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EUCTR
Ergebnisse klinischer Studien: Viele Sponsoren liefern nicht
Für die Hälfte der klinischen Studien im EU-Register, für die derzeit eine Berichtspflicht besteht, wurden bisher keine Ergebnisse gemeldet. Dies hat eine Studie herausgefunden, die im British Medical Journal (BMJ) veröffentlicht wurde. Wer sind die Musterschüler und wer die schwarzen Schafe?
Nach EU-Recht müssen alle Studien zu einem Arzneimittel, die seit 2004 durchgeführt werden, in eine europäische Datenbank für klinische Studien (EudraCT) eingetragen sein, die von der Europäischen Arzneimittelagentur verwaltet wird. Auf die Datenbank hatten zunächst nur die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die EMA und die Kommission Zugriff. Um auch der Öffentlichkeit einen begrenzten Zugang zu den in der EU durchgeführten klinischen Studien zu eröffnen, wurde später das Portal EU Clinical Trials Register (EUCTR) eingerichtet. Nach einer Guideline aus dem Jahr 2012 müssen alle Sponsoren sicherstellen, dass die Ergebnisse ihrer Studien innerhalb von zwölf Monaten nach Abschluss an die Datenbank gepostet werden. Die zugänglichen Teile werden dann innerhalb von 15 Tagen veröffentlicht. Phase I-Studien sind von der Verpflichtung ausgenommen, es sei denn sie sind Bestandteil eines pädiatrischen Prüfkonzepts. Die Verpflichtung gilt allerdings erst seit dem 21. Juli 2014, nachdem die Datenbank IT-mäßig hierfür ausreichend präpariert worden war.
Erste Untersuchung zur Compliance
Inwieweit die Studiensponsoren dieser Verpflichtung tatsächlich nachkommen, wurde bislang nicht geprüft. Das hat ein Team von Forschern unter der Leitung von Ben Goldacre von der Universität Oxford nun in Angriff genommen. Die Wissenschaftler haben nicht nur gecheckt, wer sich an die Regeln gehalten hat, sondern auch die Faktoren im Zusammenhang mit der Non-Compliance untersucht. Außerdem haben sie die Sponsoren nach dem Umfang der Compliance eingestuft. Einzelheiten dazu sind in der Publikation im British Medical Journal nachzulesen. „Nach unserem Kenntnisstand ist dies die erste Studie, die die Einhaltung der Anforderungen der Europäischen Kommission an die Berichterstattung über klinische Studien untersucht“, betonen die Wissenschaftler. „Sie betrifft das zweigrößte Register klinischer Studien in der Welt.“
7274 Studien zur Berichterstattung fällig
Über einen Zeitraum von zwölf Jahren (von 2004 bis zum 19. Dezember 2016) betrachteten die Forscher die Studien, für die nach der EU-Guideline von 2012 Studienergebnisse hätten gemeldet werden müssen. Dies sind alle Studien, die als abgeschlossen (completed) oder vorzeitig beendet (terminated) gekennzeichnet sind, bei multinationalen Studien in allen Ländern. Die EUCTR Datenbank enthält nach der Erhebung insgesamt 31.821 Studien, von denen rund ein Drittel in mehreren Ländern durchgeführt werden oder wurden. Nach Ausschluss derjenigen ohne kompletten Abschluss oder vorzeitige Beendigung und derjenigen, die wegen eines Abschlusstermins innerhalb der letzten zwölf Monate noch nicht fällig waren, sowie der nicht berichtspflichtigen Phase I-Studien verblieb eine endgültige Kohorte von 7.274 Studien mit bestehender Berichtspflicht. Zwei Drittel dieser Studien haben einen kommerziellen Sponsor. Etwa 44 Prozent sind Phase II-Studien, 32 Prozent Phase III und knapp 22 Prozent Phase IV.
Nur für die Hälfte sind Ergebnisse eingestellt
Nur für knapp die Hälfte der 7.274 Studien lagen tatsächlich Ergebnisse vor. Dabei hatten kommerzielle Sponsoren (68 Prozent) wesentlich häufiger geliefert als nichtkommerzielle (11 Prozent), wie Universitäten, Krankenhäuser, Regierungen und Wohltätigkeitsorganisationen. Ähnliches gilt auch für Sponsoren, die eine große Anzahl von Studien durchführen (78 versus 18 Prozent). Auch für neuere Studien wurden eher Ergebnisse in die Datenbank eingestellt.
Fehler, Auslassungen und widersprüchliche Angaben
Die Forscher waren überrascht darüber, dass die Daten des EU-Registers häufig Inkonsistenzen enthalten, das heißt Fehler, Auslassungen und widersprüchliche Angaben. Zum Beispiel war bei fast 30 Prozent der Studien, die als abgeschlossen gekennzeichnet waren, kein Abschlussdatum angegeben. So können die Regulierungsbehörden überhaupt nicht beurteilen, ob die Studiensponsoren ihren Verpflichtungen nachgekommen sind.
Die Publikation beschreibt auch, welche Sponsoren sich am besten an die Vorschriften gehalten haben. Die folgende Tabelle listet die Top 8 nach Anzahl der Studien im EUCTR und ihre „Erfüllungsraten“.
Sponsor | Gesamtzahl der Studien im EU CTR | Berichtspflichtige Studien | Anteil der erfüllten Berichtspflicht in Prozent |
Novartis | 1260 | 473 | 87,7 |
GlaxoSmithKline | 1060 | 293 | 88,7 |
Pfizer | 744 | 168 | 95,8 |
Merck | 662 | 164 | 89,0 |
Roche | 596 | 115 | 87,0 |
Sanofi | 573 | 111 | 99,1 |
Astrazeneca | 520 | 141 | 96,5 |
Johnson & Johnson | 424 | 108 | 98,1 |
Nicht-kommerzielle Sponsoren liefern zu wenig
Insgesamt neun Pharmaunternehmen haben ihre Berichtspflichten zu einhundert Prozent erfüllt. Allerdings haben fünf davon „nur“ zwischen 53 und 63 Studien im Register, von denen bisher etwa ein Vierteil bis ein Drittel fällig war. Unter den 29 Sponsoren mit dem höchsten Anteil an Non-Compliance hinsichtlich des Reportings (null Prozent) rangieren auch renommierte Institutionen wie das schwedische Karolinska Institut (21 von 189 Studien fällig), die Charité Universitätsmedizin (63 von 177 Studien fällig) sowie die Universitäten von München (26 von 71 Studien fällig ) und Heidelberg (17 von 75 Studien fällig).
Der neue „EU-TrialsTracker“
Um die Transparenz im EU Clinical Trials Register zu verbessern, haben die Forscher aus Oxford einen „EU-TrialsTracker“ entwickelt. Die Webseite bietet detaillierte Informationen über die Ergebnisse der Studienberichterstattung jedes einzelnen Pharmaunternehmens und von Sponsoren klinischer Studien wie Universitäten und Krankenhäusern, die in Europa klinische Studien durchführen, und zwar auch zu einzelnen Studien. Die Informationen sollen jeden Monat aktualisiert werden. Die Webseite soll auch die Sponsoren dabei unterstützen, ihre Compliance bei der Berichterstattung zu verbessern.
Die hohe Compliance-Rate bei kommerziellen Sponsoren, auch mit einer größeren Anzahl von Studien, zeige schließlich, dass es geht, meinen die Forscher, und kommen zu dem Schluss: „Wir hoffen, dass die zugänglichen und rechtzeitigen Informationen über den Compliance-Status jeder einzelnen Studie und jedes einzelnen Sponsors über unseren „EU-TrialsTracker“ dazu beitragen werden, die Meldequoten zu verbessern.“ Schließlich seien die Transparenzregeln der EU noch relativ neu, geben sie einschränkend zu bedenken.
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