Markteinführung

Digitale Pille für erste Patienten verfügbar

München - 11.09.2018, 10:00 Uhr

In den USA ist das Antipsychotikum Abilify MyCite, die erste digitale Pille, jetzt für Patienten erhältlich. (Foto: dpa)

In den USA ist das Antipsychotikum Abilify MyCite, die erste digitale Pille, jetzt für Patienten erhältlich. (Foto: dpa)


Warnung vor Datenmissbrauch

Wie früher berichtet, sieht Ameet Sarpatwari von der Harvard Medical School in der Markteinführung die Chance, dass die digitale Pille „das Potenzial hat, die öffentliche Gesundheit zu verbessern.“ Er warnte allerdings auch davor, dass derartige Arzneimittel mehr Misstrauen als Vertrauen erzeugen könnten, wenn sie unsachgemäß verwendet würden.

Gesundheitsexperten weisen darauf hin, dass Versicherer derartige Arzneimittel dazu nutzen könnten, Patienten bei nachgewiesen korrekter Einnahme Rabatte zu gewähren. Das wiederum könnte nach Meinung von Eric Topol, Direktor des Scripps Translational Science Institute, ethische Fragen aufwerfen, da die Technologie „so sehr zur Arzneimitteleinnahme motiviert, dass es fast wie Zwang ist“. Ein weiterer umstrittener Einsatz könnte laut New York Times darin liegen, die Einnahme der digitalen Medizin als Bedingung für eine strafrechtliche Bewährung zu verlangen.

Nach Angaben der US-Apotheken-Fachzeitschrift Pharmacy Times ist außerdem noch ungeklärt, welche Rolle Apothekern beim Umgang mit derart „intelligenten Medikamenten“ zukommt. „Wir beobachten einen Zustrom von mehreren intelligenten Geräten wie Inhalatoren und potenziell injizierbaren Medikamenten, die Abilify MyCite sehr ähnlich sind und die Überwachung der Arzneimitteleinnahme bei Patienten ermöglichen“, so die Zeitung. Offen sei beispielsweise die Frage, wer für die Verwaltung dieser Daten verantwortlich sei – der Anbieter der Medizin oder die Apotheker, die unter Umständen über die Daten verfügen und von denen erwartet werde, dass sie die Patienten zur Einhaltung ermutigten?

Digitale Medikamente in Entwicklung

Derzeit arbeiten mehrere Unternehmen an digitalen Medikamente. So plant Google, Miniatursensoren durch den Körper zu schicken. Eine Pille im Nanomaßstab soll dabei im Blutkreislauf des Menschen nach Signalstoffen für Krankheiten Ausschau halten.

Bereits 2014 machte Google mit einer Kontaktlinse von sich reden, die Diabetikern das Leben erleichtern soll. So sollte die Linse in der Lage sein, aus Tränenflüssigkeit den Blutzucker zu bestimmen. Auch machte in der Vergangenheit bereits eine schluckbare Kamera Schlagzeilen, die Bilder aus dem Darm sendet.

Das US-Start-up Rani Therapeutics in San José entwickelt derzeit eine Roboter-Pille, in der winzige, mit Wirkstoff gefüllte Spritzen in einer Kapsel stecken und ihren Wirkstoff in die Darmwand spritzen. Anders als bei Abilify MyCite steht hier allerdings nicht die Therapiekontrolle im Vordergrund, sondern die Technik dient als Transportvehikel für große Moleküle, die andernfalls gespritzt oder per Infusion verabreicht werden müssten.

Unterdessen geht auch Proteus Digital Health, der Digital-Partner von Otsuka, einen Schritt weiter. Auf seiner Webseite teilt das Unternehmen mit, das in Abilify MyCite verwendete System könnte die größte Wirkung unter anderem bei Patienten mit Diabetes oder Bluthochdruck erzielen. Die nächsten Schritte in der Welt digitalen Arzneimittel zeichnen sich damit bereits ab.



Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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