Europäisches Patentamt

Fällt das Sovaldi-Patent im zweiten Anlauf?

Berlin - 11.09.2018, 14:50 Uhr

Anstehende Verhandlungen im Europäischen Patentamt in München: Muss Gilead demnächst sein Sovaldi-Monopol  in Europa aufgeben? (s / Foto: Imago)

Anstehende Verhandlungen im Europäischen Patentamt in München: Muss Gilead demnächst sein Sovaldi-Monopol  in Europa aufgeben? (s / Foto: Imago)


Kostengünstige Sofosbuvir-Generika könnten in Europa bald Wirklichkeit werden: Ab dem kommenden Donnerstag wird im Europäischen Patentamt über das Sovaldi-Patent verhandelt. Mehrere Nicht-Regierungsorganisationen, darunter Ärzte ohne Grenzen und Ärzte der Welt, hatten im März vergangenen Jahres Einspruch eingelegt. Das Wirkstoffpatent wurde bereits vor seiner Erteilung von Ärzte der Welt angefochten – jedoch ohne große versorgungsrelevante Konsequenzen.

Der US-Konzern Gilead muss in dieser Woche sein Patent auf den Sovaldi- Wirkstoff verteidigen. Die Herausforderer sind nicht aus der Pharmabranche, sondern es handelt sich um mehrere Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs): Ärzte ohne Grenzen, Ärzte der Welt und weitere Organisationen aus 17 europäischen Ländern haben im März 2017 beim Europäischen Patentamt (EPA) in München Einspruch gegen das Patent auf den Hepatitis-C-Wirkstoff Sofosbuvir eingelegt.

Die NGOs sind der Ansicht, dass das Patent „Modifizierte fluorinierte Nukleosidanaloga“ (EP2604620) aus rechtlicher und wissenschaftlicher Sicht keine patentierbare Erfindung ist. Die Monopolstellung durch den Patentschutz, aufgrund derer Gilead für Sovaldi in Europa hohe Preise verlangen kann, sei nicht gerechtfertigt. Im Anschluss an die Verhandlungen am 13. und 14. September in München soll das EPA eine Entscheidung über das Fortbestehen des Patents treffen.

43.000 Euro pro Behandlung

Die NGO Ärzte der Welt hat das Sofobusvir-Patent vor der Anmeldung durch Gilead im Juni 2016, bereits im Jahre 2015, angefochten. Medienberichten zufolge begründete die Organisation ihren Einspruch damit, dass die Molekularstruktur des Wirkstoffs Sofosbuvir das Ergebnis der Arbeit mehrerer Forschungseinrichtungen sei und Gilead das Patent nicht allein für sich beanspruchen könne.

Im Oktober 2016 schränkte das EPA dieses Patent ein. Beide Seiten werteten die Entscheidung als Erfolg. Direkte Konsequenzen für die Versorgung hunderttausender Menschen hatte die EPA-Entscheidung nicht, denn Gilead kann immer noch hohe Preise für Sovaldi verlangen: Medienberichten zufolge derzeit in Europa bis zu 43.000 Euro für eine zwölfwöchige Behandlung. Wegen des hohen Preises haben nach Informationen von Ärzte ohne Grenzen einige europäische Regierungen die Behandlungen mit Sofosbuvir bereits rationiert und lassen nur die schwersten Fälle von Hepatitis C dafür zu.



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


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