Nach neuen Warnhinweisen

Iberogast-Konkurrenz rührt Werbetrommel

Berlin - 21.09.2018, 07:00 Uhr

Weber & Weber wirbt intensiv für Payagastron als Iberogast-Alternative. Aber können Apotheker das Präparat Schwangeren und Stillenden problemlos anbieten? ( r / Foto: Gerhard Seybert / stock.adobe.com)

Weber & Weber wirbt intensiv für Payagastron als Iberogast-Alternative. Aber können Apotheker das Präparat Schwangeren und Stillenden problemlos anbieten? ( r / Foto: Gerhard Seybert / stock.adobe.com)


Die Konkurrenz schläft nicht. Kaum erklärte Bayer, die Kontraindikationen Schwangerschaft, Stillzeit, Lebererkrankungen bei Iberogast® zu akzeptieren, wittern Mitbewerber eine Chance und rühren kräftig die Werbetrommel: Mit Attributen wie „Alternative ohne Schöllkraut“, „schnell wirksam“ oder „gut verträglich“ betreibt Weber & Weber per Faxbotschaft intensiv Reklame für Payagastron®. Doch ist Payagastron® mit 51 Prozent Alkohol eine Alternative – und was sagt Embryotox zum Alkoholgehalt?

Des einen Freud, des anderen Leid – trifft vielleicht die derzeitige Marktsituation pflanzlicher und homöopathischre Arzneimittel bei Magenbeschwerden ganz gut. Zumindest seit Bayer jüngst eingewilligt hat, nach über zehn Jahren die Anordnungen des BfArM des Stufenplanbescheids vom April 2008 doch endlich umzusetzen

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Bislang verwies Bayer Schwangere und Stillende bei Fragen zur Iberogast®-Einnahme an den Arzt und schrieb in der Gebrauchsinformation: „Aus den vorliegenden Daten lassen sich keine Hinweise für Bedenken hinsichtlich der Anwendung während der Schwangerschaft und Stillzeit ableiten. Gleichwohl soll Iberogast® während der Schwangerschaft und Stillzeit nur nach Rücksprache mit einem Arzt eingenommen werden“. Fortan jedoch darf Iberogast® bei schwangeren und stillenden Frauen definitiv nicht eingesetzt werden.

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Weber & Weber forciert Payagastron in Apotheken

Somit ist Bayer in der Kritik, seitens der Politik aber auch in der Bevölkerung. Und die Konkurrenz ist hier alert – und nutzt das geschickt, um sich zu positionieren. So schickte Weber & Weber bereits wenige Tage nach der Iberogast-Änderungs-Mitteilung Faxe in die bundesweiten Apotheken. Mit Beschreibungen wie „Alternative ohne Schöllkraut“, „schnell wirksam“ und „gut verträglich“ betreibt der Hersteller intensive Reklame für sein Payagastron®.

Payagastron nicht geeignet für Schwangere

Allerdings – so intensiv Weber & Weber seine Iberogast-Alternative Payagastron® bewirbt – viel rosiger sieht die Datenlage für Paysgastron® nicht aus, denn auch Weber & Weber hat nicht ausreichend Daten, um eine Gefährdung von Schwangeren und Stillenden sicher ausschließen zu können. So heißt es bei Payagastron: „Zur Anwendung von Payagastron® in der Schwangerschaft und Stillzeit liegen keine ausreichend dokumentierten Erfahrungen vor. Es soll deshalb in der Schwangerschaft und Stillzeit nur nach Rücksprache mit dem Arzt angewendet werden“. Und in der Tat ist vor allem eine Alternative zu Iberogast® doch in der Schwangerschaft und Stillzeit gefragt, für das Gros der anderen Patienten (ohne Lebererkrankung) hegt das BfArM keine Sicherheitsbedenken bei dem Phytopharmakon.

Richtig vergleichbar sind die beiden Präparate ohnehin nicht: Setzt Iberogast auf pflanzliche Inhaltsstoffe, ist das Payagastron-Prinzip gemischter Natur, und zwar pflanzlich und homöopathisch. Das Arzneimittel enthält Apomorphinum hydrochloricum D8, Artemisia absinthium Urtinktur, Semecarpus anacardium D2 und Strychnos nux vomica D4 – und 51 Prozent Alkohol.

Embryotox: Alkohol ist tabu in Schwangerschaft

Doch macht der Alkoholgehalt in Arzneimittel überhaupt etwas aus? Wie bewerten die Experten von Embryotox alkoholische Darreichungsformen für Schwangere? Ein ernsthaftes Risiko durch eine alkoholartige Arzneimittelzubereitung für einige Tage ist nicht anzunehmen. Dennoch, so Embryotox, gibt es keine tolerierbare Grenze oder absolute Menge, die für Schwangere erwiesenermaßen unbedenklich sei. Man wisse nicht, ob die Schwangere das Arzneimittel laut Empfehlung und somit korrekt dosiere, begründet Embryotox. Gebe es alkoholfreie alternative Darreichungsformen, gelte primär auf diese auszuweichen. Zu berücksichtigen sei im Einzelfall aber auch die Schwere der Indikation und der erhoffte pharmakologische Nutzen durch das Präparat.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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