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EU-Kommission
Verbraucherschutzminister gegen Aufweichung der Widerrufsrechte im Online-Handel
Im April teilte die EU-Kommission mit, dass sie mit mehreren Gesetzesvorschlägen die Rechte europäischer Verbraucher stärken wolle. Unter anderem ging es um mehr Transparenz auf Online-Marktplätzen und Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken. In einem Punkt, beim Widerrufsrecht, will die EU-Kommission aber auch den Unternehmen helfen, indem „unnötige Belastungen“ beseitigt werden sollen. Die Verbraucherschutzminister der Bundesländer äußerten sich nun verärgert.
„Neue Rahmenbedingungen für die Verbraucher: Kommission stärkt Verbraucherrechte in der EU und ihre Durchsetzung“, so lautete der Name einer Pressemitteilung, die die EU-Kommission im April 2018 über ihr geplantes Reformpaket in Sachen Verbraucherschutz veröffentlichte. Damit will die Kommission unter anderem auf den Dieselgate-Skandal reagieren und die Möglichkeiten zu Verbandsklagen erleichtern. Außerdem sollen stärkere Sanktionsbefugnisse für die Verbraucherschutzbehörden der Mitgliedstaaten eingeführt werden. Und auch der „irreführende“ Vertrieb von Produkten über das Internet soll erschwert werden.
In einem Punkt will die Kommission aber auch die Online-Händler entlasten. Die Änderungsrichtlinie sieht unter anderem vor, dass ein Unternehmen die Rückzahlung des Kaufpreises so lange verweigern kann, bis die Ware wieder bei ihm eingegangen ist. Zudem soll der Anbieter künftig Geld nicht mehr erstatten müssen, wenn der Kunde beispielsweise Kleidung nicht nur anprobiert, sondern getragen hat.
Reinhold Jost (SPD): Wirtschaft gegenüber Verbrauchern nicht im Nachteil
Wörtlich teilte die Kommission dazu mit: „Die neuen Rahmenbedingungen werden unnötige Belastungen für Unternehmen beseitigen, u. a. durch die Abschaffung von Verpflichtungen für Unternehmen hinsichtlich des Widerrufsrechts der Verbraucher. Beispielsweise dürfen Verbraucher Produkte, die sie nicht nur ausprobiert, sondern bereits verwendet haben, nicht mehr zurückgeben, und die Unternehmer müssen den Verbrauchern nicht mehr den Kaufpreis erstatten, bevor sie die betreffenden Waren tatsächlich zurückerhalten.“
Die Verbraucherschutzminister der Länder kritisieren die vorgeschlagene Aufweichung des Widerrufsrechts im Online-Handel. „Der Vorschlag ist aus unserer Sicht nicht fair und nicht ausgewogen“, sagte der Vorsitzende der Verbraucherschutzministerkonferenz, Saarlands Ressortchef Reinhold Jost (SPD). Es bestehe „kein Anlass zu glauben“, dass nach der jetzigen Regelung die Wirtschaft gegenüber den Verbrauchern im Nachteil sei. Es gebe keine belegbaren Zahlen dafür, dass Kunden das Widerspruchsrecht erheblich missbrauchten, sagte Jost.
Versandapotheken schließen Widerrufsrecht für Arzneimittel aus
Auch bei Arzneimitteln ist das Widerrufsrecht im Online-Handel ein Thema: Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte schon vor einiger Zeit die Internetauftritte und Geschäftsbedingungen von 20 Versandapotheken unter die Lupe genommen. Im Visier hatten die Verbraucherschützer unter anderem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im Hinblick auf ein Widerrufsrecht. Denn: Wenn ein Verbraucher Waren im Versandhandel bezieht, hat er ein gesetzliches Widerrufsrecht und kann die Waren innerhalb von 14 Tagen zurückgeben. Der vzbv meinte, dieses Recht müsse Verbrauchern auch bei Arzneimitteln zustehen, die sie im Versand beziehen.
Die Versandapotheke Apovia beispielsweise hatte in ihren AGB verschreibungs- und
apothekenpflichtige Medikamente allerdings vollständig vom Widerrufsrecht ausgeschlossen.
Der Apothekenbetreiber verteidigte die Klausel vor Gericht damit, dass ihm ein
Weiterverkauf der zurückgesandten Medikamente nicht möglich sei und sie damit
„rechtlich verderben“ würden. Inzwischen haben aber mehrere Gerichte entschieden, dass Versandapotheken das Widerrufsrecht nicht generell ausschließen dürfen.
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