werden müssen. Gesetzt den Fall, die schaffen Sie noch: Wie geht‘s dann weiter?

Christian Redmann: Nach Erreichen der Quorumszahl setze ich mich mit den Verantwortlichen von openpetition.de in Verbindung und bespreche das weitere Vorgehen. Wie die Bundesregierung, respektive zunächst der Petitionsausschuss, reagiert, ist meines Wissens nach festgelegt.



Cornelia Neth, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

Zahlen ersetzen alle Argumente

von Ulrich Ströh am 10.09.2018 um 20:26 Uhr

Ich habe großen Respekt vor dem Engagement des Initiators Christian Redmann !
Er wird die 50000 noch schaffen!
Sein Verdienst!

Aber ansonsten ein fatales Signal der Apotheken und ihrer Mitarbeiter gegenüber der Politik...

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Zahlen ersetzen alle Argumente

von Stefan Haydn am 11.09.2018 um 13:58 Uhr

Da gebe ich ihnen recht. Offenbar hat nicht mal jeder 3. Betroffene ein Interesse am eigenen Arbeitsplatz.
Das zeigt der Politik nur wie bereitwillig sich Apotheken und deren Angestellte abschlachten lassen.

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