Modellprojekte

ABDA: Apothekerschaft ist gegen eine Cannabis-Legalisierung

Berlin - 19.09.2018, 07:00 Uhr

Sollte es bald Cannabis-Testprojekte in Apotheken geben? Die ABDA meint: Nein! Allerdings werde man an Lösungen mitarbeiten, wenn es dazu kommt. (Foto: Imago)

Sollte es bald Cannabis-Testprojekte in Apotheken geben? Die ABDA meint: Nein! Allerdings werde man an Lösungen mitarbeiten, wenn es dazu kommt. (Foto: Imago)


Dass es in Deutschland Modellprojekte geben könnte, in denen Apotheken zur Cannabis-Abgabestelle werden, ist durchaus denkbar. Schließlich erhöht derzeit nicht nur die SPD den Druck in dieser Sache, mit Erwin Rüddel (CDU) hat das auch erstmals ein Unionspolitiker gefordert. Was aber sagt die ABDA dazu? Wären die Apotheker bereit dafür? Auf Nachfrage von DAZ.online erklärt die Standesvertretung, dass sie gegen eine Legalisierung ist. Sollte es aber dazu kommen, will die ABDA zu einer Lösung beitragen.

Die Diskussion rund um die Cannabis-Legalisierung nimmt derzeit an Fahrt auf. Bis zuletzt waren die Machtverhältnisse in dieser Frage eigentlich immer klar: Während Linke, Grüne und FDP eine Lockerung der Drogenpolitik fordern und die Liberalen dabei kontrollierte Abgabe-Projekte favorisieren, stellte sich die Union bisher gegen jegliche Art der Legalisierung. Dass nun aber auf einmal vermehrt über solche Modellprojekte gesprochen wird, liegt insbesondere an Erwin Rüddel (CDU), Vorsitzender des Gesundheitsausschusses. Der hatte gegenüber DAZ.online in der vergangenen Woche gesagt, dass er sich die kontrollierte Abgabe – etwa in der Apotheke – im Rahmen eines Tests sehr gut vorstellen könne. „Für einen Modellversuch wäre sicherlich die Abgabe über die Apotheke der einfachste Weg. Durch eine staatlich kontrollierte Abgabe würde auch ein gleichbleibender THC-Gehalt sichergestellt werden können“, erklärte der CDU-Gesundheitspolitiker.

FDP und Union: Cannabis-Modellprojekte mit Apotheken

Die Diskussion verselbstständigte sich – am vergangenen Freitag teilte die SPD-Bundestagsfraktion mit, dass sie eine „neue Ära“ im Umgang mit Cannabis sehe. Die Apotheken als Abgabestelle nannten die Sozialdemokraten allerdings nicht. Ursprünglich hatte die FDP-Bundestagsfraktion die Apotheken hier erstmals ins Spiel gebracht – die Liberalen brachten dazu sogar einen Gesetzesantrag ins Parlament ein. Für die Grünen und Linken dagegen ist im Falle einer Legalisierung die Apotheke als Abgabestelle von Cannabis zu Genusszwecken ungeeignet. Denn der Schwerpunkt der Apotheke sei die Abgabe von Arzneimitteln und die Beratung von Patienten und nicht die Freizeitanwendung von Drogen. Zudem hätten auch Minderjährige Zutritt zu Apotheken, was in den von den Grünen und Linken angedachten Abgabegeschäften untersagt wäre.

ABDA bietet trotz Bedenken Lösungsbereitschaft an

Was aber sagen die Apotheker selbst dazu? Können sich die Pharmazeuten überhaupt vorstellen, eine solche Aufgabe zu übernehmen? Und wie steht die Standesvertretung der Apotheker grundsätzlich zum Thema Legalisierung von Cannabis? Bislang gab es nur vereinzelte Statements aus der Apothekerschaft dazu. Nun hat eine Sprecherin als Reaktion auf die politische Debatte um die möglichen Modellprojekte gegenüber DAZ.online jedoch klar geantwortet:


Derzeit wird öffentlich über die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken diskutiert. Aus fachlichen Gründen lehnt die Apothekerschaft unter Federführung der Bundesapothekerkammer die Legalisierung von Cannabis ab. Die politische Entscheidung muss allerdings gesellschaftlich getroffen werden. Falls es in Deutschland zu einem gesellschaftspolitischen Konsens kommen sollte, Cannabis für Genusszwecke zu legalisieren, dann würden die Apotheker zu einer Lösung beitragen, die den Besonderheiten von Cannabisprodukten unter Qualitäts- und Sicherheitsaspekten Rechnung trägt.“

ABDA-Sprecherin


Berliner SPD: Länder sollten über Modellprojekte entscheiden dürfen

Um ein Cannabis-Modellprojekt umsetzen zu können, müsste der Gesetzgeber das Betäubungsmittelgesetz ändern. Ein Kreisverband der SPD Berlin hatte kürzlich vorgeschlagen, dass nach einer entsprechenden Änderung des Gesetzes die Länderbehörden selbst darüber entscheiden könnten, ob ein Modellprojekt stattfinden darf oder nicht. Die Berliner SPD hat dabei die Apotheken als Abgabestelle im Sinn, weil dort eine seriöse Beratung gewährleistet sei. Zudem sei der Distributionsweg bereits etabliert.

Dass die Bundesländer und Kommunen in Sachen Cannabis-Modellprojekte motivierter sind als der Bund, ist schon länger klar. Denn es hat schon mehrere Anträge auf solche Tests gegeben. Zuletzt (2017) hatte es die Stadt Münster probiert und beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte einen entsprechenden Antrag gestellt, den die Arzneimittelbehörde jedoch ablehnte.

Einen neuen Versuch will auch die Stadt Köln unternehmen. Die Bezirksvertretung Innenstadt, ein kommunales Stadtparlament in Köln, fasste im März 2018 einen Beschluss, nachdem Apotheker in entscheidender Rolle in die Cannabis-Abgabe eingebunden werden sollen. In der Bezirksvertretung beschlossen die Grünen, Linken, die Fraktion „Gut“ sowie die Fraktion „Freunde“, dass die Stadtverwaltung beim BfArM eine entsprechende Ausnahmeregelung erwirken solle.

Preis: Apotheke und Genussmittel passen nicht zusammen

Damals äußerte sich übrigens Thomas Preis, Chef des Apothekerverbandes Nordrhein, zu diesem Thema – inhaltlich lag er damals schon auf der nun von der ABDA mitgeteilten Linie: Preis nannte insbesondere juristische und politische Umsetzungsprobleme und verwies auf bereits gescheiterte Projekte: „Eine kontrollierte Abgabe in Modellprojekten wäre sicherlich kein einfaches Unterfangen – schließlich wurden ähnliche Anträge in Berlin und Frankfurt vom BfArM bereits abgelehnt, die Uni-Klinik Düsseldorf hat sich von einem geplanten Modellprojekt in Düsseldorf wieder zurückgezogen. Deshalb wird es ein langer Weg, bis so etwas erlaubt werden kann.“

Der Verbandschef äußerte zudem die folgenden Bedenken: „Man muss darüber nachdenken, ob uns Modellprojekte weiterhelfen oder ob nicht eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über die Legalisierung von Cannabis zielführender wäre. Was die Beteiligung der Apotheker betrifft, meine ich, dass man sich gut und gründlich überlegen sollte, ob Apotheken sich künftig von einer heilberuflichen Abgabe- und Beratungsstelle für Arzneimittel für kranke Menschen auch hin zu einer Abgabestelle für Genussmittel entwickeln sollen. Ich glaube das wäre der falsche Weg!“



Dr. Bettina Jung, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online
redaktion@daz.online


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


Diesen Artikel teilen:


12 Kommentare

Was hat das mit unserem Versorgungsauftrag zu tun?

von Alexander Murr am 21.09.2018 um 11:16 Uhr

Legalisierung hin oder her, ich frage mich ernsthaft was Freizeitdrogen in der Apotheke zu suchen haben?


» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Was hat das mit unserem

von M.Thole am 21.09.2018 um 16:38 Uhr

Man kann das "Kraut" auch als Wellnessprodukt definieren, welches das psychische Niveau anhebt.
Die ständige Hervorhebung "Cannabis wirkt gegen Schmerzen" verdrängt bislang noch die klare Erkenntnis, daß THC, ähnlich wie auch Coffein, primär eine stimulierende Substanz ist.
Keine nachgewiesenen Todesfälle durch Cannabis und trotzdem beharrt die übelwillige Verbotspolitik auf ihrem gradezu schwachsinnigen BtMG und bezieht sich auch noch auf ein internat. Übereinkommen aus dem Jahre 1961 als THC noch garnicht entdeckt war.

an M.Thole

von Medizinierer am 21.09.2018 um 9:05 Uhr

Ich bin für eine Legalisieung. Ich konsumiere regelmäßig. Ich kenne mich mit allen bekanten Aspekten aus.. Und Cannabis verändert ein wachsendes Gehirn. Das weiß man einfach wenn man fünf Minuten Selbstreflektion betreibt.

Eine Freigabe ab 21 Jahren (so wie bei starkem Alkohol vorgegangen werden müsste)

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: an M.Thole

von M.Thole am 06.10.2018 um 15:54 Uhr

Das: "verändert ein wachsendes Gehirn"
läßt sich beliebig zu jedweder Art von Erfahrungen sagen.
Und in Anbetracht der Unterschlagungen zum Zweck der emotionalen Beeinflussung und Wegschalten des kognitiven Verstandes durch Legalisierungsgegner reichen 5 Minuten nicht aus.
Zoll, Polizei usw., zusammengefasst als Drogenfahnder lamentieren gern über beobachtetes Leid durch Drogen, um ihre schlußendlich destruktiv schizophrene Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zu rechtfertigen. Streckmittel bzw. deren Folgen und die Kriminalisierung selbst unterschlagen sie dabei natürlich.

Legalisieren

von Ajnbai am 20.09.2018 um 15:12 Uhr

Ja, die kanadischen und amerikanischen Ärzte sind ja dumm ne das die jetzt langsam Cannabis legalisieren. Aus fachlichen Gründen müsste man doch Alkohol verbieten.

Aber Nein. Hanf ist an allem Schuld. Wenn es diesem komischen Verein um die Gesundheit der Bürger geht, warum verbieten sie nicht Alkohol? Warum ist Alkohol legal?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

ADBA verpasst mal wieder Chancen

von Andreas Richter am 20.09.2018 um 9:33 Uhr

Die ABDA spricht mal wieder für die ganze Apothekerschaft - hat diese aber nicht um die Meinung gefragt. Eine Legalisierung von Cannabis ist längst überfällig und die Abgabe in Apotheken sinnvoll. Auch ohne Mondpreise (siehe Kommentar oben) kann die Apotheke einen guten Ertrag erziehlen, sich spezialisiern und kompetent beraten. Die Droge ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, verursacht bei einer Minderheit die damit nicht umgehen können Schäden, und kriminalisiert völlig unnötig den anständigen Steuerzahler der diese Droge gelegentlich konsumieren möchte. Die ABDA erkennt nicht die Realität und verpasst Chancen für eine ganze Branche.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Worum geht es denn genau?

von Ralf med am 19.09.2018 um 14:39 Uhr

In einer Legalisierung des Hanf's ist die Apotheke die falsche Wahl des Verkaufs ! Es geht ja nicht nur um Datenschutz und Aufklärung, sondern auch um Sicherheit und Schutz, aber ganz wichtig geht es auch um Apothkenpreise(MONDPREISE0)! Der Schwarzmarkt muss sehr stark vermindert werden, und dies wird mit den Preisen einer Aporheke so gut wie nicht möglich sein ! Es ist ja offensichtlich, das die Bundesapothekenschaft gegen Legalisierung ist, wenn sie nichts verdienen können ! Diese Punkte müssen berücksichtigt weden !

Die Befürchtungen und Ausartungen des Konsums nach einer Legalisierung von Hanf, ist doch schon in Wirklichkeit seit Jahren im Gange, die Statistiken im Konsum und in der Kriminalstatistik liegen doch offen vor !!!
Ich persönlich habe den Eindruck das der Wald vor lauter Bäumen nicht erkannt wird !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Detailfragen

von Schorsch am 19.09.2018 um 12:47 Uhr

"Zudem hätten auch Minderjährige Zutritt zu Apotheken, was in den von den Grünen und Linken angedachten Abgabegeschäften untersagt wäre."

Die Grünen und die Linken haben recht. Eine Apotheke ist tatsächlich nicht der richtige Ort dafür.
Das sind dann aber Detailfragen. Die kontrollierte Legalisierung wird aus meiner Sicht in wenigen Jahren kommen, die bisherige gescheiterte Drogenpolitik kann nicht die Alternative sein. Der weltweite Trend und die positiven Erfahrungen werden auch in Deutschland nicht weiter ignoriert werden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Cannabis als veratwortungsvolle Chance

von Alexander Jahn am 19.09.2018 um 12:35 Uhr

Vorweg: Grundsätzlich finde ich die Legalisierung ab 18 Jahren für geradezu verantwortungslos, wenn man sich die Spätschäden aufgrund der in diesem noch nicht abgeschlossenen Gehirnentwicklung vor Augen hält.
Gerade deshalb braucht es dann jemand, der verantwortungsvoll, umfassend und wissenschaftlich fundiert beraten und auch warnen kann.
Deshalb fände ich einen abgetrennten Raum innerhalb einer Apotheke als "Cannabis-Store" mit einem Apotheker, idealerweise "Fachapotheker für Cannabis", eine gute Möglichkeit, einer "Drogenwelle" vorzubeugen und auch die Apotheke im 21-sten Jahrhundert zu erhalten. Aus dem klassischen Sortiment haben Apotheken schon zu viel verloren, nur als Beispiel Kräuter, die nun über Internet und Kräuterläden vertickt werden. Aus dem Untergang der Einzelbesitzer-Drogerien ist zu lernen, dass man sich eventuell der Zeit anpasst, und Kompetenz und Verantwortung nicht auf dem Schlachtfeld der Dumpingpreise opfert.

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Cannabis als veratwortungsvolle Chance

von Schorsch am 19.09.2018 um 12:52 Uhr

Eine Freigabe ab 21 Jahren wäre tatsächlich besser als ab 18 Jahren.
Das sollte dann aber bitte auch für die wesentlich härtere Droge Alkohol gelten.

AW: Cannabis als veratwortungsvolle Chance

von M.Thole am 19.09.2018 um 14:41 Uhr

Spätschäden ? Eine diffuse Behauptung, die Sie anführen, um die Schäden durch übelwillige Kriminalisierung zu decken.

Apotheker als Inhaber

von Michael B am 19.09.2018 um 11:45 Uhr

Was spricht denn dagegen in der Abgabestelle einen Apotheker als Leiter einzustellen? Kompetenz ist ja vorhanden. Und irgendwo müssen die Leute ja hin, wenn die eigene Bude zugemacht wurde...

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.