- DAZ.online
- News
- Wirtschaft
- Neue ...
Verpackungsgesetz
Neue Registrierungspflicht für Versandhändler, Hersteller und Großhändler
Anfang 2019 tritt das neue Verpackungsgesetz in Kraft. Es löst die seit Langem geltende Verpackungsverordnung ab und soll dazu beitragen, die Abfallmengen zu senken. Arzneimittelhersteller, Onlineapotheken und Pharmagroßhändler müssen damit sich und ihre Verpackungsmengen künftig an zentraler Stelle registrieren und Verpackungsmengen wie auch deren Art angeben.
Das Ziel ist ehrenwert: Die Recycling-Quoten bei Verpackungsmaterialien sollen steigen und das Abfallaufkommen verringert werden. Dies bezweckt das neue Verpackungsgesetz, das am 1. Januar 2019 in Kraft tritt und die bislang geltende Verpackungsverordnung ablösen wird. Wie viele andere Hersteller und Händler wird auch die Pharmabranche von dieser Neuerung betroffen sein.
Das in der bisherigen Verordnung verankerte Prinzip der Produktverantwortung sieht bereits vor, dass Hersteller für die Entsorgung ihrer Verkaufsverpackungen bezahlen müssen. Dies geschieht in Form kostenpflichtiger Lizenzierungs- beziehungsweise Beteiligungsentgelte bei einem dualen System. Damit sollen die Kosten für die Rücknahme und Verwertung der Verpackungen finanziert werden.
Im Unterschied zur Verpackungsverordnung müssen sich Hersteller und Versandhändler unter der Regie des Verpackungsgesetzes künftig außerdem bei der 2017 gegründeten und unter Aufsicht des Umweltbundesamtes stehenden „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ (ZSVR) in Osnabrück registrieren. Zudem müssen die Unternehmen jährlich im Mai eine Vollständigkeitserklärung vorlegen, in der sämtliche erstmalig in Verkehr gebrachten Verkaufs- und Umverpackungen aufgelistet sein müssen.
Mehr Transparenz als Ziel
Nach Angaben ZSVR soll dieses System mehr Transparenz als bisher erzeugen. So werde es ein öffentliches Register aller Unternehmen geben, die „systembeteiligungspflichtige“ Verpackungen in Verkehr bringen, also solche, die beim Endverbraucher landen. Damit fallen nicht nur Produkthersteller unter diese Pflicht, sondern auch Versandhändler. Nach einem Bericht des Digitalportals T3N definiert das neue Gesetz Versandverpackungen als solche, „die erst beim Letztvertreiber befüllt werden, um den Versand von Waren an den Endverbraucher zu ermöglichen oder zu unterstützen“. Gemeint seien damit Verpackungen sowie Füllmaterial - zum Beispiel Kartons, Füllmaterial oder Folien.
In die Pflicht werden künftig auch Unternehmen genommen, die Verpackungen gewerbsmäßig aus dem Ausland einführen. Nach Informationen der ZSVR ist bei Importwaren entscheidend, dass zum Zeitpunkt des Grenzübertritts die rechtliche Verantwortung für die Ware geklärt sei. Dies sei im Einzelfall zwischen dem Verkäufer und den Kunden beziehungsweise Importeuren zu klären. Am Ende sei der „Letztvertreiber“ in Deutschland dafür verantwortlich, dass die Pflichten des Verpackungsgesetzes erfüllt werden, ansonsten unterliege die Ware in Deutschland einem Vertriebsverbot.
T3N weist darauf hin, dass selbst geringe Mengen an systembeteiligungspflichtigen Verpackungen bei einem dualen System lizenziert werden müssen. Gerade kleine Onlinehändler seien dieser schon bislang geltenden Verpflichtung oft aus Unwissenheit nicht nachgekommen. Das könnte künftig teuer werden, denn ein Verstoß gegen die neuen Meldepflichten kann mit einem Bußgeld von bis zu 200.000 Euro pro Fall geahndet werden. Außerdem droht bei einer fehlenden Registrierung und Systembeteiligung ein Vertriebsverbot. Unternehmen laufen damit auch Gefahr, beispielsweise von Wettbewerbern abgemahnt zu werden. Sie sollten daher das Verpackungsgesetz genauso ernst nehmen wie die Umsetzung einer Datenschutzgrundverordnung, so T3N.
Wie sich die Pharmabranche vorbereitet
Wenngleich das neue Verpackungsgesetz erst 2019 in Kraft tritt, raten Branchenkenner, dass sich E-Commerce-Händler und Versender bereits jetzt damit beschäftigen sollten. Zahlreiche Unternehmen aus der Pharmabranche, Großhändler und Versandapotheken haben das Thema jedenfalls bereits auf der Agenda, wie eine Umfrage von DAZ.online ergeben hat. So weist ein Sprecher von Alliance Healthcare Deutschland darauf hin, dass Pharmagroßhändler laut Verpackungsgesetz schon bisher keine „systembeteiligungspflichtigen“ Verpackungen in Verkehr bringen dürfen, wenn sich der pharmazeutische Hersteller nicht registriert habe. „Insofern wird das neue Gesetz uns als Pharmagroßhändler vor die Aufgabe stellen, diesen Sachverhalt mithilfe der IFA-Datenbank zu überprüfen, die diese Information ab dem 1.Januar 2018 bereithält“, so der Alliance-Sprecher. Die IFA GmbH erhebt und pflegt wirtschaftliche, rechtliche und logistische Daten zu Arzneimitteln und apothekenüblichen Waren in der IFA-Datenbank.
Darüber hinaus habe Alliance Healthcare die Eigenmarke namens Alvita, über die das Unternehmen ein eigenes Sortiment an Medizinprodukten vertreibe. „In dieser Rolle sind wir ab dem 1. Januar 2019 selbstverständlich bei der sogenannten Zentralen Stelle Verpackungsregister registriert“, so der Sprecher.
BVDVA: Nur Servicepackungen gelten bereits als lizenziert
Der Bundesverband der deutschen Versandapotheken (BVDVA) verweist auf einen Beitrag, den man auf der eigenen Homepage zu diesem Thema veröffentlicht hat. Neben allgemeinen Informationen zu dem Gesetz heißt es darin, dass man sich als Onlinehändler nicht darauf berufen könne, Verpackungen einzusetzen, die beim Kauf bereits als lizenziert gelten. Dieses Vorgehen sei ausdrücklich beschränkt auf sogenannte Serviceverpackungen wie Brötchentüten, Fleischerpapier, Tüten für Obst- und Gemüse oder Coffee-to-go-Becher.
Phoenix Pharmahandel teilt gegenüber DAZ.online mit, dass das Unternehmen im Rahmen der aktuell bestehenden Verpackungsverordnung bereits seinen Verpflichtungen zur Meldung der Verpackungsmengen und -materialien nachkomme. Es seien Prozesse geschaffen worden, die Warenströme aus dem Auslandswarenbezug und beim Einzelimport gemäß dem Arzneimittelgesetz zu erfassen und auszuwerten. „Die anfallenden Mengen melden wir regelmäßig bei unserem Recyclingpartner“, so ein Unternehmenssprecher. Folglich ändere sich für Phoenix in Deutschland in der Praxis nichts; lediglich müssten die anfallenden Mengen künftig sowohl an das Verpackungsregister „Lucid“ der ZSVR als auch an den Recyclingpartner gemeldet werden.
Die Hamburger Versandapotheke Aporot stellt klar, dass man bei den Eigenmarken zunehmend auf eine „sinnvolle und nachhaltige Verpackungsstrategie“ setzen wolle. Auch recycelte oder gebrauchte Materialien würden zur Verpackung genutzt.
BPI: Gesetz bringt nur „strukturell-organisatorisch“ Neues
Während die beiden Onlineapotheken DocMorris und Shop Apotheke Europe keine Stellung zu dem Thema nahmen, verfolgt der Versandhändler Medikamente per Klick den aktuellen Prozess genau – man werde die entsprechenden Anforderungen erfüllen. Zudem begrüße man, dass sich Deutschland dafür entschieden habe, dass auch für ausländische Versandapotheken die gleichen Anforderungen gelten sollen. „Mit Interesse beobachten wir auch die Entwicklung von ökologischen Verpackungen, die aufgrund der Verwertbarkeit und durch die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen eine bessere ökologische Bilanz aufweisen.“
Und die Pharmaindustrie selbst? Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) stellt klar, dass das neue Verpackungsgesetz durch die Einführung der ZSVR als Kontrollorgan nur „strukturell-organisatorisch“ Neues bringe, inhaltlich sich aber wenig ändere. Die Unternehmen der pharmazeutischen Industrie würden für die Verwertung der von ihnen in Verkehr gebrachten Packmaterialien die gesetzlich geforderten Bestimmungen bereits bisher erfüllen.
Wenig Spielraum bei Arzneimittelverpackungen
Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa) gibt allerdings zu Bedenken, dass Pharmahersteller bei den Primärpackungen, die das Medikament selbst berühren - Flaschen oder Blister - nur wenig Spielraum haben. Es gälten strenge Vorgaben, um die Integrität und Haltbarkeit der Medikamente zu gewährleisten, was nur mit bestimmten Materialien und Materialkombinationen gelinge. Jede Packung werde zudem mit der Arzneimittelzulassung festgelegt und dürfe nicht einfach verändert werden.
Hinzu komme, dass es der Wasserwirtschaft, der Politik und der Pharmaindustrie wichtig sei, die Eintragung von Arzneistoffen ins Abwasser zu verringern. In vielen Aufklärungskampagnen werde deshalb die Bevölkerung gerade ermahnt, Altarzneimittel mit dem Hausmüll zu entsorgen, statt sie in die Toilette zu kippen. Eine Gegenkampagne, die auffordere, Arzneimittel-Flaschen dem Glasmüll und auch Tuben dem Recyling zuzuführen, wo sie dann gespült würden, brächte im Ergebnis weniger statt mehr Umweltschutz.
Welche Kosten verursacht das Gesetz?
Weitgehend unklar ist, welche Mehrkosten das neue Gesetz für die im Pharmabereich tätigen Unternehmen verursachen wird. So kann der BVDVA keine Angaben dazu machen, da es keine entsprechenden Erhebungen gebe. Die Versandapotheke Aporot erwartet zumindest keinen Anstieg der Verbraucherpreise aufgrund der Mehrkosten, die durch das neue Gesetz bei Eigenmarken anfallen. Und bei Alliance Healthcare heißt es, dass die Lizenzierungskosten für das Unternehmen vernachlässigenswert seien. Für den zusätzlichen Entsorgungsanteil für die Verpackungen der hauseigenen Alvita-Reihe rechnet Alliance mit Mehrkosten lediglich im oberen vierstelligen Eurobereich pro Jahr.
Der vfa hält hingegen eine Gebührenänderung beim Dualen System für wahrscheinlich, denn die Beteiligungsentgelte würden laut Neuordnung der Abfallregelungen unter anderem davon abhängig gemacht, wie der Grad der „grundsätzlichen Recyclingfähigkeit“ der Produkte eingeschätzt wird.
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.