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Apotheker auf Station, ab 1. 1. 2022 – endlich! Ein Meilenstein, aber leider nur in Niedersachsen. Warum nicht in allen Bundesländern? Das sollten wir Herrn Spahn fragen! Apropos, wie weit sind die Gespräche über unsere Honorierung, über den Ausgleich dafür, dass wir mit ausländischen Versendern einen unfairen Wettbewerb erleiden müssen? Die Krake Amazon hat ihre Fangarme in den europäischen Markt schon ausgestreckt.
22. Oktober 2018
Da hat er eine Diskussion losgetreten: Jens Spahn sagte auf dem Apothekertag, er könne sich durchaus vorstellen, dass Apotheker impfen. Die reflexartige Gegenreaktion der Ärzte: Dann fordern wir das Dispensierrecht. Und schon kommen Gesundheitspolitiker aus der Deckung, die diesen Ball weiterspielen, vorne als Stürmer mit dabei Karl Lauterbach: Es wäre nicht falsch, wenn Ärzte unter besonderen Bedingungen auch Arzneimittel abgeben dürften. Aber natürlich dürften Hausarztpraxen nicht die Apotheken ersetzen, schiebt er noch nach, und Apothekensterben wäre fatal. Ist ja gut, mein liebes Tagebuch, dass das schon bei ihm angekommen ist. Nach seiner Meinung sollten sogar die Apotheken noch gestärkt werden, z. B. durch eine höhere Vergütung von Beratungsleistungen – deutlicher wurde er bei diesem Thema allerdings nicht. Schade, da hätten wir schon gerne gewusst, wie er sich das konkret vorstellt. Und auf der Gegenseite: NRW-Gesundheitsminister Laumann, der überhaupt nichts davon hält, wenn Ärzte Arzneimittel abgeben wollen. Arzt und Apotheker sollten mehr mit- statt gegeneinander arbeiten. Auch die Verbraucherschützer lehnen das Ansinnen der Hausärzte ab, da die Arzneimittelsicherheit leiden würde und Arztpraxen überfordert wären. Und, mein liebes Tagebuch, wie geht’s weiter? Alles nur ein Strohfeuer. Die Diskussion um impfende Apotheker wird sehr schnell verlöschen, zumal auch die ABDA null Interesse an einem „Kompetenzgerangel und Rückfall in alte Revierkonflikte“ zwischen beiden Professionen hat. Leider ist die Zeit bei uns für dieses Thema, anders als z. B. in der Schweiz, wo es bereits impfende Apotheker gibt, nicht reif – noch nicht.
Da hat unsere ABDA mit dem Datenpanel endlich mal eine gute Idee umgesetzt und dann machen zu wenige Apothekers mit. Kinners, so geht’s doch auch nicht. Sich darüber beschweren, dass uns Honorargutachten um die Ohren gehauen werden und das Wirtschaftsministerium unseren Zahlen misstraut, aber sich selbst nicht daran beteiligen, dass wir zu glaubwürdigeren Zahlen kommen. Irgendwo müssen sie doch herkommen – und das geht doch am besten durch eine Befragung. Also, mitmachen, dauert angeblich nur 25 Minuten und 45 Euro gibt’s obendrein, für die man dann nett essen gehen kann. Keine Sorge, die Auswertung der Angaben lässt keine Rückschlüsse auf den Teilnehmer zu und die Daten werden pseudonymisiert und aggregiert. Also, liebe Apothekenleiter, mitmachen! Ziel der ABDA ist es, eine repräsentative Auswertung für die politische Arbeit, für Vertragsverhandlungen, interne Meinungsbildung und Öffentlichkeitsarbeit zu ermöglichen. So ein Datenpanel ist doch längst überfällig!
23. Oktober 2018
Wie so oft im Leben: Es muss erst etwas passieren, damit sich etwas ändert. So auch in den niedersächsischen Krankenhäusern. Die Pflegemorde mobilisierten den niedersächsischen Landtag, ein neues Krankenhausgesetz auf die Beine zu stellen, mit dem u. a. Stationsapotheker eingeführt werden, die z. B. die Arzneimittelabgabe in den Kliniken besser überwachen sollen – für mehr Patientensicherheit. Eine gute Sache, mein liebes Tagebuch, endlich! Doch wie immer so gibt es auch hier Probleme. Je nach Interessenlage gefällt das nicht allen. Die niedersächsische Krankenhausgesellschaft hält nichts davon. Sie meint u. a., dass es gar nicht so viele Apotheker für die offenen Stellen gebe. Von Seiten der Apotheker kamen zu Recht weitere Bedenken: Laut erstem Gesetzentwurf sollten nämlich die Kliniken die Aufgaben der Stationsapotheker regeln. Geht gar nicht. Mit der verabschiedeten Novellierung hat man dann doch noch einen Kompromiss gefunden, wonach die Stationsapotheker fachlich der Krankenhaus- oder krankenhausversorgenden Apotheke zugeordnet sind. Der Landtag verabschiedete das neue Krankenhausgesetz mit Zustimmung sämtlicher im Landtag vertretenen Fraktionen. Mein liebes Tagebuch, ab 1. Januar 2022 soll es dann in niedersächsischen Krankenhäusern flächendeckend Stationsapotheker geben, gut weitergebildet im Fachgebiet Klinischer Pharmazie. Fein, und wie sieht es im übrigen Bundesgebiet aus? Mehr Arzneimittelsicherheit nur für Patienten in niedersächsischen Krankenhäusern? Das kann doch so nicht bleiben, Herr Spahn! Mein liebes Tagebuch, natürlich ist das eine Herausforderung für uns Apothekers, wenn wir bundesweit für alle Krankenhäuser klinische Pharmazeuten aus dem Hut zaubern sollen. Aber ich finde, da führt kein Weg daran vorbei. Wir werden mehr klinische Pharmazeutinnen und Pharmazeuten ausbilden müssen. Wir schaffen das!
24. Oktober 2018
Einfach wegschauen wird beim Thema Online-Arzneiversandhandel nicht helfen. Er ist da, er geht nicht weg – und vor allem: Er wächst. Und die ganz Großen der Versandhandelsbranche, z. B. Amazon, werden nicht aufhören zu versuchen, ein Bein in den Arzneimittelversandhandel zu bekommen. Neueste Spekulationen eines branchenerfahrenen belgischen Arzneiversenders zeigen, dass sich Amazon „auf längere Sicht“ durch die Übernahme von DocMorris oder Shop Apotheke eine starke Position im hiesigen Arzneimittel-Versandgeschäft verschaffen könnte. Mein liebes Tagebuch, auch wenn es nur Spekulationen sind: Abwegig sind sie nicht, im Gegenteil. So macht der Versender Amazon auf dem US-amerikanischen Heimatmarkt vor, welche Ambitionen er hat. Dort hat er unlängst angekündigt, die US-Versandapotheke PillPack übernehmen zu wollen. Außerdem will er mit einer Bank und einer Investmentgesellschaft eine eigene Krankenkasse gründen. Walter Oberhänsli, Chef der Online-Apo Zur Rose, der Muttergesellschaft von DocMorris, rechnet damit, dass Amazon in den europäischen Arzneimittelmarkt einsteigt, und bereitet sich schon darauf vor. Sogar eine mögliche Übernahme von DocMorris durch Amazon schließt er nicht aus. Wie eine Krake hat Amazon seine Arme bereits in den deutschen Apothekenmarkt ausgestreckt und beim Arzneiversand mit einigen deutschen Apotheken kooperiert. Mein liebes Tagebuch, den Arzneiversandhandel wird auch die Politik nicht aufhalten können. Aber sie kann die Entwicklung so mitgestalten, dass unsere Vor-Ort-Apotheken Überlebenschancen haben. Bundesgesundheitsminister Spahn will in den nächsten Wochen Gespräche führen, zu Entscheidungen und zu konkreten Veränderungen kommen – also, los geht’s, die Zeit drängt!
25. Oktober 2018
Nochmal das Thema Stationsapotheker. Sie sollen – dem jetzt verabschiedeten niedersächsischen Krankenhausgesetz sei Dank – bis zum 1. Januar 2022 als Beratungspersonen auf den Krankenhausstationen in Niedersachsen „in ausreichender Zahl“ eingesetzt werden. Das soll die Patientensicherheit erhöhen. Das finden alle gut, nur die niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) zickt noch immer und meint, dass die Patientensicherheit und Versorgungsqualität so nicht erreicht werde. Nach Ansicht der NKG sei die Anzahl der Apotheker, die man bräuchte, auf dem Markt gar nicht vorhanden. Durch das Gesetz erzeuge die Politik in einer Berufsgruppe mit Vollbeschäftigung einen neuen Engpass. Und zudem gebe es verfassungsrechtliche Bedenken, da dem Land die Regelungsbefugnis dafür fehle. Mein liebes Tagebuch, ob die Bedenken der NKG tatsächlich berechtigt sind, sei mal dahingestellt. Irgendwie drängt sich der Verdacht auf, dass für die NKG im Hintergrund noch andere Gründe für ihre skeptische Haltung eine Rolle spielen, etwa die Kosten? Wir schauen da lieber nach vorne. Die Anzahl der benötigten Stationsapotheker dürfte sich doch relativ einfach ermitteln lassen. Bis zum 1. Januar 2022 haben wir noch gut zwei Jahre, da können sich sogar junge Pharmazeutinnen und Pharmazeuten schon mal Gedanken machen, die Weiterbildung in Klinischer Pharmazie in Angriff zu nehmen. Und die niedersächsische Kammerpräsidentin Linz ist schon heute überzeugt, dass die neuen Stellen auf großes Interesse stoßen werden. Mein liebes Tagebuch, davon sind wir auch überzeugt! Außerdem, der Vorstoß, Apotheker auf Station einzuführen, ist für uns Apothekerinnen und Apotheker ein Riesen-Chance zu zeigen, dass das Arzneimittelmanagement unser Metier ist und das Wissen eines Apothekers für eine sichere Arzneimitteltherapie heute unersetzlich ist. Und nochmal: Apotheker auf Station muss es in Deutschland geben, nicht nur in Niedersachsen.
26. Oktober 2018
„Kein Fremd- und Mehrbesitz, solange ich Gesundheitsminister bin!“ – Spahns Worte auf dem Apothekertag! Mein liebes Tagebuch, wir sollten sie in Stein meißeln, damit sie lange halten und vielleicht auch noch lange nach Spahn Gültigkeit haben. Wer in dieser Woche „plusminus“ gesehen hat, konnte erfahren, was sich bereits auf dem Markt unserer Zahnärzte breit macht: Zahnarztpraxen als Renditeobjekt, Investoren kaufen Zahnarztpraxen. Und das funktioniert so: Auch bei den Medizinern dürfen Nichtärzte eigentliche keine Praxen kaufen. Eigentlich. Aber es gibt Hintertürchen. Plusminus hat herausgefunden, dass beispielsweise ein Investor eine (meist insolvente) Klinik kauft. Das berechtigt ihn, ein zahnmedizinisches Versorgungszentrum (Z-MVZ) zu gründen, eine Art Miniklinik für Zahnbehandlungen mit angestellten Zahnärzten. Als Eigentümer eines Z-MVZ darf der Investor nun bundesweit Arztpraxen kaufen. Und so entsteht eine Kette. Und wie es für Investoren üblich ist, wollen sie kaufen und später gewinnbringend verkaufen. Gewinnmaximierung, Renditeorientierung ist das Ziel, mein liebes Tagebuch. Und so keimt der Verdacht, dass den Patienten einer Zahnarztkette nicht immer das Notwendige empfohlen wird, sondern die Behandlung, die dem Z-MVZ am meisten bringt, also statt einer ausreichenden Prothese beispielsweise teure Implantate. Der Patient hat zudem kaum eine Chance zu erkennen, wer hinter der Zahnarztpraxis steht. Das Bundesgesundheitsministerium will nun die Weiterentwicklung der MVZ-Regelungen überprüfen. Mein liebes Tagebuch, was auf dem Markt der Zahnarztpraxen läuft, bestätigt, dass Ketten im Gesundheitswesen des Teufels sind: Die Patienten sind den renditeorientierten Vorgaben der Kettenzentralen ausgeliefert – zum Nachteil der Patienten.
11 Kommentare
Zu Sache mit den
von Peter Lahr am 29.10.2018 um 10:34 Uhr
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AW: Zu Sache mit den
von Kleiner Apotheker am 30.10.2018 um 9:59 Uhr
Verschaukelt
von Reinhard Rodiger am 28.10.2018 um 14:27 Uhr
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Eigentlich
von Karl Friedrich Müller am 28.10.2018 um 13:37 Uhr
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Im Grund
von Karl Friedrich Müller am 28.10.2018 um 13:22 Uhr
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Winterzeitprotest
von Bernd Jas am 28.10.2018 um 8:59 Uhr
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AW: Winterzeitprotest
von Karl Friedrich Müller am 28.10.2018 um 10:15 Uhr
AW: AW, oh Weh: Winterzeitprotest
von Bernd Jas am 28.10.2018 um 10:31 Uhr
Datenpanel
von Julia Contius am 28.10.2018 um 7:39 Uhr
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AW: Datenpanel
von Anita Peter am 28.10.2018 um 8:33 Uhr
AW: Datenpfanne
von Bernd Jas am 28.10.2018 um 9:24 Uhr
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