Offener Brief an die Frankfurter Hochschullehrer

Nichtbesetzung der Münchener Professur für Klinische Pharmazie erregt die Gemüter

München - 06.11.2018, 07:00 Uhr

Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Universität und Berufsstand wäre wünschenswert. In München tun sich manche, was die Klinische Pharmazie angeht, damit gerade schwer. ( r / Foto: nmann77 / stock.adobe.com)                                     

Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Universität und Berufsstand wäre wünschenswert. In München tun sich manche, was die Klinische Pharmazie angeht, damit gerade schwer. ( r / Foto: nmann77 / stock.adobe.com)                                     


Was auch immer aus dem Antrag wird, in dem Delegierte der Bayerischen Landesapothekerkammer ihren Vorstand auffordern, zu klären, warum die genehmigte und ausgeschriebene Professur für Klinische Pharmazie in München nicht besetzt wurde –  ein Ziel haben die Initiatoren auf jeden Fall erreicht: Das Thema wird diskutiert. Auf das Bekanntwerden des Antrags reagierten prompt Frankfurter Hochschullehrer mit einem Kommentar. Zu diesem äußert sich nun der Initiator des Antrags in einem offenen Brief.

Warum wurde die W3-Professur für Klinische Pharmazie in München nicht besetzt? Die Forderung einiger Delegierter der Bayerischen Landesapothekerkammer, in dieser Sache Transparenz zu schaffen und Details des Berufungsverfahrens offenlegen zu lassen, hat drei Frankfurter Hochschullehrer auf den Plan gerufen. Dr. Ilse Zündorf, Prof. Dr. Robert Fürst und Prof. Dr. Dieter Steinhilber finden die Forderungen befremdlich, wie sie in ihrem Kommentar schreiben, und fragen, ob sich die Delegierten eine entsprechende Einmischung pharmazeutischer Hochschullehrer in ihre Belange erlauben würden? Sie plädieren für eine Beibehaltung der Autonomie der jeweiligen Institutionen – Universitäten und Apothekerkammern – in den ihnen zugewiesenen Aufgabenbereichen und wünschen sich zum Wohle der gesamten Pharmazie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Universität und Berufsstand.

Dr. Markus Zieglmeier, der den Antrag in Absprache mit anderen Delegierten an den Vorstand der Apothekerkammer stellt, hat auf den Kommentar in einem offenen Brief geantwortet.

Sehr geehrte Frau Dr. Zündorf, sehr geehrte Professoren Fürst und Steinhilber,

vielen Dank für Ihre prompte Reaktion auf die Berichterstattung zu meinem Antrag an die Delegiertenversammlung der BLAK, auf die ich stellvertretend für die Kollegen, die meinen Vorstoß unterstützen, antworten möchte. Lassen Sie mich an Ihren letzten Satz anknüpfen, in dem Sie sich eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Universität und Berufsstand wünschen. Vertrauen kann man nicht einfach einfordern, wenn man glaubwürdig bleiben will. Vertrauen muss man rechtfertigen und Vertrauen kann man auch verspielen. 

Dass Sie Ihren Antwortbrief mit einem Plädoyer für die Existenzberechtigung der anderen vier pharmazeutischen Fächer beginnen, finde ich interessant, denn diese Existenzberechtigung wurde von den Vertretern der Klinischen Pharmazie nie infrage gestellt. Ich werde das zu einem späteren Zeitpunkt der gerade erst beginnenden Diskussion sicher aufgreifen. Umgekehrt aber ist das sehr wohl der Fall. Gerade an der LMU in München, insbesondere von den Vertretern der pharmazeutischen Chemie, hören die Studenten bei jeder halbwegs passenden Gelegenheit, dass Klinische Pharmazie kein Mensch brauche, dass sie ausschließlich in den dritten Ausbildungsabschnitt gehöre und dass sie auch kein wissenschaftliches Fach sei, sondern lediglich die praktische Umsetzung dessen, was die Studenten im Hauptstudium lernen würden. Jeder Absolvent der Pharmazie in München, der nicht mehr Gefahr läuft, den betreffenden Hochschullehrern noch in einer Prüfung zu begegnen, wird Ihnen das bestätigen können, ebenso vermutlich Herr Fürst, der sich ja in München habilitiert hat. Dass diesen Worten, die wir nun seit fast zwanzig Jahren hören, mit der Nichtbesetzung des W3-Lehrstuhls offenbar Taten gefolgt sind, ist für uns wenig überraschend. Selbstverständlich kann es sein, dass der Ablauf so war, wie Sie das geschildert haben, und dass die Nichtbesetzung des Lehrstuhls eine für alle Beteiligten peinliche Panne war. Angesichts dessen, was wir über den Umgang mit diesem Fach an der LMU (und auch einigen anderen Universitäten) wissen, wäre es aber naiv, in dem von Ihnen geforderten blinden Vertrauen von einer solchen Eventualität auszugehen und die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen. 

Erlaubte (ehrenamtliches Geben) versus unerlaubte (Forderung nach Transparenz) Einmischung?

Als Antragsteller ist uns sehr wohl bewusst, dass die LMU unter Berufung auf ihre Autonomie und die im Grundgesetz zugestandene Freiheit von Forschung und Lehre jede Auskunft verweigern kann. Vertrauensbildende Maßnahmen sehen jedoch anders aus. Die Fakultät kann sich also auch im Rahmen dessen, was unter Berücksichtigung des Datenschutzes vertretbar ist, für eine relativ weitgehende Transparenz entscheiden. Wir sind gespannt, welche Entscheidung hier getroffen wird – vielleicht auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Einmischung von Kollegen aus Klinik und Offizin bereits stattfindet. Ein Ausbildungsabschnitt namens KliPha III lebt fast ausschließlich von unserem ehrenamtlichen Engagement, mit dem wir versuchen, wenigstens teilweise die Defizite im Patientenbezug auszugleichen, die eine Universitätslaufbahn nun einmal mit sich bringt. Müssen wir also zwischen erlaubter (ehrenamtliches Geben) und unerlaubter (Forderung nach Transparenz) Einmischung unterscheiden?

In jedem Fall war die Entscheidung, diesen Antrag zu stellen, für uns ohne Alternative. Die Klinische Pharmazie ist für den Berufsstand zu wichtig, um tatenlos zuzusehen, wie sie zwischen den Mühlsteinen rivalisierender Lehrstühle zerrieben wird.

Selbst wenn die LMU sich dafür entscheidet, jede Auskunft zu verweigern, hat der Antrag seinen Zweck zumindest teilweise erfüllt. Als Berufsstand, der durch die Defizite in der Lehre der Klinischen Pharmazie Tag für Tag geschädigt wird, besteht unsere einzige Waffe angesichts der grundgesetztlich geschützten Autonomie der Universitäten darin, dem (möglichen bzw. eher wahrscheinlichen) Gemauschel hinter verschlossenen Türen ein Maximum an Öffentlichkeit entgegenzusetzen. Mehr als die ebenfalls grundgesetztlich geschützte Freiheit der Meinungsäußerung haben wir nicht im Arsenal. Aber die wollen wir so oft und so laut wie möglich nutzen.

Daher danke ich Ihnen sehr für Ihren Brief, da er nach der Berichterstattung zu unserem Antrag die Diskussion über das fortgesetzte Abwürgen des Fachs Klinische Pharmazie (u.a. durch das professorale Establishment) eröffnet und mir die Fortsetzung dieser öffentlichen Diskussion ermöglicht hat. Ich darf an dieser Stelle auch ankündigen, dass weitere Beiträge zu diesem Thema folgen werden.

Dr. Markus Zieglmeier

  • Fachapotheker für Klinische Pharmazie
  • Medikationsmanager BA KlinPharm
  • Geriatrische Pharmazie
  • Ernährungsberatung


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2 Kommentare

Genauso

von David Becker am 06.11.2018 um 11:38 Uhr

Ich kann mich dem Vorredner nur anschließen.
Der Brief ist in Form und Inhalt überzeugend,
der Beitrag angebracht und notwendig.

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Mutig, stark, richtig!

von Dr. Sven Simons am 06.11.2018 um 8:04 Uhr

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Zieglmeier! Das ist auf den Punkt formuliert, angemessen respektvoll aber selbstbewusst konkret. Es ist wichtig und eine Wohltat, das so präzise zu verdeutlichen und ich danke Ihnen für Ihr starkes Engagement in dieser Angelegenheit! 100% Zustimmung.

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