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Politischer Domino-Effekt
Streit ums Arzneimittel-Dispensierrecht köchelt weiter
Dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf dem Deutschen Apothekertag impfende Apotheker erwähnte, löste eine Kettenreaktion aus: Wenige Tage später forderten die Hausärzte im Gegenzug das ärztliche Dispensierecht für Arzneimittel. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach ist offen für diesen Vorschlag. Apotheker, Verbraucherschützer sowie NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) wollen die Arzneimittelabgabe weiterhin in Apothekerhand belassen.
Eigentlich wurden auf dem Deutschen Apothekertag von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) klare Worte zum Versandhandelskonflikt erwartet. Dazu äußerte sich der Minister in München zwar nur vage. Stattdessen entfachte Spahn aber ein pharmazeutisch-medizinisches Kompetenzgerangel: Denn in seiner Rede erwähnte der CDU-Politiker, dass er sich Impfungen in der Apotheke vorstellen könne.
Dies rief wenig überraschend die Ärzte auf den Plan. Wenige Tage nach Spahns Rede forderte Ulrich Weigeldt, der Vorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands, im Gegenzug das Dispensierrecht für Arzneimittel. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) lehnt diesen Vorstoß erwartungsgemäß ab.
Lauterbach: Arzneimittel vom Hausarzt denkbar
Inzwischen stimmen mehr und mehr Gesundheitspolitiker in die Kompetenz-Debatte ein. Darunter der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der am vergangenen Donnerstagabend twitterte: „Grundsätzlich wäre es nicht falsch, wenn unter besonderen Bedingungen Ärzte auch Arzneimittel abgeben dürften. Z. B. bei Schmerzen oder im Rahmen von Hausbesuchen bei wenig mobilen Patienten. Wir müssen ein flexibleres unbürokratisches System entwickeln.”
Auch gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) erklärte Lauterbach, offen für den Vorschlag Weigeldts zu sein: „Eine Möglichkeit für Hausärzte, selbst Medikamente an Patienten abzugeben, ist grundsätzlich zu begrüßen." Es gebe viele Situationen, in denen die Versorgung der Patienten durch eine entsprechende Reform verbessert werden könnte.
In seinen Ausführungen bemühte sich der SPD-Fraktionsvize um Ausgewogenheit. So dürfen aus
seiner Sicht Hausarztpraxen nicht die Apotheken ersetzen. Ein
Apothekensterben wäre fatal für die Versorgungssicherheit der Menschen gerade
auf dem Land. Mehr Flexibilisierung für Ärzte müsse
daher einhergehen mit der Stärkung der Apotheken, etwa durch eine höhere
Vergütung von Beratungsleistungen. „Es geht um ein Gesamtpaket", sagte Lauterbach zur NOZ. Konkrete Vorschläge zur Ausgestaltung, etwa wie die Vergütung welcher Beratungsleistungen erfolgen könne, nannte der SPD-Bundestagsabgeordnete nicht.
Laumann: Arzneimittel gehören in Apothekerhand
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erklärte dagegen am vergangenen Samstag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, dass Hausärzte keine Arzneimittel ausgeben sollten. „Wir brauchen die Apotheke vor Ort, genauso wie wir den Hausarzt vor Ort benötigen“, sagte er. Beide Professionen sollten nicht gegen-, sondern miteinander arbeiten. „Für mich steht aber fest: Arzneimittel sind Waren besonderer Art und gehören in die Hand des Apothekers!“, betonte Laumann.
Verbraucherschützer: Rechtliche Vorgaben würden Arztpraxen überfordern
Auch Verbraucherschützer lehnen den Vorschlag der Hausärzte ab. „Der Vorschlag mag zwar praktisch klingen, ist aber in der Praxis kaum zu verwirklichen", sagte der Gesundheitsexperte der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv), Kai Vogel zur NOZ. Die sehr hohen rechtlichen Vorgaben für Apotheken aus Gründen der Arzneimittelsicherheit würden Arztpraxen überfordern. Wie auch Laumann warnte Vogel vor einem Konkurrenzkampf zwischen den Disziplinen: „Es wäre viel mehr im Sinne der Patienten, wenn Ärzte und Apotheker ihre Zusammenarbeit stärken würden, statt gegeneinander zu arbeiten."
Wie geht es im Versandhandelskonflikt weiter?
Auch die ABDA wünscht sich klar ein Mit- statt ein Gegeneinander, bei klarer Abtrennung der Kompetenzen. So erklärte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt in seiner Stellungnahme am vergangenen Freitag: „Ärzte können Apotheker so wenig ersetzen, wie Apotheker Ärzte ersetzen können. Kompetenzgerangel und der Rückfall in alte Revierkonflikte behindern uns bei dieser Aufgabe nur.“
Die ABDA war bisher beim Thema Impfen in der Apotheke zurückhaltend gewesen. Gerade weil die Standesvertretung – wie man sieht nicht zu Unrecht – befürchtete, die Ärzte würden im Gegenzug das Dispensierrecht fordern. Um das Rx-Versandverbot ist es dagegen in den vergangenen Tagen ruhiger geworden. Spahn, der eigentlich zum Apothekertag eine klare Aussage zum Versandhandelskonflikt versprochen hatte, kündigte in München an, sich in den kommenden sechs Monaten um den Arzneimittelsektor kümmern zu wollen.
4 Kommentare
Vermeintliche Berufserweiterung
von Reinhard Rodiger am 22.10.2018 um 22:23 Uhr
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Erstmal Schluss jetzt mit dem paramedizinischen Gedöns!
von Wolfgang Müller am 22.10.2018 um 16:28 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Lauterbach
von Conny am 22.10.2018 um 14:45 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: ABDA
von Dr Schweikert-Wehner am 22.10.2018 um 18:47 Uhr
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