Amazon-Patent

Alexa spielt Arzt und verbindet zu Versandapotheke

Berlin - 16.10.2018, 17:55 Uhr

Einmal husten, bitte - die „Diagnose" übernimmt Alexa, den Umsatz an Erkältungsmittel bekommt eine Versandapotheke. So ein ähnliches Szenario hat sich Amazon patentieren lassen. (Foto: Imago)

Einmal husten, bitte - die „Diagnose" übernimmt Alexa, den Umsatz an Erkältungsmittel bekommt eine Versandapotheke. So ein ähnliches Szenario hat sich Amazon patentieren lassen. (Foto: Imago)


Der US-Handelskonzern Amazon hat in den USA ein Patent für eine digitale Anwendung erhalten, die auch auf die Gesundheitsmärkte große Auswirkungen haben könnte. Konkret geht es darum, dass das Stimmerkennungstool Alexa körperliche oder psychische Beschwerden beim Anwender entdecken und ihm darauf basierende Werbeangebote unterbreiten soll. Im konkreten Beispiel geht es um einen hustenden Nutzer, dem Hustenbonbons angeboten werden.

Erst bei der diesjährigen Expopharm machte der US-Konzern Amazon klar, dass er im Gesundheits- und dort insbesondere im Arzneimittelmarkt große Chancen sehe. DAZ.online-Redakteurin Dr. Bettina Jung hatte sich am Stand des US-Konzerns umgehört. Ein Amazon-Mitarbeiter erklärte: Die Sprachbox Alexa solle künftig eine wichtige Rolle spielen. Ein angestrebtes Verkaufsszenario, im Digitalbereich auch „use case“ genannt, sei der akut erkrankte Patient, der vom Krankenbett aus über den Amazon-Sprachassistent Arzneimittel bestelle. Bei einigen Versandapotheken ist dies heute sogar schon möglich.

Aber Amazon will sogar noch einen Schritt weitergehen und schon an der Stimme eines Alexa-Nutzers erkennen, was ihm fehlt. Dazu hat der Konzern in den USA ein Patent beantragt, das ihm das dortige Patentamt nun auch erteilt hat. In der Erklärung der neuen Anwendung wird zunächst auf zwei Grafiken, dann in einem längeren Text erklärt, wie die neue Amazon-Idee funktionieren soll. 

Die Abbildung im Amazon-Patent. (Abb.: Amazon)

In der Zusammenfassung heißt es, dass das System „physische und emotionale“ Eigenheiten des Nutzers erkennen soll. Um das Produkt genauer vorzustellen, wird der folgende Dialog dargestellt:

Nutzer: Alexa, *hustend* ich bin hungrig. *schniefend*

Alexa: Soll ich dir ein Rezept für eine Hühnersuppe vorlesen?

Nutzer: Nein, Danke.

Alexa: Okay, ich kann dir etwas anderes anbieten. Möchtest du Hustendrops bestellen, die in einer Stunde ausgeliefert werden?

Nutzer: Das wäre toll! Danke fürs Fragen!

Alexa: Kein Problem. Ich werde dir eine Bestellbestätigung zumailen. Gute Besserung!

Verbindung körperlicher Zustand - Produktangebot

Der Fokus der neuen Funktion liegt also auf dem Verbinden eines körperlichen Zustandes mit einem Produktangebot. Offensichtlich geht es dabei insbesondere um den Arzneimittelmarkt, denn in der Beschreibung der neuen Anwendung werden zur Erklärung immer wieder Beispiele gebracht, wie etwa: „Beispielsweise könnten Nutzer, die eine zerkratzte Stimme und Halsschmerzen haben, auf Inhalte hingewiesen werden, die mit Hustendrops oder Grippemedikamenten zu tun haben.“ In den Angeboten sollen des Weiteren die folgenden Kriterien berücksichtigt werden: Alter, Demografie, das Internet-Nutzerverhalten, etc.

Der Konzern macht gar keinen Hehl daraus, dass bei der Anwendung die Produktwerbung einzelner Hersteller mit den Gesundheitsfragen der Alexa-Nutzer gezielt verbunden werden sollen. So heißt es in dem Patentbrief: „In dem oben dargestellten Beispiel könnte der Hersteller der Hustendrops Nutzer mit einer zerkratzten Stimme als Zielgruppe und ein Werbeangebot geschaltet haben. Die Zielgruppe für das Werbeangebot könnten Nutzer mit Halsschmerzen sein, aber auch Nutzer, bei denen es wahrscheinlich ist, dass sie Halsschmerzen haben.“

Im Patentbrief gibt Amazon eine ganze Reihe von Krankheiten an, die das Gerät erkennen kann: Halsschmerzen, Erkältung, Schilddrüsenprobleme, Schläfrigkeit und „andere Zustände“. Was die emotionalen Zustände der Nutzer betrifft, will Alexa Zufriedenheit, Freude, Wut, Kummer, Traurigkeit, Angst, Ekel, Langeweile, Stress und andere Zustände zuverlässig erkennen können. Der Computer will diese Gemütszustände anhand von Veränderungen in der Stimmhöhe oder in der Intonation feststellen. Die Maschine soll auch regionale Akzente und das ungefähre Alter aus der Stimme heraushören.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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1 Kommentar

Think big

von Think big am 17.10.2018 um 8:46 Uhr

Think big ... und eine Drohe wirft die Schachtel zum Fenster rein. Mir wird Angst und Bange um die nachfolgenden Generationen, die Automatisierung nimmt Formen an, die immer mehr Arbeitsplätze kosten und dem Menschen die Arbeit nicht nur leichter machen sondern ihn vielfach und immer öfter ganz ersetzen. Alleine das Video von geschmeidig laufenden Robotern die mühelos über Hindernisse springen und joggen wie ein Mensch lassen erahnen wohin sich alles bewegt. Wenn wir als Menschheit in diesem Tempo und in dieser Richtung weitermachen wollen, müssen wir uns überlegen, wie das künftig alles gerecht und sozialverträglich umsetzbar ist.
Meine bescheidene Lösung: Jede von einer Maschine erbrachte Leistung ist zu besteuern und fließt in ein steuerfreies Grundeinkommen für jeden Bürger ein. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die von Maschinen, Drohnen, Robotern und Alexas erbrachte Leistung nicht 1:1 besteuert wird wie die menschliche Arbeitsleistung. Dann würde diese Form der 'Arbeitsleistung' zwar teurer aber es fände letztlich eine gerechte Umverteilung statt.

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