Pille und Thromboserisiko

Der Yasminelle-Prozess geht weiter

Stuttgart - 18.10.2018, 17:15 Uhr

Es gibt eine vom BfArM herausgegebene Checkliste, die Ärzte bei der Verschreibung kombinierter hormonaler Kontrazeptiva beachten sollten. ( j/ Foto: Antonioguillem / stock.adobe.com) 

Es gibt eine vom BfArM herausgegebene Checkliste, die Ärzte bei der Verschreibung kombinierter hormonaler Kontrazeptiva beachten sollten. ( j/ Foto: Antonioguillem / stock.adobe.com) 


Im seit Jahren dauernden juristischen Streit um mögliche Gefahren der Anti-Baby-Pille Yasminelle soll am heutigen Donnerstag das Landgericht Waldshut-Tiengen am Hochrhein erstmals einen medizinischen Gutachter hören. Er soll klären, ob es zwischen den gesundheitlichen Problemen einer heute 34 Jahre alten Frau und der vorherigen Einnahme der Pille einen Zusammenhang gibt. Das Verfahren läuft bereits seit 2011.

Eine aus Baden-Württemberg stammende Frau klagt laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) seit Juni 2011 in einem laufenden Zivilrechtsverfahren gegen den Chemie- und Arzneimittelkonzern Bayer mit Sitz in Leverkusen. Die Frau wolle erreichen, dass das Verhütungsmittel Yasminelle® vom Markt genommen wird.  

Nach der Einnahme von Yasminelle® habe die Frau im Juni 2009 eine beidseitige Lungenembolie sowie einen Kreislaufzusammenbruch mit Herzstillstand erlitten und sei fast gestorben. Noch heute leide sie unter den Folgen und könne wegen der gesundheitlichen Probleme keine Kinder mehr bekommen. Sie macht die Pille mit ihrem Wirkstoff Drospirenon für ihre gesundheitlichen Probleme verantwortlich und fordert von Bayer Schadenersatz und Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 200.000 Euro.

Den ersten und bislang einzigen Verhandlungstermin hatte es im Dezember 2015 gegeben. Zuvor hatten sich die Beteiligten schriftlich ausgetauscht. Nach der Verhandlung im Dezember 2015 beauftragte das Gericht einen medizinischen Experten, der am heutigen Donnerstag vor der Zivilkammer sein Gutachten erläutern soll.

Nachdem es viereinhalb Jahre geauert hatte, bis es zum ersten Verhandlungstermin kam, war die Klägerin 2015 guter Dinge gewesen, dass das Gericht das Verfahren beschleunigen will. Nun dauerte es fast weitere drei Jahre, bis sich beide Seiten auf einen unabhängigen Gutacher einigen konnten

In den USA hatten laut Bayer mehrere Tausend Frauen gegen Bayer geklagt. Bis Oktober 2016 schloss der Konzern laut dpa mit rund 10.600 Frauen Vergleiche von insgesamt rund 2,1 Milliarden US-Dollar ab, ohne jedoch eine juristisch wirksame Verantwortung anzuerkennen. Weitere Klagen und Forderungen von Frauen würden noch geprüft, hieß es. 

Bayer hält die Klage für unbegründet

Durch wissenschaftliche Daten sei bestätigt, dass von der Anti-Baby-Pille und dem Wirkstoff bei korrekter Einnahme nicht die Gefahr ausgehe, wie sie in der Klage genannt werde, meint Bayer. Der Pharmakonzern soll die in der Klage geltend gemachten Ansprüche für unbegründet halten. Die Pillen der Produktgruppe werden nach Darstellung von Bayer täglich millionenfach eingenommen, in mehr als 100 Ländern. Bereits in fünf Prozessen in Deutschland, in denen es um den umstrittenen Wirkstoff gegangen sei, habe Bayer „gesiegt“, betonte das Unternehmen, laut dpa. 

Im Januar 2014 wurde vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ein Rote-Hand-Brief zum Thema veröffentlicht: „Kombinierte hormonale Kontrazeptiva: Unterschiede hinsichtlich des Thromboembolie-Risikos unterschiedlicher Präparate“. Außerdem wurde eine Checkliste für die Verschreibung kombinierter hormonaler Kontrazeptiva zur Verfügung gestellt. 

Im Juni 2017 hat das BfArM schließlich Bilanz gezogen, was die ergriffenen Maßnahmen gebracht haben: Laut BfArM werden weniger „Pillen“ mit dem höchsten Thromboserisiko verordnet als noch vor einigen Jahren. Bedenklich ist allerdings, dass im selben Zeitraum die Zahl der Verordnungen der kombinierten, hormonellen Kontrazeptiva, deren Risiko man noch nicht abschließend bewertet hat, stark zugenommen hat. Das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) kam bei einer Analyse der GKV-Verordnungsdaten zu oralen Kontrazeptiva zu ähnlichen Ergebnissen.

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Vertrieben wird Yasminelle® heute durch Jenapharm. Nach eigenen Angaben hat Jenapharm im Januar 2014 das „Woman’s Health-Portfolio“ von Bayer übernommen. 1996 übernahm die Schering AG, Berlin die Mehrheit der Geschäftsanteile an der Jenapharm mit dem Ziel der weltweiten Vermarktung. 2001 wurde Jenapharm 100-prozentige Tochter der Schering AG, Berlin. 2006 wurde die Schering AG in die Bayer AG integriert. So entstand die Bayer Schering Pharma AG und Jenapharm wurde ein Tochterunternehmen von Bayer.



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