Großbritannien zieht nach

Cannabis zu medizinischen Zwecken jetzt auch in UK

Remagen - 24.10.2018, 10:15 Uhr

Auch in UK gibt es künftig Cannabis als Medizin. (Foto: fabioberti.it / stock.adobe.com)

Auch in UK gibt es künftig Cannabis als Medizin. (Foto: fabioberti.it / stock.adobe.com)


Ab dem 1. November 2018 dürfen auch Ärzte in Großbritannien unter bestimmten Bedingungen medizinisches Cannabis verordnen. Die Apotheker haben ihre Unterstützung zugesagt.

Zum ersten Mal dürfen Fachärzte in Großbritannien demnächst ganz legal Rezepte für Medikamente auf Cannabis-Basis ausstellen, wenn sie meinen, dass ihre Patienten von dieser Behandlung profitieren könnten. Rein formal war hierfür „nur“ eine kleine Gesetzesänderung nötig. Cannabis ist in Großbritannien im Misuse of Drugs Act (Betäubungsmittelgesetz) von 1971 (Stand 2002) geregelt. Näheres zu den Erlaubnissen für die Herstellung, zum Besitz und zur Verschreibung der Wirkstoffe findet sich in den Misuse of Drugs Regulations 2001. Diese werden nun mit dem „Legalisation of Cannabis (Medicinal Purposes) Act 2018“ geändert, wobei konkret Cannabis und Cannabisharz von Schedule 1 in Schedule 2 umgestuft und damit verschreibungsfähig werden. 

„Versprechen eingelöst“

Die Initiative wurde in Großbritannien erstaunlich schnell vorangetrieben, nachdem Eltern von Kindern mit Erkrankungen wie schwerer Epilepsie eine öffentliche Diskussion darüber angestoßen hatten. Innenminister Sajid Javid sagt: „Durch die herzzerreißenden Fälle betroffener kranker Kinder haben wir uns entschlossen, schnell zu handeln und denjenigen zu helfen, die von medizinischem Cannabis profitieren können. Wir haben unser Versprechen eingelöst.“  

Definierte Qualitäts-und Sicherheitsstandards gefordert

 Im Juni 2018 hatte der Innenminister eine dringende Überprüfung von Arzneimitteln auf Cannabis-Basis in Auftrag gegeben. In ihren Empfehlungen sprach sich das Berater-Gremiun für Arzneimittelmissbrauch (Advisory Council on the Misuse of Drugs, ACMD) für die Liberalisierung aus, machte aber auch einige Bedenken geltend: Die Experten sorgen sich unter anderem darum, dass die Definition der verordnungsfähigen Cannabis-Produkte zu breit und zu unscharf sein könnte.

Außerdem sollten die Zubereitungen definierten Qualitäts-und Sicherheitsstandards genügen, so ihre Forderung. Bei der Definition soll der Arzneimittelcharakter betont werden, und als Mindestspezifikation soll der Gehalt an Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol  (THC) in Milligramm per Einzeldosis oder Volumeneinheit angegeben werden müssen. Außerdem soll der Verabreichungsweg auf der Verschreibung genannt werden. Die Produkte sollten nicht geraucht werden. 

Verordnung nur durch bestimmte Fachärzte

Das neue Gesetz macht keine Einschränkungen, bei welchen Erkrankungen Cannabis-Zubereitungen verordnet werden dürfen, und die Ärzte brauchen hierfür auch keine Zustimmung eines Expertengremiums einzuholen, so wie es bislang in einer Interimsphase der Fall war. Sie dürfen allerdings nicht von Allgemeinmedizinern, sondern nur von bestimmten Fachärzten verschrieben werden. Entscheidungen über die Verordnung müssen von Fall zu Fall getroffen werden, und eine Verordnung kommt nur in Frage bei einem ungedeckten medizinischen Bedarf gibt, für den keine zugelassenen Arzneimittel zur Verfügung stehen.

Der nun erfolgte Schritt sei keineswegs ein Wegbereiter für die Liberalisierung von Cannabis  zu Genusszwecken, stellte Javid klar. Die Strafen für die unerlaubte Abgabe und den Besitz blieben unverändert in Kraft.

Leitlinien für die Ärzte

Der national Health Service (NHS) England, der britische Verband für pädiatrische Neurologie und das Royal College of Physicians werden nun für die Ärzte entsprechende Anleitungen zur Verordnung erstellen. Außerdem wurde das National Institute for Health and Care Excellence (NICE) damit beauftragt, auf längere Sicht eine Leitlinie herauszubringen  Diese wird auf der Webseite des NICE bereits angekündigt. Sie soll in etwa einem Jahr veröffentlicht werden.  

Apotheker sagen Unterstützung zu 

Die britischen Apotheker hatten sich im Juni dieses Jahres in einem Schreiben an das Innenministerium ausdrücklich hinter das Vorhaben gestellt. „Über diese Nachricht werden sich Patienten mit schweren Erkrankungen sicher freuen“, sagte der Präsident der Royal Pharmaceutical Society (RPS) Ashok Soni. „Wir werden mit dem NHS zusammenarbeiten, um die Ärzte dabei zu unterstützen, dass sie die richtigen Therapientscheidungen treffen. Die Apotheker befinden sich an vorderster Front bei der Abgabe und können die Patienten mit ihrem Rat dabei helfen, sich selbst in ihren Behandlungsplan mit einzubringen.“ 



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.