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Arzneimittelsicherheit
AOK-Chef Martin Litsch: Ich brauche die Importquote nicht
Angesichts der diversen Arzneimittel-Skandale in den vergangenen Monaten fragen sich viele: Was muss sich verändern, damit künftig keine verunreinigten Wirkstoffe mehr in Arzneimittel oder gestohlene Medikamente auf fragwürdigen Transportwegen in deutsche Apotheken gelangen? Der Chef des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, setzt darauf, dass die Kontrollsysteme auf den Prüfstand kommen und über neue Haftungsansprüche nachgedacht wird. Außerdem kann er sich einen Verzicht auf die Importförderung vorstellen.
Verunreinigtes Valsartan, die Lunapharm-Affäre, windige Geschäfte mit teuren Biopharmazeutika – in diesem Jahr zeigt sich deutlich, dass auch in Deutschland die Arzneimittelsicherheit an ihre Grenzen stößt. Doch was lässt sich dagegen tun?
Für den Vorsitzenden des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, gehört unter anderem das Kontrollsystem auf den Prüfstand gestellt: „Wir brauchen klare Regeln, vor allem aber brauchen wir umsetzungsstarke Institutionen“, sagt er im Interview mit dem Online-Gesundheitsmagazin Medwatch. Dabei hält er es für eine „gewagte Hypothese“, wenn man meint, dass Defizite in der Arzneimittelaufsicht schon dadurch überwunden werden könnten, dass die Kontrolle von den Landesbehörden auf die Bundesebene wechselt, wie es derzeit immer wieder angesprochen wird. Durch eine solche Übertragung allein werde das Problem nicht gelöst, sagt Litsch. „Wir brauchen zusätzlich auch eindeutige Regeln für den Informationsaustausch. Informationen zu den Ergebnissen der Überwachung sollten nicht nur in den einzelnen Ländern vorliegen, gegebenenfalls wäre eine gemeinsame Datenbank sinnvoll“.
Kassen brauchen eigene Ansprüche gegen Hersteller
Auch mit Blick auf die Geschehnisse um Valsartan fordert der Kassenchef „klare Regeln, vor allem aber umsetzungsstarke Institutionen“. Zudem seien modifizierte Schadensersatzregelungen nötig, die es insbesondere Patienten, aber auch Krankenkassen ermöglichen, Ansprüche durchzusetzen. „Heute fehlt uns der Rechtsanspruch auf Schadensersatz, wir können es gar nicht reklamieren“, sagt er gegenüber MedWatch. Sinnvoll aus Sicht der Kassen wäre laut Litsch ein genereller Haftungsanspruch gegen den Hersteller: Er müsste die Kosten für seine verunreinigten Mittel zurückerstatten, die die Kassen ausgegeben haben.
Litsch findet aber, dass
die Kassen nicht nur die Kosten von fehlerhaften Mitteln zurückerstattet bekommen
sollten. „Darüber hinaus sollten aber
auch die zurechenbaren Folgekosten von gesundheitlichen Schäden, die durch ein
Arzneimittel ausgelöst werden, vom Verursacher erstattet werden müssen“. Seiner
Meinung nach bietet sich das Arzneimittelgesetz an, um praxistaugliche
Rechtsgrundlagen zu schaffen.
Patienten müssen Ansprüche einfacher durchsetzen können
Das Problem bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen für Patienten sei, dass sich der Zusammenhang zwischen der Einnahme von Valsartan und einer Krebserkrankung nicht immer leicht herstellen lasse. Gegenwärtig müsste der einzelne Patient zur Begründung seines Anspruchs beweisen, dass er nur aufgrund der Einnahme von Valsartan Krebs bekommen hat, erklärt Litsch. „Die Gegenseite würde argumentieren, dass es Millionen von Menschen gibt, die an Krebs erkranken, ohne jemals Valsartan genommen zu haben. Vielleicht rauchen Sie ja nebenbei oder waren viel in schlechter Luft unterwegs. Nachzuweisen, dass die Erkrankung durch ein verunreinigtes Valsartan-Präparat ausgelöst wurde, ist unglaublich schwierig“.
Import-Mechanismus „kein überzeugendes Geschäftsmodell“
MedWatch hakte bei Litsch auch in Sachen Importquote nach. Die gesetzlich und vertraglich vorgesehene Förderung der Abgabe von Importarzneimitteln steht nicht zuletzt nach der Lunapharm-Affäre wieder in im Fokus. Kritiker halten die Regelungen nicht nur für zu bürokratisch angesichts ihrer geringen Einspareffekte – sie seien auch ein Einfallstor für Fälschungen. Auf der Seite der Kassen ist Christopher Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg, allerdings bislang der einzige, der sich mit Verve für eine Abschaffung der Importförderung einsetzt. Doch nun sagt auch Litsch zur Quote: „Ganz ehrlich, ich brauche sie nicht. Finanziell geht es hier um ca. 120 Millionen Euro. Bei allem Respekt vor dieser Summe, aber bei 40 Milliarden Euro Ausgaben für Arzneimittel ist das zu wenig, um die Sicherheitsrisiken damit in Kauf zu nehmen“. Überdies sei der ganze Mechanismus zweifelhaft. Die Arzneimittel würden irgendwo eingekauft und sie müssen dann 15 Prozent oder 15 Euro billiger sein als die Nicht-Importarzneimittel. Wenn ein Arzneimittel beispielweise 1000 Euro koste und 15 Euro billiger verkauft werde, sei dies für die Krankenkassen „kein überzeugendes Geschäftsmodell“.
3 Kommentare
Kassenfunktioäre im Spiegel der selbstverursachten Importregelungen
von Heiko Barz am 21.09.2018 um 11:41 Uhr
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Festbetrag wie früher
von Dr. Andreas van de Valk am 19.09.2018 um 10:45 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Festbetrag wie früher
von Landapotheker am 19.09.2018 um 12:14 Uhr
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