Zulassungsempfehlung

Erster Impfstoff zur Vorbeugung von Denguefieber in der EU

Remagen - 22.10.2018, 16:00 Uhr

Auf den Philippinen wurde Anfang Dezember 2017 das landesweite Dengue-Impfprogramm für rund 700.000 Kinder abgebrochen. (Foto: Herman Lumanog / imago)

Auf den Philippinen wurde Anfang Dezember 2017 das landesweite Dengue-Impfprogramm für rund 700.000 Kinder abgebrochen. (Foto: Herman Lumanog / imago)


Der Ausschuss für Humanarzneimittel bei der Europäischen Arzneimittelagentur (CHMP) hat eine Empfehlung für die Zulassung von Dengvaxia ausgesprochen. Damit wird der Dengue-Impfstoff von Sanofi-Pasteur bald auch in der EU verfügbar sein. Für die Immunisierung von Personen ohne eine vorherige Erstinfektion ist er jedoch nicht geeignet.

Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) bei der EMA hat den ersten Impfstoff zur Vorbeugung von Denguefieber zur Zulassung für die Europäische Union empfohlen: Dengvaxia® ist eine tetravalente Dengue-Vakzine (lebend, abgeschwächt) für die Vorbeugung von Dengue-Virus-Infektionen (Serotypen 1, 2, 3 und 4). Damit sollen Menschen, die zwischen 9 und 45 Jahre alt sind, in einem endemischen Gebiet leben und die bereits eine frühere Dengue-Virus-Infektion hatten, geimpft werden können.

Denvaxia® ist nicht neu. Die erste Zulassung für die Vakzine weltweit wurde Ende 2015 in Mexiko erteilt. Zehn Monate später waren weitere zehn Marktgenehmigungen, unter anderem auf den Philippinen, in Indonesien und Thailand sowie in einigen mittel-und südamerikanischen Ländern, darunter Brasilien, Paraguay und Peru hinzugekommen. Heute sind es außerhalb der EU schon zwanzig. Die Entwicklungsgeschichte des Impfstoffs kann im Internet anschaulich verfolgt werden.

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Der Nutzen und die Sicherheit von Dengvaxia® wurden in 31 klinischen Studien untersucht, die hauptsächlich in Dengue-Endemiegebieten (Lateinamerika und Asien-Pazifik) durchgeführt wurden. Sie schlossen insgesamt über 41.000 Teilnehmer im Alter von neun Monaten bis 60 Jahren ein, die mindestens eine Dosis des Impfstoffs erhielten. 

Mehrere Infektionen möglich

Dengue ist bei weitem die am häufigsten von Stechmücken übertragene Viruserkrankung, die Menschen weltweit, hauptsächlich in tropischen Gebieten, betrifft. Jedes Jahr kommt es zu zigmillionen von Fällen, davon etwa 20.000 bis 25.000 mit tödlichem Ausgang, vor allem bei Kindern. Menschen, die in einem Dengue-Endemiegebiet leben, können im Laufe ihres Lebens mehrere Dengue-Infektionen haben. Es gibt keine spezifischen Behandlungen für Dengue, und die Prävention beschränkt sich hauptsächlich auf das Umweltmanagement von Moskitos. 

Meist nur leichte Verläufe

Die meisten Personen, die an der Krankheit leiden, haben milde, grippeähnliche Symptome. Etwa zwei Prozent entwickeln jedoch eine schwere Dengue-Infektion, eine potenziell tödliche Komplikation, wie etwa das hämorrhagische Dengue-Fieber und/oder das Dengue-Schock-Syndrom. Hauptrisikofaktoren für schweres Dengue sind junges Alter und chronische Krankheiten. Eine Sekundärinfektion in Form von zwei aufeinanderfolgenden Infektionen durch verschiedene Serotypen ist ebenfalls ein Risikofaktor für schwere Erkrankungen. 

Laborbestätigung einer vorherigen Dengue-Infektion

Außerdem besteht auch bei Menschen, die noch nie Dengue hatten, ein erhöhtes Risiko für eine klinisch schwere Dengue-Krankheit, wenn die Impflinge anschließend mit dem Virus infiziert werden. Dies wird darauf zurückgeführt, dass dann zwar bindende Antikörper vorliegen, die aber nicht ausreichend neutralisierend wirken (enhancing antibodies). Die Weltgesundheitsorganisation hatte bereits im Juli 2016 in einem Positionspapier auf dieses Risiko hingewiesen. Ende November letzten Jahres ließ Sanofi dann eine neue Warnung in die Fachinformation aufnehmen: Die Impfung solle nicht mehr empfohlen werden, wenn die Patienten zuvor noch keine Dengue-Infektion hatten.

Dem trägt nun auch die CHMP-Empfehlung Rechnung. Hiernach soll vor der Impfung sogar eine Bestätigung der vorherigen Infektion im Labor vorliegen. Außerdem soll eine Reihe von zusätzlichen Maßnahmen zur Risikominimierung eingeführt werden, wie z. B. Schulungsmaterial für Ärzte und ein Leitfaden für medizinisches Fachpersonal. Die Verwendung des Impfstoffs sollte gemäß der offiziellen Empfehlung der Mitgliedstaaten erfolgen.

Denguefieber bei Ägyptenreisenden

Die Bevölkerung der Europäischen Union wird derzeit von dem Impfstoff kaum profitieren können, weil Dengue hier nicht endemisch ist. Wie das Robert Koch Institut im Dezember 2017 in seinem Epidemiologischen Bulletin mitteilte, waren im Herbst des letzten Jahres in Deutschland fünf Fälle von Denguefieber bei Ägypten-Reisenden diagnostiziert worden. Vier Erwachsene hatten sich jeweils eine bis drei Wochen lang in der Ferienregion Hurghada aufgehalten. Ägypten gilt nicht als Dengue-Endemiegebiet.

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Erst Impfen, dann Reisen

Seit 2001 seien bislang nur zwei Denguefieber-Fälle nach Ägyptenaufenthalt in Deutschland übermittelt worden, stellt das RKI fest, 2007 bei einem Nilkreuzfahrt-Passagier und 2015 nach einem Aufenthalt in der Region Marsa Alam an der südlichen Küste des Roten Meeres. Seit Oktober 2017 werde in Presseberichten von einem Denguefieber-Ausbruch in der einheimischen Bevölkerung von Safaga und El Quseir, zwei Orte südlich von Hurghada am Roten Meer, berichtet. Angesichts vieler Tausender Hurghada-Urlauber hält das RKI die Wahrscheinlichkeit, sich während eines Ägyptenaufenthaltes mit Denguefieber zu infizieren, aber nach wie vor für gering.

Die Stellungnahme des CHMP zu Dengvaxia® wird nun der Europäischen Kommission, zur Annahme einer Entscheidung über eine EU-weite Genehmigung für das Inverkehrbringen, übermittelt.



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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