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Seit dem 17. Oktober ist in Kanada Cannabis zur Freizeitanwendung legal. Zu medizinischen Zwecken ist dies bereits seit 2001 der Fall. Die kanadischen Apotheker spielen beim Medizinalhanf allerdings keine aktive Rolle. Ursprünglich auf eigenen Wunsch - inzwischen bereuen die Pharmazeuten ihre Entscheidung. Was können wir für Deutschland aus diesem Beispiel lernen?
Kanada ist Deutschland beim Thema Cannabis um Längen voraus. Seit dem 17. Oktober können Erwachsene Marihuana zum Freizeitkonsum dort legal erwerben. Zu medizinischen Zwecken ist Cannabis für Patienten bereits seit 2001 erlaubt. Zum deutschen System bestehen erhebliche Unterschiede, erfuhr DAZ.online vergangene Woche auf einem von dem kanadischen Cannabisproduzenten Wayland unterstützten Expertentreffen mit Apothekern und Medizinern in Toronto.
Patienten beziehen Medizinalhanf vom Hersteller
In Kanada wird medizinisches Cannabis derzeit nicht über Apotheken abgegeben, erklärte der kanadische Apotheker Michael Boivin, der vor 18 Jahren eine Beratungsagentur für Pharmazeuten gegründet hatte. Die Patienten, die vom Arzt eine schriftliche Genehmigung (Authorization) erhalten haben, beziehen Medizinalhanf direkt bei einem lizenzierten Hersteller oder bauen selbst an.
Die ärztliche Genehmigung erlaubt es Cannabis-Patienten, in Kanada einen Monatsbedarf an Medizinalhanf, maximal insgesamt 150 Gramm, mit sich zu führen. In dem Dokument ist normalerweise weder eine konkrete Dosieranleitung noch eine bestimmte Blütensorte festgelegt. Die Patienten lassen sich zur Blütenauswahl häufig vom Cannabishersteller beraten, wodurch Interessenskonflikte entstehen können. Nur wenige Versicherungen übernehmen die Kosten.
Kanadischer Apothekerverband bedauert frühere Entscheidung
Die Regularien zu medizinischem Cannabis haben sich seit 2001 mehrfach gewandelt: In den ersten Jahren konnten Cannabis-Patienten Medizinalhanf zum Eigenbedarf anbauen, sofern sie eine Genehmigung vom kanadischen Gesundheitsministerium (Health Canada) erhalten hatten. 2014 verschärfte sich die Gesetzeslage. Die Patienten benötigten eine ärztliche Verschreibung und der Eigenanbau wurde untersagt.
Im Vorfeld dieser Änderung lehnte es der kanadische Apothekerverband, Canadian Pharmacist Association (CPhA), ab, Medizinalhanf in Apotheken abzugeben. Die Patienten konnten deshalb ihre Medikation ausschließlich bei lizenzierten Herstellern beziehen. Die Branche wuchs. Zwei Jahre später erfolgte aufgrund einer Gerichtsentscheidung die letzte Änderung, die bis heute gültig ist und derzufolge die Patienten auch wieder selbst anbauen dürfen.
Die CPhA bedauert inzwischen, beim Medizinalhanf außen vor zu sein und zeigt sich offen, Unterstützung zu leisten, berichtete Boivin. Denn die Patienten bräuchten unabhängige und seriöse Beratung. Diese Ansicht teilt auch der kanadische Palliativmediziner Dr. Vincent Maida: „Niemand kennt sich besser mit Arzneimitteln aus. Die Apotheker müssen beim medizinischen Cannabis unbedingt eingebunden werden.“
Loder: „Folgen standespolitischer Zurückhaltung“
Derzeit übernehmen in Kanada die Cannabisproduzenten typische pharmazeutische Aufgaben – und zwar die Beratung über und die Abgabe von Medizinalhanf. Zum Nachteil für die Patientensicherheit, findet Apotheker Tobias Loder aus Hürth, der ebenfalls an dem Expertenmeeting teilgenommen hatte. „Der Altersdurchschnitt der Verwender von medizinischem Cannabis liegt bei über 65 Jahren. Diese Patientengruppe wünscht sich sehnlichst einen lokalen, erreichbaren Ansprechpartner, denn niemand kann sie dazu zum Beispiel beraten, wie sich Cannabis mit der bereits bestehenden Medikation verträgt. Inzwischen bedauern dies nicht nur die Apotheker selbst, sondern auch führende Mediziner in Kanada“, kommentiert der Inhaber der Lux-Apotheke gegenüber DAZ.online.
Loder zieht außerdem Parallelen zur deutschen Standespolitik: „Dieses Beispiel zeigt mir deutlich, welche negativen Folgen standespolitische Zurückhaltung haben kann. Daran sollten wir in Deutschland denken, wenn es in Zukunft um die Legalisierung des Freizeitkonsums geht, zumal ein Freizeitkonsum mit fortschreitendem Alter schnell in eine medizinisch begründete Nutzung übergehen kann. Wer, wenn nicht die Apotheke, sollte hier die Gesellschaft begleiten?“
Wayland: Apotheken als künftige Zielgruppe
Ob in Kanada die Situation so bleibt, ist noch offen. Der kanadische Cannabishersteller Wayland, der sowohl für die Freizeitanwendung als auch für den medizinischen Gebrauch produziert, ist überzeugt, dass Medizinalhanf in Kanada künftig über Apotheken dispensiert wird. Danach richtet das Unternehmen seine Marketingmaßnahmen aus und entwickelt ein mehrstufiges Online-Seminar zur Fortbildung von Pharmazeuten, das in Zukunft auch in weiteren Ländern ausgerollt werden soll. Ob beziehungsweise wann diese Programme auch an den deutschen Markt angepasst werden, steht noch nicht fest, hieß es in Kanada.
Außerdem plant der kanadische Cannabisproduzent „Patient Support Programme“ einzuführen, wenn sich Patienten in der Apotheke auch unabhängig vom Warenbezug beraten lassen wollen. Ist ein Patient registriert, erhält er einen Beratungsgutschein und kann sich in der Apotheke beraten lassen. Die Apotheke erhält für die erbrachte Leistung ein Beratungshonorar von der Firma.
1 Kommentar
Cannabis
von Ratatosk am 02.11.2018 um 15:22 Uhr
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