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MS-Arzneimittel
Pay for (Non)-Performance für Mavenclad
Merck hat mit der GWQ Service Plus AG eine Pay-for-Performance-Vereinbarung für sein MS-Arzneimittel Mavenclad® getroffen. Bei unzureichendem Therapieerfolg mit Cladribin übernimmt Merck Mehrkosten, wenn Patienten mit hochaktiver schubförmiger Multipler Sklerose auf eine andere Therapie umgestellt werden müssen. Warum macht Merck dies? Welchen Nutzen hat der pharmazeutische Unternehmer?
Eine einzige Tablette Mavenclad® 10 mg kostet laut Lauer-Taxe 2663 Euro, die Packung mit sechs Tabletten liegt bei 15.693 Euro. Ein 60 bis 70 Kilogramm schwerer Patient mit multipler Sklerose benötigt im ersten und zweiten Behandlungsjahr 24 Tabletten, dafür sind die Jahre drei und vier des Mavenclad®-Behandlungszyklus arzneimittelfrei. Nun ist mit knapp 63.000 Euro Mavenclad®-Therapiekosten die Spitze des Eisberges bei Arzneimittelpreisen längst nicht erreicht. Dennoch erfordern innovative, allerdings auch zunehmend hochpreisige Behandlungsmöglichkeiten, neue Erstattungskonzepte. Merck hat sich nun bei Mavenclad® mit der GWQ ServicePlus AG auf ein Risk-Sharing-Versorgungsmodell geeinigt: Pay for Performance für Cladribin.
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Pay for Performance: nicht für alle MS-Patienten
Der Grundgedanke hinter dieser Vereinbarung orientiert sich am Therapieerfolg: „Der Preis für Mavenclad® bemisst sich konsequent am Therapienutzen für die Patienten“, erklärt Merck hierzu. Allerdings trifft diese Vereinbarung nur MS-Patienten der insgesamt rund 6,5 Millionen Versicherten bei den etwa 40 verschiedenen Betriebs- und Innungskrankenkassen, die Mitglieder bei GWQ sind und dem Vertrag beigetreten sind (unter anderem Audi BKK, Bahn BKK, IKK Südwest). Ihr Marktanteil liegt, bezogen auf alle Krankenkassen, bei 10 Prozent. Wie sieht es mit anderen Krankenkassen aus?
Die innovative Vereinbarung stellt sicher, dass Krankenkassen keine zusätzlichen Therapiekosten tragen müssen, wenn Patienten trotz der Behandlung mit Mavenclad auf eine andere Therapie umgestellt werden müssen.
DAZ.online hat bei Dr. Matthias Pfannkuche nachgefragt: Grundsätzlich sei Merck für solche Überlegungen offen, erklärt der Director Market Access & Governmental Affairs bei Merck. Allerdings äußerte sich Pfannkuche zum aktuellen Zeitpunkt nicht konkret.
Wie funktioniert die Pay for Performance?
Erhalten Patienten mit hockaktiver schubförmiger Multipler Sklerose Cladribin und benötigen dennoch innerhalb des vierjährigen Therapiezyklus mit Mavenclad® eine Therapiealternative, so übernimmt Merck die entstehenden „Mehrkosten“. Wenn man es also genau nimmt, zahlt die Krankenkasse die Therapie nicht bei Erfolg von Cladribin (Pay for Performance), sondern Merck zahlt bei Nichterfolg seines MS-Arzneimittels (Pay for Non-Performance).
Allerdings berechnen sich diese „Mehrkosten“, wie Merck diese potenziellen zusätzlichen Kosten bezeichnet, nicht einfach an dem dann benötigten Arzneimittel und dessen Preis. Vielmehr wurde zwischen Merck und GWQ eine Pauschale vereinbart, die „dann ausgelöst wird, wenn medizinisch begründet und nach Ermessen des Arztes eine Therapiealternative erforderlich ist“, erklärt Dr. Berthold Deiters von GWQ im Gespräch mit DAZ.online. Für diese Pauschale habe man sich an den Therapiekosten der dann möglichen Behandlungsoptionen orientiert. Bei hochaktiver schubförmiger MS kommen neben Cladribin auch Alemtuzumab (Lemtrada®), Fingolimod (Gilenya®), Natalizumab (Tysabri®) und seit Januar 2018 auch Ocrelizumab (Ocrevus®) zum Einsatz.
Welchen Nutzen hat Merck von Pay for Performance?
Der Vorteil von Pay for Performance für viele Akteure im Gesundheitswesen liegt auf der Hand: Krankenkassen umgehen das Risiko für zusätzliche, unnötige Therapiekosten, Ärzte die Gefahr eines Regresses und MS-Patienten wird nicht aus wirtschaftlichen Gründen eine innovative Therapie vorenthalten. Und was ist mit Merck?
Zunächst scheint eine solche Vereinbarung für Merck wenig Zusatznutzen zu bringen – verpflichtet sich das Unternehmen doch dazu, beim Versagen seiner MS-Therapie zusätzliche Kosten zu schultern. Allerdings liegt vielleicht im „Zusatznutzen“ der Hund begraben: Denn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) erkannte diesen für Cladribin in Mavenclad® nicht an. Als zweckmäßige Vergleichstherapie diente Alemtuzumab, Fingolimod, Natalizumab: „Ein Zusatznutzen ist nicht belegt", urteilte der G-BA. So führt Merck auch aktuell Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband, bei denen der zukünftige Erstattungspreis von Mavenclad® festgelegt werden soll. Pfannkuche erklärt im Gespräch mit DAZ.online: Cladribin habe in Studien bislang gezeigt, dass nach einem vierjährigen Therapiezyklus keine weitere Einnahme erforderlich ist, was Mavenclad® zu einer günstigen MS-Therapiealternative mache. „Merck will langfristig die Wirtschaftlichkeit der MS-Therapie sicherstellen“, sagt Pfannkuche. Offenbar scheint Merck von seinem Arzneimittel überzeugt und rechnet nicht mit „Mehrkosten“ in großem Umfang durch die Pay-for-Performance-Vereinbarung. Aber ein direkter, primärer Vorteil scheint für den pharmazeutischen Hersteller nicht offensichtlich. Jedoch kann Merck durch solche Verträge vielleicht sein neues Arzneimittel im MS-Markt positionieren – und sichert so nicht allein die Wirtschaftlichkeit der GKV, sondern auch seine eigene.
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