„Blutschwämme“

Hämangiome: Ein Betablocker fürs Baby?

Stuttgart - 14.09.2018, 11:15 Uhr

Muss der Blutschwamm am Kopf eines Babys behandelt werden? ( r / Foto: Franziska Krause / stock.adobe.com)

Muss der Blutschwamm am Kopf eines Babys behandelt werden? ( r / Foto: Franziska Krause / stock.adobe.com)


Propranolol als topische Zubereitung noch nicht empfohlen

Weil zur Anwendung topischer Betablocker-Zubereitungen laut Leitlinie (am 20.03.2018 inhaltlich überprüft) bisher erst eine konrollierte Studie mit lediglich 17 Probanden pro Studienarm vorliegt, wird in der Leitlinie von topischen Propranolol-Zubereitungen abgeraten. Das Ausmaß und die Bedeutung der transkutanen Resorption seien noch nicht ausreichend untersucht und die existierenden Rezepturen darüber hinaus nicht standardisiert. Die transkutane Resorption könne zu unerwarteten systemischen Wirkungen führen, weil sie beispielsweise durch den fehldenen First-Pass-Effekt verstärkt werden kann. 

In der Zeitschrift Krankenhauspharmazie (2018;39:120–2) aus dem April 2018 wird die topische Applikation von Propranolol bei infantilen Hämangiomen mittlerweile etwas anders bewertet: So sollen zahlreiche Studien mit einer Vielzahl von Patienten – auch Frühgeborenen – zeigen, dass die topische Anwendung von Propranolol-Zubereitungen zur Behandlung von infantilen Hämangiomen nach jetzigem Kenntnisstand sicher und wirksam ist. Bei allen bisherigen klinischen Untersuchungen seien bei der topischen Propranolol-Applikation keine systemischen Nebenwirkungen aufgetreten.

Dennoch sei die optimale Applikationsform noch nicht vollständig geklärt. So ist noch offen, welchen Einfluss die verwendete Grundlage auf eine optimale Penetration von Propranolol in das Hämangiom hat. Zu klären ist außerdem noch, in welcher Konzentration und wie häufig am Tag topische Zubereitungen von Propranolol und anderen Betablockern angewandt werden sollten. Wäre eine Okklusion förderlich oder nicht? Führen höhere Konzentrationen als 1 Prozent zu einer besseren Wirksamkeit oder erhöhen sie nur das Risiko für systemische Nebenwirkungen? Somit bleibt die orale Propranolol-Therapie die erste Wahl.

Glucocorticoide sind obsolet

Früher war die Behandlung mit systemischen Glucocorticoiden bei infantilen Hämangiomen üblich. Heute ist sie nur noch in (kurzzeitiger) Kombination mit Propranolol indiziert, wenn eine Therapie nicht anspricht oder, wenn unmittelbar lebensbedrohliche Situationen bestehen. Im Vergleich zur oralen Glucocorticoidtherapie ist Propranolol deutlich wirksamer und zeigt eine geringere Nebenwirkungsrate. Auch die Verwendung von Zytostatika wie Vincristin oder die Therapie mit Interferon-alpha sind wegen schwerer Nebenwirkungen und in Anbetracht der Wirksamkeit und Verträglichkeit von Propranolol obsolet.

Je nach Lokalisation und Ausdehnung des infantilen Hämangioms können ohne und nach jeder Therapie funktionell und/oder ästhetisch unbefriedigende Restzustände verbleiben. Behandlungen mit dem Laser oder chirurgische Maßnahmen können dann angebracht sein.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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