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„Unkalkulierbares Risiko“
Ärztekammer Brandenburg will keine ausschließlichen Fernbehandlungen
Der Beschluss des Deutschen Ärztetages zur Aufhebung des Fernbehandlungsverbotes wurde in der öffentlichen Diskussion als großer Meilenstein auf dem Weg zur Digitalisierung des Gesundheitswesens beschrieben. Doch nun wird klar: Die Ärzteschaft steht nicht geschlossen hinter der ausschließlichen Video- und Telefonberatung. Am vergangenen Wochenende hat es die Landesärztekammer Brandenburg abgelehnt, die Fernbehandlungsregelungen zu liberalisieren.
Im Mai 2018 kam der Deutsche Ärztetag zu einem Beschluss, der das gesamte Gesundheitswesen revolutionieren kann: Die Mediziner beschlossen eine Änderung der Musterberufsordnung, nach der Ärzte ihre Patienten unter bestimmten Voraussetzungen künftig ohne vorherigen persönlichen Kontakt in der Praxis ausschließlich per Telefon, SMS, E-Mail oder Online-Chat behandeln. Den Antrag hatte der Vorstand der Bundesärztekammer selbst gestellt. Demnach soll es künftig „im Einzelfall“ für Ärzte in ihren Praxen erlaubt sein, ausschließlich über (digitale) Medien zu beraten und zu behandeln, wenn dies medizinisch vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt bei Diagnostik, Beratung, Therapie und Dokumentation gewährleistet wird. Der persönliche Patientenkontakt soll für Ärzte aber weiterhin Vorrang haben. Bislang waren in Deutschland praktizierenden Ärzten solche Fernbehandlungen nur nach einer persönlichen Untersuchung erlaubt.
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Der Haken an der Geschichte: Der Beschluss betraf eben auch „nur“ eine Änderung der Musterberufsordnung. Um die Regelung auch wirklich wirksam werden zu lassen, müssten also alle Landesärztekammern in den Bundesländern – übrigens wie bei den Apothekerkammern – ihre Landesberufsordnung dementsprechend anpassen. In den meisten Ländern ist das auch schon passiert: Baden-Württemberg hatte die ausschließliche Fernbehandlung sogar schon vor dem Deutschen Ärztetag in Modellversuchen gelockert. Inzwischen zogen unter anderem Sachsen, Bremen und Schleswig-Holstein nach.
Ärzte in Brandenburg: Unkalkulierbares Risiko bei ausschließlicher Online-Behandlung
Die Deregulierungswelle wird jedoch derzeit im Osten der Republik gebrochen: Die Landesärztekammer Brandenburg hat in ihrer Vertreterversammlung am vergangenen Wochenende beschlossen, dass man die Änderung der Musterberufsordnung nicht übernehmen werde. Das meldeten sowohl die Ärztezeitung als auch das Ärzteblatt am gestrigen Dienstag. Die Delegierten hätten demnach keine Veranlassung gesehen, nachdem sie alle Vor- und Nachteile, insbesondere alle rechtlichen und medizinischen Aspekte, unter die Lupe genommen hatten. Eine ausschließliche Fernbehandlung ohne jeden unmittelbaren Arzt-Patienten-Kontakt halten die Brandenburger Ärzte den Berichten zufolge für „ein unkalkulierbares Risiko für Patient und Arzt“.
Schon in der vergangenen Woche hatte sich die Kammer Brandenburg auf ihrer Internetseite zum Thema Fernbehandlung geäußert. Die Mediziner teilten mit, dass es schon heute viele Möglichkeiten der Fernbehandlung gebe. „Dazu zählen zum Beispiel die individuelle Beratung und Behandlung von Patienten, Telediagnostik und Telemonitoring.“ Man habe sich lediglich gegen die ausschließliche Fernbehandlung ausgesprochen, „wenn also im Rahmen der Behandlung gänzlich auf einen direkten Arzt-Patienten-Kontakt verzichtet werden soll“. Die ausschließliche Fernbehandlung mache aber lediglich einen kleinen Teil der Fernbehandlung aus und spiele bei den „allermeisten Modellen der Fernbehandlung gar keine Rolle“.
Damit gibt es inzwischen sogar schon zwei Ärztekammern, die den Beschluss des Deutschen Ärztetages ablehnen. Schon im Mai hatte es die Kammer Saarland abgelehnt, die ausschließlichen Online-Beratungen in die saarländische Berufsordnung zu übernehmen.
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